Der giftige, manchmal tödliche Fliegenpilz wird aufgrund seiner psychotropen Wirkungen seit Jahrtausenden als Rauschmittel zur Bewusstseinsveränderung eingesetzt.
Im Grunde genommen ist der Konsum von Fliegenpilz – Amanita muscaria, der kleinen Blume der Götter – zwar giftig, ja kann manchmal sogar tödlich sein. Dennoch kommt es selten zu einer Vergiftung. Allerdings setzen Menschen seit Jahrtausenden den Fliegenpilz für Selbstmord sowie aufgrund seiner psychedelische Wirkung als Rauschmittel ein. In einer publizierten aktuellen Untersuchung wurde hierzu der Fall eines jungen Mann erörtert, der nach Einnahme von rotem Fliegenpilz als Rauschmittel in ein Koma fiel. Die schnelle Identifikation des Giftes, der frühe Einsatz von einer Magenspülung und die symptomatische Behandlung führten jedoch zum Rückgang der Symptome. Schließlich konnte die Entlassung aus dem Krankenhaus bereits am dritten Tag nach dem Rausch erfolgen.
Der rote Fliegenpilz führt zu Bewusstseinsveränderung
Der rote Fliegenpilz – Amanita muscaria (L. ex Fr.) P. ex H., Agaricaceae – wird seit Jahrtausenden vor allem von den Menschen Eurasiens zur Bewusstseinsveränderung verwendet. Er ist wahrscheinlich in diesem Gebiet die älteste Schamanenpflanze, die die Menschen bereits zu nutzen wussten. Und zwar bereits als sie noch nach der Eiszeit als Jäger und Sammler umherstreiften.
Im altamerikanischen Fliegenpilz-Kult wurde der Pilz Amanita mexicana wahrscheinlich »nanácatl« genannt. Der Name »Teo-nanácatl« wird als göttlicher Pilz oder Irrsinnpilz übersetzt. Andere Spuren vom rituellen Gebrauch des Fliegenpilzes findet man bei den Vorfahren der Inder und Iraner.
Aktuelle Untersuchungen zeigten übrigens neuroprotektive Effekte eines Extraktes aus Amanita mexicana.
Der giftige und tödliche Fliegenpilz als gefährliches Rauschmittel
Der Gebrauch des Fliegenpilzes als Rauschmittel hat sich in Sibirien bis ins 20. Jahrhundert gehalten. Auch in der Sprache dieser Menschen kann man seine Verwendung noch erkennen. So entspricht unserem Wort »betrunken« in einigen Sprachen des Ural einem Begriff, der übersetzt »bepilzt« bedeutet.
Als Hauptwirkstoffe kommen Ibotensäure und ihr Decarboxylierungsprodukt Muscimol vor, daneben Muscazon, Muscarin, 4-Hydroxypyrrolidon-2, Bufotenin, Acetylcholin. In Sibirien werden die Pilze frisch, gekocht oder getrocknet eingenommen.
Die psychotropen Wirkungen der Fliegenpilz-Berauschung können jedenfalls sehr unterschiedlich sein, machnal auch giftig und tödlich. Zu Beginn können unerwünschte körperliche Symptome wie Magenschmerzen oder Erbrechen auftreten, danach Müdigkeit, Schwindel, Unruhe, Erregung, Verwirrung. Nach einer ersten dämpfenden Phase folgt eine rauschartige Hochphase mit Ekstase, Singen, Tanzen, Stampfen oder ununterbrochenem Reden.
Der Konsument glaubt, über große körperliche Kräfte zu verfügen. Größere Mengen führen allerdings zu Halluzinationen, Wahn sowie erschreckenden und verzerrten Bildern. Schließlich können Überdosierungen Schreien, Brüllen, Delirien bis hin zu Aggressivität mit Gewalttaten auslösen. Wobei nach dem Abklingen der Symptome manchmal eine Lähmung sowie auch eine tiefe Bewusstlosigkeit eintritt.
Literatur:
Kondeva-Burdina M, Voynova M, Shkondrov A, Aluani D, Tzankova V, Krasteva I. Effects of Amanita muscaria extract on different in vitro neurotoxicity models at sub-cellular and cellular levels. Food Chem Toxicol. 2019;132:110687. doi:10.1016/j.fct.2019.110687
Stintzing F, Schliemann W. Pigments of fly agaric (Amanita muscaria). Z Naturforsch C J Biosci. 2007;62(11-12):779–785. doi:10.1515/znc-2007-11-1201
Quelle:
Die psychotropen Wirkungen von Amanita muscaria, roter Fliegenpilz. MEDMIX 06/2007