Sonntag, März 17, 2024

Alphablocker senken den Blutdruck und erweitern die Gefässe

Die seit Jahrzehnten eingesetzten Alphablocker sind mit ihreer Wirkung ein sicherer Bestandteil der Kombinationstherapie bei Bluthochdruck.

Bewährte Wirkung der Alphablocker bei Hypertonie. Die arterielle Hypertonie ist nicht nur einer der ­wichtigsten unabhängigen Risikofaktoren für die Entwicklung und Progression der koronaren Herzkrankheit (KHK) sondern auch die häufigste Ursache für das chronische Herzversagen. Die nachhaltige Schädigung des Herzmuskel und der arteriellen Gefäßwand, insbesondere der proximalen Herzkranzgefäßabschnitte, erfolgt durch

  1. mechanische Belastung (hämodynamische Faktoren),
  2. proliferativ-hypertrophe Veränderungen (intrinsische vaskuläre Faktoren) und
  3. das Zusammenspiel anderer Risikofaktoren (kardiovaskuläres Remodeling).

Durch die erhöhte Druckbelastung kommt es in Folge einer erhöhten Wandspannung und Dehnung (Stress) zu einer Schädigung des Herzens und der Arterien. Die Aktivierung des adrenergen Systems (Sympathikus) und des Renin-Angiotensin-Aldosteron (RAA) Systems, die lokale Freisetzung von Endothelfaktoren mit vasokonstriktiven und wachstumsfördernden Eigenschaften (z.B. Endothelin), die verminderte Bildung von Endothelfaktoren mit vasodilatativen und wachstumshemmenden Eigenschaften (z.B. Stickstoffoxyd, NO), sowie metabolische Abnormalitäten bewirken die Proliferation von Zellen des Herzens und der Gefäßwand und führen zu Umbauprozessen des Myokards (kardiales Remodeling) und der arteriellen Gefäßwand (vaskuläres Remodeling).



Die hypertensive Kardiomyopathie ist durch eine kontinuierliche Verdickung des Herzmuskels (Linksherzhypertrophie) charakterisiert, führt im Frühstadium eine diastolische Ventrikelfunktionsstörung (Relaxationsstörung) und in weiterer Folge zu einer progressiven Minderung der Pumpfunktion des Herzens (systolische Ventrikelfunktionsstörung).

Atherosklerotische Spätschäden betreffen vor allem die Herzkranzgefäße in Form der koronaren Herzkrankheit (KHK), die zerebrovaskulären Gefäße (Schlaganfall), die Beinarterien (periphere arterielle Verschlusskrankheit, PAVK), die Nierenarterien (progressive Nephrosklerose), die Arterien der Netzhaut (sklerotische Retinopathie) sowie die Hauptschlagader (Aortenaneurysma) und führen zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Prognose des betroffenen Patienten.

Patienten mit Störungen des Fettstoffwechsels (Dyslipidämien) und des Kohlenhydratstoffwechsels (Diabetes mellitus) sind besonders gefährdet. Wobei das Zusammenspiel einzelner Risikofaktoren nicht restlos geklärt ist. Aufgrund der vielfältigen Ursachen und Komplikationen der arteriellen Hypertension, des dosisabhängigen Nebenwirkungsprofils der Antihypertensiva und der multiplen kardiovaskulären Risikosituation vieler Patienten ist eine antihypertensive Kombinationstherapie, abgestimmt auf den individuellen Patienten, die Therapiestrategie der Wahl.

 

Behandlung der arteriellen Hypertonie mit Alphablocker

Alpharezeptoren, die in den postsynaptischen α1- und den präsynaptischen α2-Rezeptor unterteilt werden, vermitteln bedeutsame Wirkungen endogener Katecholamine. Der α1-Rezeptors vermittelt die Kontraktion der arteriellen und venösen glatten Muskelzelle.



Die Aktivierung des α2-Rezeptor führt zu einer Abnahme des Symathikotonus, einer Zunahme des Vagotonus, einer Anhäufung von Blutplättchen (Plättchenaggregation), einer verminderten Freisetzung von Noradrenalin und Acetylcholin an Nervenenden und metabolischen Effekten.

Alphablocker haben durch ihre heterogene chemische Struktur eine unterschiedliche Affinität zu α1- und α2-Rezeptoren und üben vielfältige pharmakologische Wirkungen aus. Prazosin, Terazosin, Doxazozin und Urapidil sind selektive α1-Blocker, die vor allem bei der Behandlung der arteriellen Hypertonie therapeutisch eingesetzt werden. Yohimbin ist ein selektiver α2-Blocker. Phentolamin blockiert α1- und den α2-Rezeptoren mit ähnlicher Intensität.

