Die Wirkung von Cortisol ist vielfältig. Nun haben Schweizer Forscher entdeckt, dass das Anti-Stresshormon auch das Verlangen nach Heroin hemmen kann.
Jede Sucht ist gekennzeichnet durch ein starkes Verlangen nach dem entsprechenden Suchtmittel wie Nikotin, Alkohol oder anderen Drogen. Forscher der Universität Basel konnten in einer Studie bei Heroinabhängigen zeigen, dass die hemmende Wirkung von Cortisol das Suchtverlangen reduzieren kann.
Verschiedenartige Wirkungen von Cortisol
Die Wirkung von Cortisol äußert sich vor allem darin, dass der Körper vor den negativen Folgen von starkem Stress geschützt wird. Man spricht deswegen vom Anti-Stresshormon. Die Cortisolwirkung sorgt zudem für eine Anpassung des Körpers an aktuelle Umweltbedingungen.
Die gemeinsame Wirkung von Cortisol und Insulin trägt bekanntermaßen zur Regulierung des Blutzuckerspiegels bei. Weiter vermutet man, dass Cortisol tendenziell den Blutdruck steigern kann.
Durch eine intensivierte Cortisolausschüttung neigt der Körper zu einer stärkeren Schweißproduktion. Außerdem verlangsamt sich die Verdauung, da vermehrt Blut in die Muskeln geleitet wird. Schließlich steigt auch der Blutzucker aufgrund des höheren Energiepegels. Der Körper benötigt viel Cortisol zur Bewältigung von Stress und schraubt seine Produktion in die Höhe.
Wirkung von Cortisol auf Heroin
Heroin ist eine Droge mit einem sehr hohen Abhängigkeitspotenzial und ruft bei Süchtigen ein ausgesprochen starkes Suchtverlangen hervor. Welche Wirkung hat nun das Stresshormon Cortisol auf das Suchtverlangen bei Heroinabhängigen? Basler Forscher hatten in früheren Studien entdeckt, dass Cortisol den Gedächtnisabruf verringert – das Gehirn konnte also nach der Einnahme des Hormons Erinnerungen schlechter abrufen.
So lindert Cortisol beispielsweise die Symptome von Patienten mit Angsterkrankungen, indem es das Angstgedächtnis der Patienten hemmt. Die Wissenschaftler vermuteten, dass sich Cortisol auch auf das Suchtgedächtnis hemmend auswirkt und damit das Verlangen nach dem Suchtmittel reduzieren könnte.
25%-ige Abnahme des Suchtverlangens im Vergleich zu Placebo
In der eingangs zitierten Studie erhielten 29 Patienten, die sich in einer heroingestützten Behandlung befanden, vor der Heroinabgabe entweder eine Tablette mit Cortisol oder ein Scheinpräparat.
Die Einnahme des Stresshormons führte bei den Süchtigen zu einer Abnahme des Suchtverlangens um durchschnittlich 25%. Und zwar im Vergleich zum Scheinpräparat (Placebo).
Neben anderen Tests mussten die Teilnehmer die Stärke ihres Suchtverlangens auf einer sogenannten Visuellen Analogskala (VAS) anzeigen, eine Skala zur Messung von subjektiven Empfindungen. Zu beobachten war diese Abnahme bei den Patienten, die von einer relativ niedrigen Dosis Heroin abhängig waren, nicht aber bei schwer abhängigen Patienten.
Literatur:
M Walter, D Bentz, N Schicktanz, A Milnik, A Aerni, C Gerhards, K Schwegler, M Vogel, J Blum, O Schmid, B Roozendaal, U E Lang, S Borgwardt, D de Quervain. Effects of cortisol administration on craving in heroin addicts. Translational Psychiatry (2015), doi: 10.1038/TP.2015.101