Freitag, April 26, 2024

Ultraschnelles Insulin für Patienten mit Typ-1-Diabetes im Fokus

Ein neues, hochkonzentriertes ultraschnelles Insulin soll die glykämische Kontrolle bei Patienten mit Typ-1-Diabetes verbessern.

Ultraschnelles Insulin ist ein neues Medikament zur Behandlung von Diabetes – es wirkt schneller wirkt als herkömmliches Insulin. Das bedeutet, dass die Betroffenen ihren Blutzuckerspiegel damit schneller senken können. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenig bis kein Insulin. Bei Diabetes Typ-2 liegt hingegen eine verminderte Insulinwirkung vor. Beides führt zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel.

Während Patienten mit Typ-1-Diabetes lebenslang auf eine Insulintherapie angewiesen sind, können die sehr viele Menschen mit Typ-2-Diabetes ihre Behandlungsziele mit einem gesunden Lebensstil und blutzuckersenkenden Tabletten vorerst gut erreichen. Mit Fortschreiten der Erkrankung nimmt jedoch auch bei Menschen mit Diabetes Typ-2 die Insulinproduktion laufend ab. Dann brauchen auch diese Patienten zusätzlich Insulin.

Auch durch den Anstieg an Adipositas werden immer öfter höhere Insulindosen benötigt, die dann nicht mehr in einer Injektion verabreicht werden können.

 

Effektives Blutzuckermanagement für Patienten mit Typ-1-Diabetes

Hersteller haben daher Insulinprodukte mit höheren Konzentrationen entwickelt. An der Med Uni Graz wurde nun das neue, hochkonzentrierte und ultraschnelle Insulinprodukt AT278 der britischen Firma Arecor — eine neuartige Formulierung von Insulin aspart mit 500 IU/ml (U500) — in einer klinischen Studie getestet.

Schnell wirkende Insulinanaloga haben im Vergleich zum Humaninsulin den Vorteil, dass sich mit ihnen Blutzuckerspitzen nach den Mahlzeiten leichter abfangen lassen und Unterzuckerungen durch zu lange Wirkung vermieden werden können“, erklärt Eva Svehlikova von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie der Med Uni Graz und Erstautorin der nun in Diabetes Care veröffentlichten Studie.

„Diese Produkte sollen den Insulinspiegel besser an die natürliche Ausschüttung von Insulin anpassen und es ermöglichen, das Insulin zu oder sogar nach den Mahlzeiten zu verabreichen. Doch Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die schnellen Insuline etwa 15 bis 20 Minuten vor dem Essen injiziert werden müssen, um den Blutzuckerspiegel optimal einzustellen.“

 

Neues, ultraschnelles Insulin als U500-Variante

Vor etwa zwei Jahren wurde ein neues, ultraschnelles Insulinprodukt — AT247, eine Neuformulierung von Insulin aspart mit 100 IU/ml (U100) — an der Med Uni Graz untersucht. Dabei hat die Neuformulierung von Insulin aspart schon in der U100-Standard-Konzentration eine deutlich schnellere Verfügbarkeit und Wirkung gezeigt als die bisher am Markt befindlichen Insulin aspart-Formulierungen. In der aktuellen Studie wurde nun untersucht, ob die ultraschnell wirksamen Charakteristika auch in der U500-Variante beibehalten werden können.

Die aktuelle Studie zu Typ-1-Diabetes konnte zeigen, dass AT278 nach der Injektion ebenfalls schneller in den Blutkreislauf kommt. Dadurch wirkt es auch schneller, selbst wenn man es in hoher Konzentration und somit über ein geringeres Injektionsvolumen verabreicht.

Derzeit gibt es keine hochkonzentrierten, schnellen Insulinprodukte auf dem Markt. AT278 hat somit das Potenzial, das erste derartige Produkt zu sein. Es könnte ein vielversprechendes Insulinprodukt der nächsten Generation sein, das die glykämische Kontrolle nach dem Essen verbessern kann. Weiter ermöglicht es die Reduzierung des Injektionsvolumens und das Vermeiden von Aufteilen der Einzeldosis in mehrere Injektionen bei Menschen mit hohem täglichen Insulinbedarf. Ein hochkonzentriertes, ultraschnelles Insulin könnte auch einen entscheidenden Schritt in Richtung Miniaturisierung in der Diabetestechnologie ermöglichen und die Entwicklung der nächsten Generation von Insulinpumpen vorantreiben.

 

Ultraschnelles Insulin für Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes – Vor und Nachteile

Im Gegensatz zu herkömmlichem Insulin hat ultraschnelles Insulin eine kürzere Wirkdauer. Das bedeutet, dass solche Wirkstoffe den Blutzuckerspiegel schneller senken können. Zudem scheidet sie der Körper aber auch schneller wieder aus.

Da ultraschnelles Insulin schneller wirkt, bietet es den betroffenen Patienten mehr Flexibilität bei den Mahlzeiten. Denn der Organismus verstoffwechselt das Insulin schneller. Zudem besteht ein geringeres Risiko von Hypoglykämie, eines zu niedrigen Blutzuckerspiegels.

Ultraschnelles Insulin ist teurer als herkömmliches Insulin. Zudem gibt es noch keine Langzeitstudien über seine langfristigen Auswirkungen. Außerdem besteht ein höheres Risiko von Ketoazidose – der schweren Komplikation, die bei unkontrolliertem Diabetes auftreten kann. Im Grunde genommen sollten auch Patienten mit Nieren- oder Leberproblemen sowie schwangere Frauen ultraschnelles Insulin nicht anwenden.


Literatur:

Svehlikova E, Ashcroft NL, Gatschelhofer C, Gerring D, Höller V, Jezek J, Lackner B, Lawrence F, Pillai V, Ratzer M, Urschitz M, Wolf M, Pieber TR. Pharmacokinetics and Pharmacodynamics of a Novel U500 Insulin Aspart Formulation. A Randomized, Double-Blind, Crossover Study in People With Type 1 Diabetes. Diabetes Care. 2023 Jan 30:dc221054. doi: 10.2337/dc22-1054. Epub ahead of print. PMID: 36710473.


Quelle: Dr. Eva Svehlikova, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Med Uni Graz

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