Chronisch lymphatische Leukämie

Pharmakologische Eigenschaften der Alphablocker

Alphablocker beeinflussen das kardiovaskuläre System (Herz-Kreislaufsystem) vor allem durch Wirkungen auf das zentrale Nervensystem und die Peripherie. Die Wirkung der Alphablocker hängt vom Zustand des Herz-Kreislaufsystems des Patienten und der relativen Selektivität der jeweiligen Substanze für α1- bzw. α2-Rezeptoren ab.

α1-blocker

Die Blockade des α1-Rezeptors hemmt die durch endogene Katecholamine induzierte Vasokonstriktion der arteriellen Widerstandsgefäßen (Arteriolen) und Venen. Die unmittelbare Folge ist ein Abfall des Blutdrucks aufgrund einer Verminderung des peripheren Widerstandes.

Das Ausmaß der blutdrucksenkenden Wirkung, die bei Volumenmangel besonders ausgeprägt ist, hängt von der Aktivität des sympathischen Nervensystems und der Lage des Patienten (sitzend oder liegend) ab.

Dem durch Alphablocker vermittelte Blutdruckabfall wird durch eine Erhöhung der Herzfrequenz und der Herzleistung (cardiac output) sowie durch eine vermehrte Flüssigkeitsretention entgegengesteuert (Barorezeptor Reflex).

α2-Blocker

α2-Rezeptoren spielen eine bedeutende Rolle bei der Regulation der Aktivität des zentralen und peripheren Nervensystems. Die Aktivierung des präsynaptischen α2-Rezeptors hemmt die Freisetzung von Noradrenalin am peripheren Nervenende, die Aktivierung des zentralen α2-Rezeptors in der pontomedullären Region des Zentralnervensystems hemmt die Aktivität des sympathischen Nervensystems und führt zu einem Blut­­dru­ck­abfall.

Die selektive Blockade von α2-Rezeptoren kann den zentralen Sympathikotonus erhöhen und die Wirkungen des am peripheren Nervenende freigesetzten Noradrenalins potenzieren. Dadurch werden die α− und ß-Rezeptoren – sowohl des Herzens als auch der peripheren Gefäße – aktiviert und es kommt in der Folge zu einem Blutdruckanstieg.

Die physiologische Rolle der vaskulären α2-Rezeptoren bei der Regulation des Bluflusses ist nicht gesichert, die kardiovaskulären Wirkungen von α2-Rezeptorblockern werden durch das Zentralnervensystem und die sympathische Nervenendigungen geleitet.



Therapieziele bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit

Andere Wirkungen der Alphablocker

Alphablocker hemmen nicht nur die Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur, sondern auch die Kontraktion der glatten Sphinktermuskulatur von Harnblase und Prostata. Durch die selektive Blockade des α1-A-Rezeptors wird der Widerstand des Harnausflusstraktes vermindert und damit der Harnfluss vermehrt.

 

Pharmakologische Wirkungen

Erwünschte Wirkungen. Alphablocker vermindern initial den peripheren Widerstand im Bereich der Arteriolen und die venöse Kapazität, und können zu einer Reflextachykardie und einer vermehrter Aktivität von Plasmarenin führen.

Bei der Behandlung mit Alphablocker bleibt die Nierendurchblutung unverändert. Alphablockern können, in Abhängigkeit des Plamsmavolumens, posturale Hypotension und Retention von Elektrolyten und Wasser verursachen.

Alphablocker beeinflussen den Fettstoffwechsel in positiver Art und Weise, sie senken den Serumspiegel von Triglyzeriden und LDL-Cholesterin und erhöhen den Serumspiegel von HDL-Cholesterin. Darüber hinaus fördern Alphablocker möglicherweise die Freisetzung von Insulin.

 

Unerwünschte Wirkungen der Alphablocker

Die antihypertensive Monotherapie mit Doxazosin erhöht das Risiko für die Entwicklung des chronischen Herzversagens. Es dürfte sich dabei um einen Klasseneffekt handeln. Bei der erstmaligen Verabreichung eines Alphablockers oder bei rascher Dosiserhöhung kann es innerhalb von 90 Minuten zu einer orthostatischen Hypotension kommen. Dieses Phänomen wird insbesondere bei einer Vorbehandlung mit Diuretika oder ß-Blocker beobachtet.

Bei einer Fortführung der Behandlung entwickeln die Patienten eine Toleranz. Bei der gleichzeitigen Verabreichung von Calciumkanalblockern und Alphablockern kommt es häufig zur Flüssigkeitsretention und zu Knöchelödemen. Alphablocker sind bei der Behandlung von Patienten mit Phäochromozytom nicht indiziert.

 

Wirkstoffe

Die selektiven α1-Blocker Prazosin, Doxazosin und Urapidil sind sichere und wirksame blutdrucksenkende Medikamente.

