Samstag, April 27, 2024

Prostatakrebs-Behandlung mit verschiedenen wirksamen Verfahren

Zur Prostatakrebs-Behandlung stehen vor allem Kontrolliertes Beobachten, Radikale Prostatektomie sowie die Strahlentherapie zur Verfügung.

Für die Prostatakrebs-Behandlung stehen den Patienten heutzutage eine breite Palette von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Dies gilt sowohl für das kurative Stadium (d.h. bei einem potenziell heilbaren Tumor) als auch im palliativen Setting (d.h. wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist). Daher ist es möglich, den Betroffenen eine weitgehend maßgeschneiderte Prostatakrebs-Behandlung anzubieten, die sowohl dem Tumorstadium als auch den individuellen Gegebenheiten des Patienten (v.a. Lebensalter, Allgemeinzustand und Komorbiditäten) gerecht wird. Teilweise werden auch seine persönlichen Wünsche berücksichtigt.

 

Kurative Prostatakrebs-Behandlung

Im Frühstadium stehen der Prostatakrebs-Behandlung eine Reihe effektiver Verfahren zur Verfügung. Für den Patienten ist es wichtig zu wissen, dass in der Regel kein akuter Handlungsbedarf besteht. Deswegen hat er Wochen oder sogar Monate Zeit hat, sich für die aus seiner Sicht am ehesten akzeptable Prostatakrebs-Behandlung zu entscheiden. Dabei stehen neben diverser innovativer, eher experimenteller Ansätze drei leitlinienkonforme Standardbehandlungen zur Auswahl.

 

Active Surveillance

Das sind erstens das Kontrolliertes Beobachten („ Active Surveillance “). Dies ist bei sogenannten Niedrigrisikokarzinomen bei einer bestimmten Befundkonstellation (PSAWert unter 10 ng/ml, Gleason-Score = 6, bei systematischer Biopsie lediglich zwei Stanzen positiv) eine gut vertretbare Option. Diese Art der Prostatakrebs-Behandlung ist vor allem im skandinavischen Raum – mit mehr als 90 Prozent der Niedrigrisikokarzinome – weit verbreitet. In unseren Breiten kommt sie hingegen nur bei geschätzten zehn bis 20 Prozent Anteil – wenngleich mit tendenziell steigendem Anteil.

Dieser Trend erklärt sich aus der Erkenntnis, dass Niedrigrisikokarzinome für den Patienten keine vitale Gefährdung darstellen und ein Zuwarten über einen längeren Zeitraum durchaus vertretbar ist.

Diese Vorgangsweise ist u.a. durch die britische randomisiert kontrollierte ProtecT-Studie belegt (1).  Dabei wurden bei 1.643 Patienten mit Prostatakarzinom im Frühstadium drei Strategien verglichen: aktive Überwachung, chirurgische Prostataentfernung (radikale Prostatektomie) und Strahlentherapie. Ergebnis: Innerhalb von zehn Jahren waren 1,5 Prozent der aktiv Überwachten an einem Prostatakarzinom verstorben, im Vergleich zu je etwa einem Prozent der Patienten nach radikaler Prostatektomie oder Strahlentherapie. Das bedeutet konkret: Bei kontrolliertem Beobachten ohne Behandlung verstirbt praktisch kein Betroffener innerhalb von zehn Jahren an Prostatakrebs. In Österreich wird von der Qualitätspartnerschaft Urologie in einer multizentrischen Studie mit rund 200 Patienten die Rolle der Active Surveillance in Österreich evaluiert (2).

Dabei ist einschränkend anzumerken, dass etwa die Hälfte der Patienten die aktive Überwachung, das Active Surveillance, abbrechen. Weil sie entweder einen Tumorprogress haben oder das Abwarten psychisch nicht aushalten. Und sich die Patienten letztendlich doch für eine aktive Prostatakrebs-Behandlung entscheiden.

 

Prostatakrebs-Behandlung mit radikaler Prostatektomie und Strahlentherapie

Radikale Prostatektomie und Strahlentherapie gelten als Therapiestandard für Prostatakarzinome von intermediärem oder hohem Risiko. Die chirurgische Prostataentfernung – die radikale Prostatektomie – kann über vier verschiedene Zugänge (offen, perineal, laparoskopisch oder robotisch) durchgeführt werden. Die Strahlentherapie kann entweder von extern oder von innen mittels implantierter radioaktiver Nadeln (Seeds) als sogenannte Brachytherapie erfolgen.

Zunehmend etabliert sich die sogenannte fokale Therapie. Dabei wird nicht mehr die gesamte Prostata entfernt oder bestrahlt. Voruaaetzung für diese Vorgangsweise ist eine verbesserte Bildgebung mittels multiparametrischer Magnetresonanztomographie (mpMRT). Damit lassen sich Tumoren deutlich besser darstellen und gezielter bzw. lokalisierter behandeln. Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung: Die am häufigsten eingesetzte Methode ist hochintensiv-fokussierter Ultraschall (HIFU), seltener kommen fokale Brachytherapie oder Elektrovaporisation zur Anwendung. Kryotherapie (d.h. lokale Kälteanwendung) wird hingegen in Europa kaum eingesetzt.

Nach einer Strahlentherapie wird bei Mittel- und Hochrisiko-Prostatakarzinomen über sechs Monate bis zwei Jahre eine adjuvante Hormontherapie verabreicht.

 

Palliative Optionen

Mehr als 70 Jahre galt die Antihormontherapie zur Ausschaltung des männlichen Sexualhormons Testosteron, welches für das Tumorwachstum erforderlich ist, als goldener Standard bei nicht mehr heilbarem Prostatakarzinom. Aufgrund neuester Entwicklungen kombiniert man diese heutzutage bereits von Beginn an mit anderen Therapien wie der Chemotherapie sowie der zielgerichteten Hormontherapie. Dafür steht zum einen die herkömmliche Chemotherapie (Paclitaxel oder Cabazitaxel) zur Verfügung.

Wenn der Patient auf die Erstlinien-Therapie nicht mehr ausreichend an, so stehen heute mehrere Optionen in der zweiten Linie zu Verfügung. Damit lassen sich die Behandlungsergebnisse deutlich verbessern. Da Antihormontherapien mit potenziellen Nebenwirkungen wie v.a. Antriebsschwäche, Hitzewallungen, Potenzverlust etc. einhergehen, wird ihr Einsatz heutzutage zunehmend individualisiert. Da die Patienten dank dieser Therapie erfreulicherweise zunehmend länger leben, gewinnt das Nebenwirkungsmanagement immer mehr an Bedeutung.

Literatur:

(1) Hamdy FC et al. 10-Year Outcomes after Monitoring, Surgery, or Radiotherapy for Localized Prostate Cancer. N Engl J Med. 2016 Oct 13;375(15):1415-1424.
doi: 10.1056/NEJMoa1606220. Epub 2016 Sep 14.

(2) Eredics K., Dorfinger K., Madersbacher S., Wiener Klinische Wochenschrift 2016. DOI:10.1007/s00508-016-1149-8).


Quelle:

Therapiemöglichkeiten des Prostatakarzinoms. Prim. Univ.-Prof. Dr. Stephan Madersbacher. Vorstand der Abteilung für Urologie und Andrologie im SMZ Süd/Kaiser-Franz-JosefSpital. Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie (ÖGU), Jänner 2019.

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