Thrombose und Krebs: Thrombose-Patienten haben ein stark erhöhtes Risiko für Krebs sowie Krebs-Patienten für eine Thrombose.
Im Krankenhaus wegen einer Venenthrombose behandelte Patienten haben ein vierfach höheres Risiko für Krebs im darauf folgenden Jahr. Und zwar im Vergleich zu gesunden Menschen. Deswegen könnte eine plötzlich auftretende Thrombose auch ein Warnsignal für eine unerkannte Erkrankung an Krebs sein. Besonders das ausgeprägte Risiko für urogenitale und gynäkologische Karzinome zeigt einen starken Zusammenhang von Thrombose und Krebs. Beispielsweise erkranken Thrombose-Patientinnen elfmal häufiger an einem Ovarialkarzinom als Frauen ohne thrombo-embolische Erkrankung. Außerdem begünstigen Thrombosen vor allem auch die Entstehung von Malignomen und sind Indikatoren für besonders aggressive Krebserkrankungen.
Häufiger gemeinsames Auftreten von Thrombose und Krebs
Menschen, die an Krebs leiden, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Thrombose. Im klinischen Alltag müssen etwa 15 Prozent aller Krebspatienten mit thrombo-embolischen Komplikationen rechnen. Bei besonders bösartigen Tumorerkrankungen – wie bei Hirntumoren und Bauchspeicheldrüsenkrebs – ist das Risiko nahezu doppelt so hoch.
Thrombose und Krebs – Ausbreitung
Thrombosen werden durch drei bedeutende Faktoren verursacht. Diese bezeichnet man als Virchow’sche Trias. Gekennzeichnet sind diese dadurch,
- dass sich die Gefäßwand verändert,
- dass sich der Blutfluss verlangsamt und
- sodass es auch zu einer Veränderung der Zusammensetzung des Blutes kommt.
Hinzu kommen folgende verstärkenden Faktoren:
- Die Gefäßwand wird einerseits durch die aggressiven Medikamente – beispielsweise Zytostatika und Chemotherapie,
- andererseits durch den Tumor selbst geschädigt, der in die Blutgefäße einwächst.
- Zur Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes trägt die meist lange Bettlägrigkeit sowie das wachsende Krebsgeschwür bei. Denn das drückt auf die Venen.
- Die Blutzusammensetzung wird durch die erhöhte Konzentration von gerinnungsaktiven Substanzen beeinflusst. Denn der Körper erkennt den Tumor als innere Wunde und setzt den Blutgerinnungsprozess in Gang.
Verschiedene Forschungsergebnisse zeigen auch, dass der Tumor versucht, sich durch die Blutverdickung gleichsam vor dem körpereigenen Immunsystem zu schützen.
Medikamentöse Therapien
Im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten sind Heparine mit niedrigem Molekulargewicht (LMWHs) und Direkte orale Antikoagulanzien DOACs bei der Behandlung von venösen Thromboembolien bei Krebspatienten wirksamer. Vitamin-K-Antagonisten verursachten in einer rezenten Metaanalyse jedoch weniger Blutungen. Direkte orale Antikoagulanzien sind wirksamer als LMWHs bei der Verhinderung eines erneuten Auftretens von venösen Thromboembolien. Sie können jedoch ein höheres Risiko für schwere Blutungen haben.
Die direkten oralen Antikoagulanzien stellen jedenfalls eine attraktive Alternative zu niedermolekularen Heparinen für die Langzeitbehandlung von Krebs assoziierter Thrombose (CT) dar. Denn diese modernen Substanzen vermeiden die starke Belastung durch die täglichen Injektionen. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass direkte orale Antikoagulanzien mindestens genauso wirksam waren wie Vitamin-K-Antagonisten.
Zudem weisen indirekte Vergleiche der oralen Antikoagulanzien mit niedermolekularen Heparinen auf ein ähnliches Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil hin.
Allerdings zeigte eben die aktuelle Vergleichsstudie, dass bestimmte orale Antikoagulanzien ein höheres Risiko für schwerwiegenden Blutungen haben. Und zwar im Vergleich mit niedermolekularen Heparinen und das bei manchen Krebsformen. Dazu gibt es laufend weitere Untersuchungen.
Fazit
Thrombose ist jedenfalls eine sehr häufige Komplikation bei Krebs. Dementsprechend sind Krebspatienten auch eine Hochrisikogruppe. Bei diesen Patienten muss daher das Thrombose-Risiko genau kalkuliert werden. Und zwar damit sie in Risikosituationen – wie Operationen oder längerer Bettlägrigkeit – eine entsprechende Prophylaxe erhalten.
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