Freitag, April 26, 2024

Speiseröhrenkrebs behandeln mit einem neuen Therapie-Ansatz

Eine medikamentöse Strategie, die bereits bei Leukämien im klinischen Einsatz ist, könnte auch eine erfolgversprechende Option sein, um erfolgreich Speiseröhrenkrebs behandeln zu können.

Forscher des Universitätsklinikums Freiburg behandelten gesunde und entartete Speiseröhrenepithelzellen mit „epigenetisch“ wirksamen Substanzen, die das Erbgut der Krebszellen brüchig machen. Während die gesunden Zellen überlebten, starben die Krebszellen ab.

Ein solcher epigenetischer Therapie-Ansatz könnte bei inoperablem Speiseröhrenkrebs – dem Ösophaguskarzinom – zielgerichteter wirken als bisherige Strahlen-und Chemotherapien. Die in der Zeitschrift Epigenetics veröffentlichte Studie könnte langfristig zu effektiveren und verträglicheren Krebs-Therapien beitragen.

 

Immer öfter muss man Speiseröhrenkrebs behandeln

Speiseröhrenkrebs gehört zwar zu den selteneren Tumorerkrankungen, doch gleichzeitig zeigt er aber eine der höchsten Zuwachsraten an Neuerkrankungen – vermutlich aufgrund der veränderteren Lebens- und Ernährungsgewohnheiten.

Wichtigste Risikofaktoren sind langjähriges Sodbrennen, Alkoholkonsum und Rauchen. Es gibt zwei häufige histologische und klinische Typen von Speiseröhrenkrebs: das Adenokarzinom und das Plattenepithelkarzinom.

Bislang werden Erkrankte chirurgisch, mit Strahlen- oder Chemotherapie. Oft muss man auch mittels einer Kombinationstherapie aus beiden Speiseröhrenkrebs behandeln. Wegen der meist späten Diagnose überlebt aber gerade einmal jeder fünfte Patient mehr als fünf Jahre – trotz Therapie.

 

Epigenetische Behandlung wirkt gezielt gegen Krebszellen und bietet Ansatz gegen Speiseröhrenkrebs

Einen gänzlich neuen Ansatz im Kampf gegen Speiseröhrenkrebs hat nun die Forschergruppe von Prof. Dr. Silke Lassmann und Prof. Dr. med. Martin Werner am Institut für Klinische Pathologie des Universitätsklinikums Freiburg erprobt. Die jetzt erschienene Studie ist in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung entstanden, dem Prof. Lassmann und Prof. Werner angehören sowie dem Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg, an dem Prof. Lassmann Assoziiertes Mitglied ist.

Im Labor behandelten sie mit ihrem Team junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Zellkulturen aus normalen und entarteten Zellen mit vier „epigenetisch“ wirksamen Substanzen, die das Erbmaterial auflockern und dadurch zerbrechlicher machen. Bricht das Erbmaterial, führt dies meist zum Absterben der Zelle. Die Wirkstoffe wurden jeweils allein und in Kombination auf die Zellen aufgebracht. Während sich die Zellen gegen einzelne Substanzen zur Wehr setzen konnten, starben die Krebszellen bei der Kombination der beiden Stoffe Entinostat und Azacitidin. Gesunde Zellen nahmen auch dann keinen Schaden.

Entinostat ist ein Klasse 1 HDAC-Inhibitor, mit besonderer Affinität zu HDAC1&3 und soll somit als Zytostatikum verwendet werden.

„Gesunde Zellen haben offenbar noch einen Plan B, also Schutz- und Reparatur-Mechanismen, die bei Krebszellen nicht mehr funktionieren. Das macht die Krebszellen anfälliger“, sagt Prof. Lassmann. Welche Schutzmechanismen bei gesunden Zellen vorhanden sind und bei Krebszellen fehlen, möchten die Forscher als nächstes herausfinden. Azacitidin ist bereits für die Behandlung von Leukämien zugelassen. Für Entinostat läuft derzeit die Zulassung in der Krebstherapie.

 

Ergebnisse möglicherweise auch auf andere Tumoren übertragbar

In Gewebeschnitten von operativ entferntem Speiseröhrenkrebs wiesen die Forscher jene Zielstrukturen nach, gegen die die epigenetischen Wirkstoffe gerichtet sind. Auch in Darmkrebs-Gewebe und anderen Tumorarten des Magen-Darm-Trakts ließen sich dieselben molekularen Ziele identifizieren. Das spricht dafür, dass sich die Erkenntnisse zumindest teilweise auf andere Tumorarten übertragen lassen.

„Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass sich daraus ein neuer Ansatz im Kampf gegen Speiseröhrenkrebs entwickeln lässt. Aber klar ist: das ist nur ein erster Schritt und viele weitere müssen folgen“, dämpft Prof. Lassmann zu große Hoffnungen.

Quelle:

Ahrens TD1, Timme S, Hoeppner J, Ostendorp J, Hembach S, Follo M, Hopt UT, Werner M, Busch H, Boerries M, Lassmann. Selective inhibition of esophageal cancer cells by combination of HDAC inhibitors and Azacytidine. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25923331

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