Samstag, April 27, 2024

Zervikale Bandscheibenprothese: zukunftsweisende Behandlung für Bandscheibenvorfälle

Die Behandlung mit einer zervikalen Bandscheibenprothese ist eine zukunftsweisende Therapie für Bandscheibenvorfälle.

In Europa ist die anteriore Diskektomie und Fusion, oft durchgeführt mit einem Cage, bei der monosegmentalen degenerativen Bandscheibenerkrankung (DDD) das vorherrschende Verfahren, wobei es 70% der Fälle ausmacht. Diese Methode, die eine oder mehrere Wirbel versteift, gilt seit über 50 Jahren als etablierter Standard in der Behandlung von Bandscheibenvorfällen, Verengungen des Wirbelkanals oder durch Unfall bzw. Infektion verursachte Deformitäten der Halswirbelsäule. Die seit 1948 praktizierte Fusion zeichnet sich durch eine hohe Erfolgsquote, schnelle Knochenheilung, kurze Krankenhausaufenthalte und die zügige Wiederaufnahme von Arbeit oder sportlichen Aktivitäten aus. Dennoch würden nur wenige Menschen bei Arthrose in Knie oder Hüfte sofort eine Versteifung in Betracht ziehen. Stattdessen zieht man eher bewegungserhaltende Verfahren wie eine Behandlung mit Bandscheibenprothese vor.

Ebenso gibt es in der Halswirbelsäulenchirurgie mittlerweile Konsens darüber, dass die anteriore zervikale Diskektomie und Fusion (ACDF) – sei es mit einem Cage oder in Kombination mit einer ventralen Platte – oft zu Anschlussdegenerationen führt, wodurch die angrenzenden Bandscheiben einem beschleunigten Alterungsprozess unterliegen. Die Wahrscheinlichkeit für eine symptomatische, operationsbedürftige Anschlussdegeneration (ASD) liegt zwischen 5% und 12%.

 

Innovative Lösung Bandscheibenprothese

Als Alternative zur ACDF hat sich die Bandscheibenprothese (Total Disc Replacement, TDR) entwickelt. Langzeitergebnisse zeigen, dass sie klinisch entweder gleichwertige oder sogar bessere Ergebnisse als die Fusion liefert, mit signifikant selteneren Re-Operationen. Trotz dieser positiven Daten hat sich die Bandscheibenprothese in Deutschland für die Behandlung der monosegmentalen DDD noch nicht durchgesetzt.

Nacken- und Armschmerzen, verursacht durch Verschleiß oder Bandscheibenvorfälle, sind weit verbreitet, besonders zwischen dem 25. und 60. Lebensjahr, können aber alle Altersgruppen betreffen. Bei jüngeren Menschen sind es oft akute Bandscheibenvorfälle, die erhebliche Schmerzen bis hin zu Lähmungen verursachen, während bei älteren Menschen Verengungen des Wirbelkanals oder der Nervenaustrittspunkte durch Verknöcherungen problematisch sind.

Die Bandscheibenprothese, eine medizinische Vorrichtung zum Ersatz beschädigter oder abgenutzter Bandscheiben, bietet eine innovative Lösung. Sie ermöglicht eine natürlichere Bewegung als traditionelle Methoden, die eine Versteifung der Wirbelsäule zur Folge haben. Bandscheibenprothesen bieten nicht nur eine Schmerzlinderung durch die Reduzierung des Drucks auf Nerven und benachbarte Strukturen, sondern auch eine schnellere Erholung und Rückkehr zu normalen Aktivitäten durch weniger invasive Eingriffe und kürzere Rehabilitationszeiten. Darüber hinaus minimieren sie das Risiko von Problemen in benachbarten Wirbelsegmenten und haben sich langfristig als wirksam erwiesen.

