Hirndoping wird in der Schweiz eher abgelehnt: die überwiegende Mehrheit der befragten Studierenden sprachen sich gegen pharmazeutische kognitive Leistungssteigerung aus.
In der Schweiz wird ehrlich studiert: Die überwiegende Mehrheit der in der vorliegenden Studie befragten Schweizer Studierenden sprachen sich gegen pharmazeutische kognitive Leistungssteigerung aus. Dennoch sollte das Thema von den Universitäten aktiver behandelt werden, fordern die Studienautoren im Wissenschaftsjournal Plos One.
Hirndoping ist unfair
Hirndoping bzw. kognitive Leistungssteigerung durch Arzneimittel ist unfair – diese Meinung vertreten 70% der Studierenden in der Schweiz. In einer Studie mit über 3000 Teilnehmenden erforschte das Team von Prof. Matthias Liechti vom Universitätsspital Basel in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung der Universität Zürich die Haltung von Hochschülern zum Missbrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Ritalin versus Energydrinks als Hirndoping
Der Fragebogen, der von Studierenden der Universitäten Basel und Zürich und der ETH Zürich beantwortet wurde, fragte nach Gebrauch und Einstellung zu Substanzen wie Ritalin, Antidepressiva, dem gegen Schlafkrankheiten eingesetzten Modasomil und Betablockern sowie einer Vielzahl an Freizeitdrogen.
22% der Befragten gaben an, mindestens einmal einen der genannten Stoffe zum effektiveren Lernen benutzt zu haben. Studierende, die Erfahrung mit Leistungssteigerung durch Arznei hatten, bewerteten die Nutzung pharmazeutischer Wirkstoffe dann auch viel wohlwollender (24% halten sie für fair), als solche ohne (11%).
Hirndoping ist unfair und unsicher
Ein Grossteil der teilnehmenden Studierenden drückte Bedenken hinsichtlich Risiken und Nebenwirkungen von Wirkstoffen aus. Weiters zeigten sich viele besorgt, dass bei verbreitetem Gebrauch Druck auf Nicht-Anwender entstehen könnte, die kognitiven Fähigkeiten ebenfalls durch pharmazeutische Wirkstoffe zu erhöhen. Die Frage, ob die Hochschulen deren Verwendung strikt regulieren sollten, spaltete die Befragten jedoch in zwei gleich grosse Lager.
Der grösste Kritikpunkt blieb die Fairness. Zwei Drittel verglichen die pharmazeutische kognitive Leistungssteigerung mit Doping im Sport und 80% waren der Meinung, dass mit Hirndoping erreichte Resultate eine geringere Anerkennung verdienten – dies sei in einem kompetitiven Umfeld nicht akzeptabel. Lediglich bei Studierenden mit einer diagnostizierten psychischen Erkrankung und einer ärztlichen Verschreibung wurde die Nutzung von Medikamenten mehrheitlich gebilligt (64%).
Liechti und sein Team zeigten sich zufrieden mit dem Umfang der Meinungsäusserung, räumten aber ein, dass bei einer Beteiligungsrate von lediglich 10% (fast 30’000 Fragebögen waren verschickt worden), möglicherweise nicht die Meinung aller Studierenden an Schweizer Universitäten repräsentiert sei. Sie kamen zum Schluss, dass die pharmazeutische kognitive Leistungssteigerung an Hochschulen künftig überwacht werden sollte. Ausserdem sollten Studierende umfassend über das Thema informiert werden – vor allem die Bedenken hinsichtlich Mitmachzwang seien vermutlich auf mangelndes Verständnis des tatsächlich geringen Nutzens von Hirndoping zurückzuführen.