Donnerstag, März 30, 2023

Medikamente bei Diabetes Type 2 im Alter einsetzen

Experten sehen die aktuelle Versorgung mit Medikamenten bei Diabetes Typ 2 im Alter kritisch und bietet Vorschläge zur Therapie.

Bereits vor etwa 15 Jahren publizierten Mediziner in einer Aufsehen erregenden konstruierten Fallstudie in JAMA (Journal of the American Medical Association) die Auswirkung der unreflektierten Anwendung von Leitlinien. Im Fokus stand dabei eine 79-jährige fiktive Patientin mit fünf verschiedenen Diagnosen (u.a. Diabetes Type 2). Bei konsequenter Anwendung der Leitlinien für die Einzelerkrankungen hätte die Patientin mit Diabetes Typ 2 zwölf unterschiedliche Medikamente in 19 Dosierungen zu fünf unterschiedlichen Tageszeiten einnehmen müssen. Nicht nur sehr hohe Therapiekosten wären die Folge. Sondern auch schwerste gesundheitliche Auswirkungen bis hin zum Tod aufgrund von Neben- und Wechselwirkungen.

 

Diabetesbehandlung nach einer altersmedizinischen Expertise

Deswegen betonen Experten heutzutage, dass geriatrische Patienten bei der Diabetesbehandlung nach einer altersmedizinischen Expertise zu behandeln sind. Statt des unreflektierten Einsetzens von immer noch mehr pharmakologischen Vorgehensweisen für Symptome und Einzelerkrankungen nach Kochbuch. Dabei ist auch die Bereitschaft wichtig, sich vom harten Studienendpunkt Sterblichkeit abzuwenden.Stattdessen den im Alter wesentlich wichtigeren Endpunkt Lebensqualität in den Vordergrund rücken.
Notwendig sind Medikamente, deren Wirkung, Nutzen und Verträglichkeit bei alten Menschen, die gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden, gesichert sind. Dazu sind bereits bei der Zulassung zusätzliche Studien erforderlich, die auch den alten multimorbiden Menschen mit einbeziehen.

 

Diabetes Type 2 Behandlung im Alter

Geriatrische Leitlinien für multimorbide Menschen und Einbeziehung dieser klinischen Besonderheiten wären hierfür eine wichtige Unterstützung. Beispiele für sinnvolle Entwicklungen in der Diabetestherapie Älterer sind:

  • Kombi-Präparate (z.B. Metformin plus DPP4-Hemmer): dabei wird die Zahl der einzunehmenden Tabletten deutlich reduziert.
  • moderne Insuline: weniger Hypoglykämie-Gefahr, diese hängt dabei aber auch von den Einstellungszielen und vom Umgang mit dem Insulin selbst ab.
  • Therapiestrategien des Blutzuckers, die eine Hypoglykämie-Freiheit als oberes Behandlungsziel haben.

Forderungen an eine optimale Diabetes Type 2 Therapie im Alter sind:

  • geringe Hypoglykämie-Gefahr
  • altengerechte Darreichungsformen
  • maximale Verträglichkeit zur Verbesserung der Lebensqualität
  • individualisierte Therapie
  • insgesamt weniger Tabletten

Im Bereich der Insulintherapie bei Menschen mit Diabetes Type 2 ist klar festzustellen, dass sich die immer wieder gefundene hohe Rate an Hypoglykämien bei Älteren unter Insulintherapie auch mit falschen bzw. nicht vorhandenen Schulungsmaßnahmen und der undifferenzierten Selbstverabreichung von Insulin trotz möglicherweise bestehender kognitiver Defizite erklären lässt.

 

Mit Augenmaß

Im Grunde genommen waren in den meisten Ländern die kritischen Blutzuckerwerte (HbA1c) in den letzten Jahren viel zu niedrig angesetzt. Unter dem Strich brauchen ältere Menschen mit Diabetes Type 2 angemessene Schulungsmaßnahmen, individualisierten Therapiezielen und modernen Therapien. Dann lassen sich auch ihre Blutzuckerziele oft bis ins hohe Alter gut behandeln.
Bei der Therapie von Begleit- und Folgeerkrankungen ist besonders bei hochbetagten Menschen mit Diabetes Type 2 mit äußerstem Augenmaß vorzugehen. Ebenfalls sollten die Ärzte vorbeugende Vorgehensweisen mit Medikamenten kritisch überdenken.


Quelle: Vortrag von Dr. med. Dr. Univ. Rom Andrej ZeyfangLeiter der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Geriatrie der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Geriatrie, Ärztlicher Direktor, Agaplesion Bethesda Krankenhaus, Stuttgart. Diabetes Kongress, Berlin, Mai 2015.

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