Die Gefahr für eine Tramadol-Sucht scheint nach erstmaliger Anwendung gegen starke Schmerzen ebenso groß zu sein wie bei Hydrocodon oder Oxycodon.
Eine aktuelle Kohortenstudie hatte die Zielsetzung, das Risiko für eine Tramadol-Sucht nach längerem Opioidkonsum mit anderen kurzwirksamen Opioiden wie Hydrocodon oder Oxycodon zu vergleichen. Dabei zeigte sich, dass auch Tramadol als schwaches Opioid der WHO-Schmerzskala ebenso ein beträchtliches Suchtpotenzial entwickeln kann. Im Grunde genommen verschreiben Ärzte schwach wirksame Opioide wie Tramadol dann, wenn andere Therapien gegen meist starke Schmerzen keine Besserung bringen. Vor allem gegen postoperative Schmerzen ist dies häufig der Fall.
Wenn allerdings diese binnen drei Monaten keine nennenswerten Besserung bringen, so sollte man das Opioid besser absetzen. Starke Opioide sollten übrigens von in der Schmerztherapie erfahrenen Ärzten im Rahmen eines ganzheitlichen Behandlungskonzeptes eingesetzt werden.
Tramadol ist vollsynthetisch hergestellte Wirkstoff Tramadol, der sich als Analgetikum und Opioid bewährt hat. Seit Jahrzehnten wird der Wirkstoff in der Schmerzmedizin als Substanz der WHO-Schmerzskala Stufe 2 empfohlen. Das schwach wirksame Opioid zeichnete sich seit etwa 50 Jahren durch weniger Nebenwirkungen und einem geringeren Suchtrisiko als Morphin aus.
Vergleich Tramadol mit anderen kurzwirksamen Opioiden wie Hydrocodon und Oxycodon
Beim Vergleich von Tramadol zu anderen kurzwirksamen Opioiden griffen die Forscher auf verschiedene verwendete Definitionen für einen längeren Opioidkonsum aus der Literatur zurück. Die Ergebnisse von 444.764 Patienten, die die Einschlusskriterien erfüllten, zeigten, dass das Risiko für eine Tramadol-Sucht genauso hoch bis sogar etwas höher ist, wie bei Hydrocodon und Oxycodon.
Dabei zeigte sich, dass Menschen, die Tramadol alleine nach einer Operation einsetzten, sogar ein gering höheres Risiko für einen länger anhaltenden Opioidkonsum hatten. Dazu verglichen die Forscher die Auswirkungen anderer kurzwirkender Opioide. Dementsprechend empfehlen die Wissenschaftler eine Neueinstufung von Tramadol. Außerdem sollten Ärzte bei der Verschreibung von Tramadol gegen akute Schmerzen ebenso vorsichtig vorgehen wie bei den anderen kurzwirksamen Opioiden.
Literatur:
Thiels et al. Chronic use of tramadol after acute pain episode: cohort study. BMJ 2019;365:l1849
doi: https://doi.org/10.1136/bmj.l1849 (Published 14 May 2019)
Xia W, Liu G, Shao Z, et al. Toxicology of tramadol following chronic exposure based on metabolomics of the cerebrum in mice. Sci Rep. 2020;10(1):11130. Published 2020 Jul 7. doi:10.1038/s41598-020-67974-8
Reines SA, Goldmann B, Harnett M, Lu L. Misuse of Tramadol in the United States: An Analysis of the National Survey of Drug Use and Health 2002-2017. Subst Abuse. 2020;14:1178221820930006. Published 2020 Jun 3. doi:10.1177/1178221820930006