Freitag, April 26, 2024

Atemwegsinfektionen vermeiden, Antibiotika mit Procalcitonin sparen

Atemwegsinfektionen werden meist durch Viren ausgelöst, gegen die Antibiotika ja nicht wirken, der Procalcitonin-Wert zeigt, ob Bakterien die Infektion verursachen.

Laut einer deutschen Umfrage erhielt 2016 jeder vierte erkältete Patient von seinem Hausarzt Antibiotika verschrieben. Und das, obwohl viele Studien zeigen, dass Antibiotika bei Erkältungen und Grippe beziehungsweise den meisten Atemwegsinfektionen keinen Nutzen bringen. Hingegen erhöht der großflächige Einsatz die Gefahr für weitere Antibiotikaresistenzen. (Hierzu ist es auch problematisch, dass seit Jahrzehnten Antibiotika auch in anderen Branchen wie der Landwirtschaft und der Tierhaltung vorbeugend zum Einsatz kommen.) Um den unnötigen Einsatz von Antibiotika vermeiden zu können, hilft es, wenn der Arzt im Labor den Procalcitonin-Wert bestimmen lässt.

 

Keine Wirkung von Antibiotika bei durch Viren ausgelösten Atemwegsinfektionen

Atemwegsinfektionen werden meist durch Viren ausgelöst werden. Wobei gegen Viren Antibiotika keine Wirkung zeigen. Wenn man sie dennoch verschreibt, können für die Patienten nur unnötige Nebenwirkungen entstehen. Wenngleich die klassischen Erkältungssymptome – Husten, Schnupfen, Glieder,- Kopf- sowie Halsschmerzen – auch Folge einer bakteriell bedingten Lungenentzündung sein können. Eine Lungenentzündung muss man natürlich sofort mit Antibiotika behandeln.

Um festzustellen, ob Viren oder Bakterien für die Erkrankung verantwortlich sind, muss man einen Test machen. Der dauert aber zwei bis drei Tage und ist zudem nicht immer eindeutig. Viele Hausärzte verschreiben das Antibiotikum deswegen sicherheitshalber.

Denn falls doch eine Lungenentzündung vorliegt, will er diese schnellstmöglich behandeln. Zweitens können sich auf dem Schleim, der sich bei Grippe in den Bronchien festsetzt, zusätzlich Bakterien ansiedeln, die eine sogenannte Superinfektion verursachen.

 

Procalcitonin, Entzündungsparameter im Blut, zeigt eine bakterielle Infektion und die Notwendigkeit für eine Antibiotika-Therapie.

Mithilfe von Procalcitonin, einem Entzündungsparameter im Blut, können Ärzte nachweisen, ob es sich um eine bakterielle Infektion handelt.

Studien zeigen, dass die Verordnung von Antibiotika nach Procalcitonin-Wert bei ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen 40 bis 60 Prozent Antibiotikaverbrauch einsparen kann, ohne die Patienten zu gefährden. Hier fehlt es aber noch an geeigneten Tests, die der Hausarzt in der Praxis durchführen kann.

 

Wie Patienten helfen können, Antibiotikaresistenzen zu vermeiden

Patienten können ebenfalls einen großen Beitrag zur Vermeidung von Resistenzen leisten. Denn wer Antibiotika genau nach Anweisung des Arztes einnimmt, verhindert die Entstehung multiresistenter Keime. Außerdem tut man gleichzeitig das Beste für die eigene Gesundheit. Mehrmals tägliches Händewaschen mit Wasser und Seife schützt ebenfalls vor Infektionen.

Wie bei jedem Medikament, gilt auch für die Einnahme von Antibiotika: Sie sollte so kurz wie möglich und so lange wie nötig erfolgen. Antibiotika müssen nicht immer bis zum Ende der Packung eingenommen werden. Manchmal reicht eine verkürzte Anwendung. Patienten sollten die Medikamente jedoch niemals in Eigenregie absetzen, sondern dies mit ihrem Arzt besprechen.

Am Ende der Behandlung sollte man übrig gebliebene Antibiotika entsorgen. Auf keinen Fall sollte man die Medikamente von einer früheren Behandlung auf später Gutdünken wieder verwenden.

 

Gegen Viruserkrankungen Impfen

Kinder, Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen sollten sich nach Experten-Empfehlung gegen Pneumokokken und jährlich Influenza impfen lassen. Beide Impfungen unterstützen den Körpere nachweislich dabei, Atemwegsinfektionen und deren Folgen wie etwa Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen zu vermeiden.

Neue Studien zeigen auch, dass gerade die Influenza das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfall drastisch erhöht. Und deswegen die Impfung dieses Risiko auch reduziert. Generell ist die jährliche Influenza-Impfung für jeden sinnvoll. Insbesondere für Menschen mit vielen Kontakten zum Beispiel in medizinischen Berufen.


Literatur:

Chanu Rhee. Using Procalcitonin to Guide Antibiotic Therapy. Open Forum Infect Dis. 2017 Winter; 4(1): ofw249. Published online 2016 Dec 7. doi: 10.1093/ofid/ofw249.

Sojib Bin Zaman, Muhammed Awlad Hussain, Rachel Nye, Varshil Mehta, Kazi Taib Mamun,Naznin Hossain. A Review on Antibiotic Resistance: Alarm Bells are Ringing. Cureus. 2017 Jun; 9(6): e1403.
Published online 2017 Jun 28. doi: 10.7759/cureus.1403


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)

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