Prazosin. Prazosin ist ein selektiver α1-Blocker mit einer hohen Selektivität zu dem α1-A Subtyprezeptor. Nach oraler Verabreichung wird Prazosin gut resorbiert und hat eine Bioverfügbarkeit von 50 bis 70 %. Prazosin wird an Plasmaproteine gebunden und in der Leber metabolisierte, die Ausscheidung über die Nieren ist gering.

Die Plasmahalbwertszeit beträgt 2 bis 3 Stunden, die blutdrucksenkende Wirkung hält 6 bis 8 Stunden an. Prazosin wird zwei Mal pro Tag verabreicht, die Initialdosis beträgt 1 mg. Die Tagesmaximaldosis von Prazosin beträgt 20 mg. Patienten mit benigner Prostatahypertrophie erhalten zwei Mal täglich 1 bis 5 mg.

Terazosin. Der selektive α1-Blocker Terazosin, VicardR, hat eine etwas geringere Wirksamkeit als Prazosin und unterscheidet sich vor allem in seinen pharmakokinetischen Eigenschaften. Terazosin ist wasserlöslich und hat eine Bioverfügbarkeit von über 90% Die Plasmahalbwertszeit beträgt ungefähr 12 Stunden, die Wirkung hält über 18 Stunden an. Daher wird Terazosin nur ein Mal pro Tag verabreicht, als Initialdosis wird 1 mg empfohlen, die Tagesmaximaldosis beträgt 20 mg.

Doxazosin. Der selektive α1-Blocker Doxazosin hat eine Halbwertszeit von 20 Stunden und eine Wirkdauer von über 36 Stunden. Bioverfügbarkeit und Metabolismus in der Leber sind mit Prazosin vergleichbar. Ergebnisse einer kontrollierten Studie stellten die antihypertensive Monotherapie mit Doxazosin in Frage. Die Initialdosis von Doxazosin ist 1 mg, die Tagesmaximaldosis beträgt 16 mg.

Urapidil. Der selektive α1-Blocker Urapidil hat eine Halbwertszeit von 3 Stunden. Bei Patienten mit hypertensiver Krise oder hypertensivem Notfall stellt die intravenöse Infusionstherapie mit Urapidil eine sichere und effektive Behandlung dar. Die orale Langzeitbehandlung erfolgt mit Urapidil in retarder Darreichungsform in einer maximalen Dosis von 60 mg 2 Mal pro Tag.



 

Therapeutische Anwendung der Alphablocker

Die Behandlung des hypertensiven Patienten erfolgt mit nicht-medikamentösen und medikamentösen Maßnahmen. Sollte mit Diät, sportlicher Betätigung und Änderung von Lebensgewohnheiten keine Normalisierung der Blutdruckregulation (RR < 140/ 90 mmHg) erreicht werden, ist die antihypertensive Kombinationstherapie die Therapiestrategie der Wahl.

Bei Patienten mit koronarer ­Risikosituation und bei Patienten mit chronischem Nierenversagen, ist die Kombinationstherapie zur Erlangung einer normotensiven Blutdruckregulation die Therapiestrategie der Wahl. In Kombination mit einem ­Diuretikum, ß-Blocker, ACE-­Inhibitor oder Angiotensinrezeptorblocker, ist der Alphablocker eine sichere und effektive Therapie.

Zur Behandlung der hypertensiven Krise bzw. des hypertensiven Notfalls, sowie zur intra- und postoperativen Blutdrucksenkung, ist die intravenöse Therapie mit Urapidil eine Therapiestrategie der ersten Wahl. Die Behandlung mit Urapidil-Ampullen erfolgt zunächst als Kurzinfusion oder intravenöser Bolus in einer Dosis von 10 bis 50 mg, wobei eine Wiederholung möglich ist.

Die weitere Behandlung erfolgt mittels Dauertropf, 250 mg Urapidil in 500 ml Infusionslösung, in einer initialen maximalen Dosis von 2mg/min und einer Erhaltungsdosis von 9 mg/ Stunde. Die Infusionsbehandlung mit Urapidil sollte maximal 7 Tage dauern.

 

Zusammenfassung

Der Alphablocker ist ein sicherer und effektiver Bestandteil der antihypertensiven Kombinationstherapie und ein wirksames Medikament zur intravenösen Behandlung der hypertensiven Krise und des hypertensiven Notfalls.

Der Alphablocker ist besonders zur Behandlung von Patienten mit chronischem Nierenversagen und zur Behandlung von Patienten mit koronarer Risikosituation geeignet. Zur Behandlung von Patienten mit chronischem Herzversagen ist der Alphablocker nicht geeignet.




Literatur:

Bryce N. Taylor; Manouchkathe Cassagnol. Alpha Adrenergic Receptors. StatPearls [Internet]. Last Update: November 4, 2020.


Quellen:

Alpha blocker, Dezember 2016 – http://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/high-blood-pressure/in-depth/alpha-blockers/art-20044214

Alphablocker. Univ.-Prof. Dr. Günter Steurer. MEDMIX 5/2005

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