Dr. Bernhard Zillner, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, von der Spineclinic und Stationsführender Oberarzt im Orthopädischen Krankenhaus Speising an der Abteilung für Wirbelsäulenchirugie ist Spezialist bei der innovativen Behandlung mit zervikaler Bandscheibenprothesen. © spineclinic.at
Dr. Bernhard Zillner, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, von der Spineclinic und Stationsführender Oberarzt im Orthopädischen Krankenhaus Speising an der Abteilung für Wirbelsäulenchirugie ist Spezialist bei der innovativen Behandlung mit zervikaler Bandscheibenprothesen. © spineclinic.at

Nutzen der Bandscheibenprothese im Überblick

Erhalt der Bewegungsfreiheit

Der signifikanteste Vorteil der Bandscheibenprothesen ist ihre Fähigkeit, die natürliche Flexibilität der Wirbelsäule zu bewahren. Während herkömmliche Fusionseingriffe eine Versteifung bewirken können, bieten Prothesen eine Lösung, die die Wirbelsäule beweglich hält.

Schmerzminderung

Bandscheibenprothesen spielen eine wichtige Rolle bei der Entlastung der Nerven und umgebenden Strukturen, was zu einer bedeutenden Schmerzlinderung führt. Dies ist vor allem für Personen mit anhaltenden Rückenschmerzen durch Bandscheibenbeschwerden von Vorteil. Die Rekonstruktion zur Korrektur von verschleißbedingten Fehlhaltungen trägt oft zur Entspannung der Muskulatur der Halswirbelsäule bei.

Beschleunigte Genesung und Wiederaufnahme des Alltags

Aufgrund der minimalinvasiven Durchführung (45-60 Minuten) und der verkürzten Genesungszeit, können Patienten schneller zu ihrem gewohnten Lebensrhythmus zurückkehren. Ein entscheidender Vorzug für jene, die eine rasche Verbesserung ihrer Lebensqualität anstreben. Im Gegensatz dazu erfordern Versteifungsoperationen eine längere Wartezeit auf die knöcherne Heilung, die bis zu 12 Wochen in Anspruch nehmen kann. Mit einer Bandscheibenprothese ist eine frühe funktionelle Bewegung ohne Halskrause möglich, und eine Rückkehr zu sportlichen Aktivitäten ist bereits nach 6 Wochen machbar, abhängig von der Sportart.

Verminderung des Risikos benachbarter Segmenterkrankungen (Anschlussdegeneration)

Verglichen mit Fusionseingriffen, minimieren Bandscheibenprothesen das Risiko von Komplikationen in angrenzenden Wirbelsäulensegmenten. Die erhaltene Beweglichkeit der Prothese hilft, die Belastung für andere Bereiche der Wirbelsäule zu reduzieren. Modernes Prothesendesign und schonende Implantationstechniken tragen zur Minimierung von Begleitbeschwerden bei.

Langzeitwirksamkeit

Eine Vielzahl von Studien belegt die dauerhafte Effektivität von Bandscheibenprothesen in Bezug auf Schmerzlinderung und Steigerung der Lebensqualität. Diese bieten eine dauerhafte Lösung für Personen mit spezifischen Bandscheibenbeschwerden.


Fazit

Zusammenfassend sind Bandscheibenprothesen eine vielversprechende Option für Menschen mit Nacken- und Armschmerzen, die sich durch eine Kombination aus Schmerzlinderung, Erhalt der natürlichen Beweglichkeit und schnellerer Erholung auszeichnet.

Es ist jedoch wichtig, mit einem qualifizierten Arzt zusammenzuarbeiten, um individuelle Behandlungsoptionen zu besprechen und die beste Entscheidung für die eigene Gesundheit zu treffen.

Eine sorgfältige, leitliniengerechte Diagnose und Therapieplanung, einschließlich konservativer Behandlungsversuche, sind entscheidend für den Erfolg.


Literatur:

Fransen P, Noriega D, Chatzisotiriou A, Pointillart V. Cervical disc arthroplasty with the Baguera C prosthesis. Clinical and radiological results of a 10-year follow-up study. Eur Spine J. 2023 Oct;32(10):3533-3539. doi: 10.1007/s00586-023-07833-y. Epub 2023 Jul 9. PMID: 37422768.


Quelle:

Spineclinic, Ordination Dr. Bernhard Zillner, Werdertorgasse 17, 1010 Wien, spineclinic.at

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