Mittwoch, November 29, 2023

Blasenschmerzen und Blasenschmerzsyndrom, interstitielle Zystitis

Wenn Blasenschmerzen bei der Entleerung der Harnblase über sechs Wochen und länger auftreten, so wird die Diagnose Blasenschmerzsyndrom, interstitielle Zystitis, gestellt.

Sehr häufig suchen Patienten mit Blasenschmerzen Fachärzte verschiedener Fachrichtungen auf. Viele Jahre lang kann der lange Leidensweg der Betroffenen mit einem Blasenschmerzsyndrom, beziehungsweise meist einer interstitieller Zystitis, dauern. Wobei das Syndrom, die andauernden, chronischen Blasenschmerzen zu einer immensen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Und zwar wie die Einschränkung von Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes. Zum Behandeln von Blasenschmerzen und dem Blasenschmerzsyndrom stehen zahlreiche unterschiedliche nichtmedikamentöse und medikamentösen Therapien zur Verfügung. Allerdings fordert eine rezente Cochrane-Metaanalyse größere, gezieltere Studien, um die aktuelle geringe Evidenz zu verbessern.

 

Blasenschmerzen beeinträchtigen das Sexualleben sehr stark

So kommt es beispielsweise bei 3 von 4 Patienten zu negativen Auswirkungen beim Sexualleben. Unter anderem steigern chronische Becken- und Blasenschmerzen bei Männern jeden Alters das Risiko für Erektionsstörungen. Bei noch mehr betroffenen Männern kommt es zu einem vorzeitigen Samenerguss, nämlich bei 77 Prozent. Bei Frauen und Männer verringert sich die sexuelle Aktivität und auch die sexuelle Zufriedenheit.

 

Diagnose Blasenschmerzsyndrom nach mehr als 6 Wochen Blasenschmerzen

Jedenfalls kommt es zur Diagnose Blasenschmerzsyndrom, wenn bei der Entleerung der Harnblase zumindest sechs Wochen lang Blasenschmerzen aufgetreten sind. Das Blasenschmerz-Syndrom (engl. bladder pain syndrome, BPS) wird auch interstitielle Zystitis (engl. interstitial cystitis, IC) genannt. Die Erkrankung ist unbekannter Ursache und geht mit Blasenschmerzen und verminderter Harnblasenkapazität sowie häufiges Wasserlassen mit geringen Mengen (Pollakisurie genannt) einher.

Früher hat man das Blasenschmerzsyndrom und die interstitielle Zystitis gleichgesetzt. Da aber nur bei einem Teil der Patienten eine Entzündung (eine Zystitis) auftritt, wird die Bezeichnung interstitielle Zystitis nur noch im Zusammenhang mit dem sogenannten Pelvic Pain Syndrome verwendet.

 

Blasenschmerzen und Blasenschmerzsyndrom behandeln

Trotz der heutzutage zahlreiche vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten kommt es in der Mehrzahl der Fälle nicht zu einer vollständigen Verringerung der Symptome, allen voran der Blasenschmerzen. Da konventionelle Therapien eben häufig nicht erfolgversprechend sind, werden auch häufig alternative Methoden versucht. So wurde beispielsweise mittels Akupunktur, verschiedenen Entspannungstechniken, Verhaltensänderungen wie Blasentraining gute Erfolge erzielt.

 

Blasenschmerzen ohne Medikamente behandeln

Im Grunde genommen sollten betroffen Menschen versuchen, Stress zu vermeiden beziehungsweise zu reduzieren. Hier kann auch eine psychologische Behandlung sinnvoll sein. Weitere nichtmedikamentösen Maßnahmen umfassen Ernährungsstiländerungen und den Einsatz von funktionelle Nahrungsmitteln wie L-Arginin, Quercetin, Aloe vera oder verschiedenen asiatischen Kräutern. Weiters wird empfohlen, dass man das Trinken von kaffee- und kohlensäurehaltigen Getränke meidet.

 

Hyaluronan

Ein positiver Kaliumtest vorausgesetzt, führt die Anwendung einer Instillation mit Glykosaminoglykan (GAG-Therapie) zu Erfolgen. Intravesikales Hyaluronan sollte man als wöchentliche GAG-Therapie bis zur Beschwerdefreiheit einsetzen. Erst danach sind auch zwei- sowie auch mehrwöchige Intervalle denkbar. Bei jedem zweiten Patienten kommt es mittels GAG-Therapie mit intravesikalem Hyaluronan zu Heilung.

 

 

Medikamente

Medikamentös behandelt man die Blasenschmerzen allen voran mit Tramadol in retardierter Form einmal täglich. Zudem empfehlen Experten die Anwendung von Pentasanpolysulfat. Wobei man dieses semisynthetisch hergestellten Heparinoid bei Erfolg mit 300 Milligramm täglich als Dauertherapie einsetzen kann.

 

Alternative Verfahren

Schließlich stehen verschiedene palliative Verfahren zur Verfügung. Und zwar wie beispielsweise die intravesikale Iontophorese mit Lidocain sowie die transurethrale Resektion von Hunner-Ulzera. Weiter runden Botulinumtoxin-Injektionen, die sakrale Neuromodulation (SNM), die Pudendusneurostimulation sowie die Zystektomie das Behandlungsangebot ab. Alle diese Verfahren gehören aber unbedingt in die Hand von Spezialisten.


Literatur:

Bschleipfer T. Interstitielle Zystitis/Blasenschmerzsyndrom (IC/BPS) [Interstitial cystitis/bladder pain syndrome (IC/BPS)] [published online ahead of print, 2020 Aug 25]. Urologe A. 2020;10.1007/s00120-020-01309-3. doi:10.1007/s00120-020-01309-3

Sudol NT, Guaderrama N, Adams-Piper E, Whitcomb E, Lane F. Percutaneous tibial nerve stimulation for the treatment of interstitial cystitis/bladder pain syndrome: a pilot study [published online ahead of print, 2020 Aug 13]. Int Urogynecol J. 2020;10.1007/s00192-020-04481-4. doi:10.1007/s00192-020-04481-4

Imamura M, Scott NW, Wallace SA, et al. Interventions for treating people with symptoms of bladder pain syndrome: a network meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev. 2020;7:CD013325. Published 2020 Jul 30. doi:10.1002/14651858.CD013325.pub2

Marcu I, Campian EC, Tu FF. Interstitial Cystitis/Bladder Pain Syndrome. Semin Reprod Med. 2018;36(2):123-135. doi:10.1055/s-0038-1676089

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