Freitag, Oktober 31, 2025

Zwangsstörungen, Hoarding, körperdysmorphe Störungen und Zwangsspektrumsstörungen

Auch wenn sich Betroffene selber dagegen wehren, verschwinden Zwangsstörungen, Hoarding, körperdysmorphe Störungen und Zwangsspektrumsstörungen nicht so einfach verschwinden.

Zwangsstörungen, Zwangsspektrumsstörungen, Hoarding und körperdysmorphe Störungen sind wiederkehrende Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen. Betroffen sind Menschen, die bestimmte Gedanken, Vorstellungen oder auch Gegenstände nicht loslassen können. Manche kontrollieren zigfach Türen und Geräte. Oder weiter waschen manche Betroffenen ihre Hände, bis die Haut zerstört ist. Manche sammeln nutzlose Gegenstände, bis die eigene Wohnung faktisch unbewohnbar ist. Schließlich verzweifeln manche Menschen an subjektiv als entstellend wahrgenommenen körperlichen Unregelmäßigkeiten, die Außenstehenden gar nicht auffallen.



Symptome von Zwangsstörungen können sich auf vielfältige Art und Weise äußern. Gemeinsam ist all diesen Störungsbildern, dass die unangenehmen Vorstellungen oder Impulse einfach nicht verschwinden wollen, obwohl die Betroffenen sich selber dagegen wehren. Neueste Daten zeigen auch eine beeinträchtigte Schlafqualität und Schlaflosigkeit bei betroffenen Menschen.

Es entstehen quälende Denk- oder Handlungsroutinen, die kurzfristig die unangenehmen Gefühle in Schach halten. Langfristig werden sie aber selbst zur Beeinträchtigung, indem sie sehr viel Zeit und Kraft in Anspruch nehmen und auf andere Menschen befremdlich und unnötig wirken.

 

Zwangsstörungen und Zwangsspektrumsstörungen als neue Kapitel im DSM-5

Das DSM-5 ist über die USA hinaus wegweisend für die Klassifikation psychischer Störungen.  In einer Ausgabe des Diagnostischen und Statistischen Manuals psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft APA (DSM-5) haben unlängst Zwangsstörungen und Zwangsspektrumsstörungen ein eigenes Kapitel erhalten. Im Grunde genommen wird mit dem Begriff Zwangsspektrumsstörungen auch das Gemeinsame zwischen bestimmten Störungsbildern betont.

Die Einführung des neuen Kapitels im DSM-5 ist ein wichtiger Schritt, um die Bedeutung solcher Krankheitsbilder zu unterstreichen und die Forschung zu Ursachen und spezifischen Behandlungsmöglichkeiten entscheidend voranzubringen.

 

Hoarding

Einige Störungsbilder wurden im DSM-5 erstmals als eigenständiges Bild definiert, zum Beispiel der Sammelzwang, als Messie-Syndrom oder aus dem Englischen auch als Hoarding bekannt. Von dieser Störung betroffene Menschen sammeln unnütze Gegenstände oder auch Tiere in ihrer Wohnung an –das sogenannte Animal Hoarding –, obwohl Hygiene und Lebensraum dadurch erheblich eingeschränkt werden.

In der kognitiv-behavioralen Verhaltenstherapie werden die wichtigsten Hoarding-Faktoren des Patienten aufgeschlüsselt. Dazu gehören Informationsverarbeitungsdefizite, fehlerhaft angepasste Vorstellungen und emotionale Bindung an Besitz sowie emotionaler Stress und Vermeidung. Häufig ist die Bereitschaft der Betroffenen, sich behandeln zu lassen, gering und die Therapieabbruchrate ist groß.



Dementsprechend haben Experten eine spezielle Verhaltenstherapie für Hoarding entwickelt. Eine wichtige Rolle spielen vorgegebene Verhaltensänderungen, kognitive Strategien sowie Darstellungen von Problemsituationen im häuslichen Umfeld. Einschließlich der Verhinderung von Reaktionen, Rückfallprophylaxe, etc. Bei fehlender Motivation für eine Verhaltenstherapie kann auch eine Pharmakotherapie empfohlen werden.

 

Körperdysmorphe Störung

Der Kategorie der Zwangsspektrumsstörungen wird nun auch die körperdysmorphe Störung zugeordnet. Hintergrund dieser Störung ist vor allem ein weit verbreiteter, durch Filme und Medien sowie immer mehr auch durch das Internet gehuldigter Schönheitswahn der Menschen. Kennzeichnend ist eine über die Maßen krankhafte, kritische Beschäftigung mit dem eigenen Äußeren.

Die körperdysmorphe Störung ist ein weit verbreitetes, wenn auch wenig bekanntes Störungsbild, bei dem eine psychotherapeutische Behandlung einige Erfolge zeigt. Allgemein ist eine körperdysmorphe Störung schwierig zu behandeln und wurde bis dato schlecht untersucht. Es gibt Verhaltenstherapie-Studien im ambulanten Bereich, die eben zeigen, dass eine Psychotherapie sinnvoll sein kann.

Die körperdysmorphe Störung geht auch mit einer inneren und sozialen Abgrenzung der Betroffenen von ihrem Umfeld einher. Dabei spielt es keinerlei Rolle, wenn Lebenspartner und Angehörige, aber auch Freunde, Kollegen, Ärzte und Psychologen beteuern, dass es am Aussehen der betroffenen Person nicht auszusetzen gäbe.




Literatur:

Chee IS, Kim HJ, Lee Y, Kim JW. Body Dysmorphic Disorder, Psychiatric Symptoms, and Quality of Life in Female Dermatological Patients. Neuropsychiatr Dis Treat. 2020 Dec 3;16:2921-2928. doi: 10.2147/NDT.S284077. PMID: 33311980; PMCID: PMC7725143.

Malcolm A, Pikoos TD, Castle DJ, Rossell SL. An update on gender differences in major symptom phenomenology among adults with body dysmorphic disorder. Psychiatry Res. 2020 Nov 28;295:113619. doi: 10.1016/j.psychres.2020.113619. Epub ahead of print. PMID: 33278744.

Mahnke AR, Linkovski O, Timpano K, van Roessel P, Sanchez C, Varias AD, Mukunda P, Filippou-Frye M, Lombardi A, Raila H, Anderson K, Sandhu T, Wright B, McCarthy EA, Garcia GE, Asgari S, Qiu T, Bernert R, Rodriguez CI. Examining subjective sleep quality in adults with hoarding disorder. J Psychiatr Res. 2020 Nov 3:S0022-3956(20)31056-6. doi: 10.1016/j.jpsychires.2020.10.044. Epub ahead of print. PMID: 33309063.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychologie – http://www.dgps.de/

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