Die Halsschlagader mit Ultraschall zu untersuchen, ist die Methode der Wahl, um eine Verengung der Halsschlagader – die Karotisstenose – zu diagnostizieren.
Die Ultraschalldiagnostik der hirnversorgenden Arterien stellt in der Akutphase des Schlaganfalls ein besonderes Merkmal einer qualifizierten Versorgung dar. Und zwar eignet sich der Ultraschall insbesondere in der Diagnostik bei einer Verengung der Halsschlagader. Die Bedeutung, die dem Ultraschall hier beigemessen wird, findet sich in der aktuellen Fassung von 2016 der Schlaganfall-Prozeduren des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) wieder. Sowie auch in der 2012 erstmals erschienen S3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung der Karotisstenose (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/004-028.html) wieder.
Im aktuellen Prozedurenkatalog des DIMDI ist die Ultraschalluntersuchung jetzt in der Frühphase der Stroke-Unit-Behandlung fest vorgesehen. Frühere Versionen hatten die Bedeutung des Ultraschalls ebenfalls betont, aber einen größeren zeitlichen Spielraum während des gesamten stationären Aufenthaltes gelassen. In der S3-Leitlinie wurde der Ultraschall als Methode der ersten Wahl zur Diagnosestellung und zur Verlaufsbeobachtung der Karotisstenose verankert.
Ultraschall bei Arteriosklerose
Die Arteriosklerose (Atherosklerose) ist eine Volkskrankheit, die eine hohe und zukünftig steigende Zahl kardiovaskulärer Erkrankungen verursacht. Die fortgeschrittene Arteriosklerose führt zunehmend zu einer Einengung der Arterien (Stenose). Gut etabliert ist der Zusammenhang zwischen Stenosegrad und Schlaganfallrisiko, wobei sich ein Hirninfarkt durch Gerinnselverschleppung (Embolisation) aus der Stenose oder durch Minderdurchblutung des Gehirns (hämodynamischer Infarkt) entwickeln kann. Seltener sind Karotisstenosen verursacht durch entzündliche Prozesse der Gefäßwand oder durch Gefäßverletzungen (Dissektionen).
Eine Verengung an der Halsschlagader (Arteria carotis interna) durch Arteriosklerose im Sinne von Karotisstenosen stehen in besonderem Fokus.
- Denn sie ist sehr häufig Ursache für Schlaganfälle, die durch eine Gerinnselverschleppung oder eine Minderdurchblutung des Gehirns entstehen.
- Man kann sie per Ultraschall direkt und indirekt durch Auswirkung der Minderdurchblutung auf die Versorgung des Gehirns besonders gut erfassen.
- sie für etablierte, in der Schlaganfallprävention hochwirksame operative oder endovaskuläre (Stent) Therapieverfahren gut zugänglich sind.
Ultraschall und andere Methoden zum Erkennen einer Verengung der Halsschlagader
Im Grunde genommen stehen mit dem Ultraschall, der computertomografischen Angiografie (CTA) und der magnetresonanztomografischen Angiografie (MRA) mehrere Methoden zur Gefäßdiagnostik der Halsschlagader beziehungsweise an den hirnversorgenden Arterien zur Verfügung. Diese Methoden sind als komplementäre Verfahren zu betrachten, mit denen auf Basis sehr unterschiedlicher physikalischer Prinzipien Bilder erzeugt und Blutgefäße sowie Blutflüsse dargestellt werden. Je nach spezieller Fragestellung ist das eine oder andere Verfahren indiziert. Es obliegt dem klinisch verantwortlichen Arzt, die richtige Auswahl zu treffen.
Die Bildgebung mittels Ultraschall basiert auf dem Reflexionsverhalten von Gewebe. Die Messung von Blutströmung und Strömungsstörungen beruht auf dem Doppler-Prinzip, nach dem bewegte Objekte in einem Schallfeld eine Frequenzänderung verursachen. Beide Prinzipien finden sich kombiniert in der Farbduplexsonografie und unterscheiden sich grundlegend von den anderen Bildgebungsmethoden.
Das Potenzial des Ultraschalls wird deutlich bei der Darstellung von Wanderkrankungen der hirnzuführenden Arterien. Ablagerungen an der Arterienwand (atherosklerotische Plaques), Gerinnselauflagerungen oder Entzündungen lassen sich mit Ultraschall in unvergleichbar hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung darstellen.
In der Akutphase eines Schlaganfalls und insbesondere bei Vorliegen einer Karotisstenose laufen in dem betroffenen Gefäßsegment und den dazugehörigen Umgehungskreisläufen (Kollateralwegen) komplexe, individuell unterschiedliche, strömungsdynamische Umstellungsprozesse des Blutes ab. Die sind dann für die Therapieentscheidung und für die Prognose des Patienten entscheidend.
Früh untersuchen
Je früher die Untersuchung erfolgt, desto aufschlussreicher sind die Befunde. Desto größer ist das individuelle Verständnis für krankhafte Veränderungen am Körper. Und desto größer ist der Nutzen für therapeutische Entscheidungen und für Beurteilungen des Krankheitsverlaufs.
Ultraschall besitzt gegenüber den anderen Methoden als Screening-Verfahren aber auch schon dadurch einen Vorteil, dass die Untersuchung wenig aufwendig und preiswert ist. Und sie kann jederzeit am Patientenbett oder in der Praxis wiederholt werden.
Literatur:
Macharzina RR, Kocher S, Messe SR, Kammerer T, Hoffmann F, Vogt M, Vach W, Fan N, Rastan A, Neumann FJ, Zeller T. Improved Carotid Stenosis Quantification on Novel 4D/3D-Doppler Ultrasonography Indexing to the Common Carotid Artery. Ultraschall Med. 2020 Apr;41(2):167-174. English. doi: 10.1055/a-0628-6459. Epub 2019 May 29. PMID: 31141825.
Stolz E. Revision der DEGUM Kriterien zur Graduierung von Stenosen der A. carotis interna [Revision of the DEGUM criteria for grading stenoses of the internal carotid artery]. Ultraschall Med. 2010 Dec;31(6):614; author reply 614-5. German. doi: 10.1055/s-0029-1245803. Epub 2010 Nov 29. PMID: 21117010.
Quelle:
Statement » Verengung der Halsschlagader (Karotisstenose) diagnostizieren – warum der Ultraschall die Methode der „ersten Wahl“ ist « von Prof. Dr. Max Nedelmann, Chefarzt für Neurologie, Neurologische Intensivmedizin und Geriatrie am Klinikum Pinneberg, stellv. Leiter der Sektion Neurologie bei der DEGUM (Deutschen Gesellschaft für Ultraschall), Dezember 2016, Berlin