Dienstag, März 18, 2025

Enuresis – beim Einnässen von Kindern an alles denken

Prinzipiell muss man zwischen der klassischen Enuresis und der nicht organischen und organischen Harninkontinenz unterscheiden.

Beim Einnässen von Kindern muss man zwischen erstens der klassischen Enuresis, dem nächtlichen Einnässen, das heißt der unfreiwilligen Blasenentleerung zur falschen Zeit am falschen Ort jenseits des fünften Lebensjahres und zweitens der nicht organischen (funktionellen) und organischen Harninkontinenz als Ausdruck einer Harnspeicher- oder/und -Entleerungsstörung unterscheiden.

Enuresis – nächtliche Inkontinenz

Man spricht auch von der monosymptomatischen Enuresis, das heißt, die Kinder haben tagsüber keine Symptomatik, leiden aber an einer intermittierenden nächtlichen Inkontinenz. Von der Enuresis sind fünf bis zehn Prozent der Siebenjährigen betroffen, spontan werden pro Jahr etwa 15 Prozent symptomfrei, etwa sieben Prozent begleitet diese Beschwerden bis in das Erwachsenalter. Von primärer Enuresis (PEN) spricht man, wenn die Kinder noch nie für eine längere Zeit trocken waren, im Gegensatz zur sekundären Enuresis nach einer längeren beschwerdefreien Zeit.

Die drei Hauptursachen sind

  1. die pathologische erhöhte nächtliche Urinproduktion aufgrund eines Mangels an Antidiuretischem Hormon
  2. eine im Vergleich dazu kleine und instabile Blase nur nachts und
  3. eine erschwerte Weckbarkeit.

Letztlich besteht eine nächtliche Störung der Kommunikation zwischen Blase und Gehirn, jüngst auch als Störung eines existierenden Biorhythmus -– dem Zusammenspiel von Niere, Blase und Gehirn – bezeichnet.

Genetisch verhält sich die PEN sehr heterogen, Loci sind beschrieben auf Chromosom 12, 13 und 22. Es besteht eine familiäre Häufung.

Die Diagnostik basiert auf einer exakten Anamnese und einem Miktionsprotokoll, mit dem über drei bis fünf Tage die nächtlich ausgeschiedenen Mengen, das Trinkverhalten und die funktionelle Blasenkapazität tagsüber ermittelt werden. Eine Uroflowmetrie (Harnstrahlmessung) und ein Ultraschall sind optional, helfen aber, eine okkulte Tagessymptomatik zu erkennen, was therapeutisch entscheidend ist. Eine rechtzeitige proaktive Behandlung der PEN vermeidet negative Konsequenzen wie reduziertes Selbstwertgefühl, sozialen Rückzug und eine gestörte Schlafarchitektur bei Kind und Familie.

Therapeutisch steht eine allumfassende Er-/Aufklärung über Enuresis im Vordergrund, zusammen mit supportiven Maßnahmen wie Optimieren des Trinkverhaltens, des Toilettengangs und Biofeedback via Enuresis-Kalender mit täglicher Dokumentation trockener und nasser Nächte. Die Erfahrungen in einer großen kinderurologischen oder speziellen Enuresis-Sprechstunde zeigen, dass viele Kinder – vor allem mit PEN –nächtliche Trockenheit erreichen, indem man i. R. der intensiven Evaluierung eine okkulte Tagessymptomatik erkennt, etwa eine zu kleine funktionelle Blasenkapazität, und diese medikamentös und durch Änderung des Trinkverhaltens erfolgreich therapiert. Bei zu hoher nächtlicher Urinproduktion erreicht man in bis zu 70 Prozent Trockenheit durch Gabe von Desmopressin (DDAVP), einem Analogon des Antidiuretischen Hormons. Heute häufig in Form einer Schmelztablette verabreicht. Steht die nächtliche Urinüberproduktion oder eine zu kleine Blase nicht im Vordergrund, erreicht man mit der klassischen Konditionierungstherapie (Alarmtherapie, Klingelhose) in bis zu 80 Prozent Trockenheit. Dabei löst ein feucht gewordener Sensor meist über Funk einen Alarm aus. Die Kinder werden dann irgendwann wach und gehen auf die Toilette, bevor das Bett nass ist.

Harninkontinenz als Ursache für Einnässen bei Kindern

Man spricht – als ungeschmeidige Übersetzung der übernommenen internationalen Begriffe „LUTS“ (lower urinary tract symptoms) und „LUTD“ (lower urinary tract dysfunction) – auch von „Symptomen/Störungen der unteren Harnwege“. Unter den in eine kinderurologische Spezialsprechstunde überwiesenen Kindern mit „Einnässen-Symptomatik“ machen sie gut 50 Prozent aus, neben circa 50 Prozent mit PEN. Knapp zehn Prozent der Schulkinder sind betroffen. Unter Ausblendung der organischen Harninkontinenz als Folge struktureller Anomalien wie zum Beispiel der Blasenspalte oder der Spina bifida, unterscheidet man vier wichtige Formen der funktionellen Harninkontinenz:

  • die überaktive Blase mit Dranginkontinenz

  • den meist habituellen Miktionsaufschub mit Haltemanövern

  • die dyskoordinierte Miktion

  • und die unteraktive Blase.

Eine inkomplette oder verzögerte Reifung des „sophisticated“ Blasen-Sphinkter-Komplexes spielt ursächlich die Hauptrolle. Risikofaktoren und Komorbiditäten sind häufig: Obstipation und Stuhlinkontinenz, Harnwegsinfektionen und Reflux, kinder- und jugendpsychiatrische Komorbiditäten (zum Beispiel ADHS) und Entwicklungsstörungen.

 

Diagnostik und Therapie

Diagnostisch steht bei den genannten Maßnahmen zur klassischen der Ausschluss organischer Ursachen im Vordergrund – mit Restharnbestimmung, Uroflowmetrie, Sonografie, bis hin zu radiologischer Diagnostik, Urodynamik und Blasenspiegelung.

Therapeutisch – die Ansätze sind entsprechend komplex – erreicht man mit einer Standard- oder spezifischen Urotherapie Erfolge in bis zu 80 Prozent der Fälle. Aber auch eine medikamentöse Therapie ist häufig erforderlich.


Quelle:

Statement »Immer noch nicht trocken? Beim Einnässen von Kindern an alles denken und optimal behandeln« von Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), Chefarzt der Kinderchirurgischen Abteilung des Klinikums Augsburg anlässlich der 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).


Literatur:

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