Freitag, April 26, 2024

EU-Großforschungsprojekte in der Augenheilkunde

Germany goes Europe – Ergebnisse aktueller EU-Großforschungsprojekte in der Augenheilkunde – Statement von Professor Dr. med. Claus Cursiefen.

„Die Augenheilkunde ist ein sehr erfolgreiches Fach der Medizin. Wir können vielen unserer Patienten helfen. Dennoch gibt es seltene (zum Beispiel Netzhautdystrophien, Aniridie), aber auch sehr häufige Erkrankungen (zum Beispiel Glaukom, trockenes Auge), die nicht gut verstanden sind und für die wir noch keine optimale Therapie haben. Dagegen hilft nur Forschung zum Nutzen des Patienten. Forschung benötigt nicht nur enthusiastische Ärzte und Forscher, sondern auch Geld. Hier ist wegen der unzureichenden Grundausstattung der Universitäten die Drittmittelförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und in zunehmendem Maße auch die Förderung durch die EU wichtig. Forschung gelingt zunehmend nur in Gruppen und im internationalen Kontext, vor allem auch in Kooperationen innerhalb Europas und darüber hinaus. Das Ziel des hier angesprochenen Symposiums ist es, zu zeigen, an welchen EU-geförderten Großforschungsprojekten die deutsche Augenheilkunde federführend beteiligt ist.

Ein Beispiel ist das Projekt VISICORT: Wie kann man Transplantatüberleben verbessern?(www.visicort.eu/partners/charite-universitatsmedizin-berlin). Hier wird unter anderem unter Beteiligung der Universitätsaugenklinik der Charité, Berlin, unter Leitung von Herrn Professor Uwe Pleyer versucht, die Entstehung von Abstoßungsreaktionen nach Hornhauttransplantation im Kontext mit europäischen Forschungspartnern besser zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln.

Das Projekt EYE-RISK (www.eyerisk.eu) unter Leitung von Herrn Professor Marius Ueffing an der Universitäts- Augenklinik Tübingen beschäftigt sich im Verbund mit zahlreichen europäischen Partnern mit einem systemischen Ansatz zur Klassifizierung von AMD-Patienten, der Etablierung von neuen Risikofaktoren und neuen pathogenetischen Mechanismen.

Das Projekt STRONG (www.strong-nvg.com) unter der Leitung von Herrn Professor Norbert Pfeiffer in Mainz versucht als europäische klinische Studie, einen neuen anti-angiogenen Therapieansatz gegen die Entstehung des neovaskulären Glaukoms zu entwickeln (14).

Das Projekt ARREST BLINDNESS (www.arrestblindness.eu) unter der Leitung von Professor Claus Cursiefen an der Universitätsaugenklinik in Köln beschäftigt sich unter anderem mit der Entwicklung neuer Bildgebungsverfahren zur Darstellung von klinisch nicht sichtbaren Lymphgefäßen und mit einer Pilotstudie zur Anwendung von Fischschuppenkollagen als Hornhautersatz bei Hochrisikopatienten.

Abschließend beschäftigt sich das Projekt MACUSTAR unter Leitung von Herrn Professor Frank Holz an der Universitäts-Augenklinik in Bonn mit Risikofaktoren und klinischen Endpunkten bei der intermediären altersabhängigen Makuladegeneration (AMD).

Die Forschungsförderung der EU hat in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Seit 1984 werden Forschungsfördermittel in Form von Rahmenprogrammen vergeben, um die Kooperation von Forschungseinrichtungen europäischer Mitgliedsstaaten zu intensivieren. Lag das Fördervolumen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms noch bei 54,4 Milliarden Euro, so wurden mit dem zum 1. Januar 2014 gestarteten EU- Rahmenprogramm HORIZON 2020 rund 77 Milliarden Euro (40 Prozent Steigerung) für Forschung und Innovation im europäischen Forschungsraum zur Verfügung gestellt. Dieses Forschungs- und Innovationsprogramm bündelt die Forschungsförderprogramme auf europäischer Ebene und ist noch stärker als die bisherigen Programme auf Kooperation  zwischen Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft sowie Innovation ausgerichtet. Es wird wesentlich dazu beitragen, den Wissenschaftsraum Europa weltweit sichtbar zu stärken, was in Zeiten, in denen die europäische Wirtschafts- und Währungsunion in der öffentlichen Kritik steht, von besonderer Bedeutung ist.

Neben diesen Förderprojekten im Rahmen des europäischen Forschungsförderkonzeptes HORIZON 2020 gibt es im Rahmen der EU-COST-Förderlinie eine Förderung der Netzwerkbildung auf europäischer Ebene zum Beispiel auch im Bereich der Augenheilkunde. Das Projekt COST BM1302 „Joining Forces in Corneal Regeneration“ (www.biocornea.eu) versucht, ein Netzwerk auf europäischer Ebene zu etablieren, in dem an der Erforschung  von Hornhaut- und Augenoberflächenerkrankungen interessierte Forscher und Kliniker zusammengebracht werden, um die Entwicklung von neuen Keratoprothesen voranzutreiben (Koordinatoren: Professor Cursiefen, Köln, und Professor Jager, Leiden/Niederlande).  Dieses von der EU für vier Jahre geförderte Instrument erlaubt es, vor allem durch die Förderung junger Forscher und den Austausch von jungen Klinikern und Wissenschaftlern auf europäischer Ebene eine Netzwerkbildung und Förderung der augenheilkundlichen Forschung zu erzielen. Aufbauend auf diesem europäischen Forschernetzwerk wurde zum Beispiel das erfolgreiche HORIZON-2020-Projekt ARREST BLINDNESS beantragt. Auch hier sollte die deutsche augenheilkundliche Forschung weiter versuchen, an europäischen Großprojekten beteiligt zu sein beziehungsweise diese zu koordinieren.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die deutsche augenheilkundliche Forschung in hohem Maße und auf vielfältige Weise europäisch und international vernetzt ist und ihren erfolgreichen Beitrag zum Wissenszuwachs, wie schon historisch, auch aktuell leisten kann. In Anbetracht des rasanten Aufschwungs asiatischer Länder besteht jedoch Handlungsbedarf, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und seiner Leistungsträger im internationalen Vergleich zu sichern und zu stärken. Dazu gehören zum Beispiel die verstärkte Förderung von sogenannten Clinician Scientists, bessere Karriereendpunkte für Naturwissenschaftler in der Augenheilkunde, verstärkte Unterstützung für klinische Studien in der Augenheilkunde und die bessere Forschungsunterstützung für bessere Therapien von „augenärztlichen Volkskrankheiten“ wie dem Glaukom, dem trockenen Auge, der AMD et cetera. Gerade auch im Kontext der aktuellen politischen Entwicklungen möchten wir klarmachen, wie sehr die Augenheilkunde-Forschung den europäischen Kontext und die europäische Förderung benötigt. Germany goes Europe.

Quelle:

Germany goes Europe – Ergebnisse aktueller EU-Großforschungsprojekte in der Augenheilkunde – Statement von Professor Dr. med. Claus Cursiefen, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Augenheilkunde, Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemeine Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln, am DOG-Kongress 2017

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