Freitag, April 26, 2024

Essstörung Anorexia nervosa mit gefährlichen Auswirkungen auf die Blutgefäße

Anorexia nervosa ist mehr als eine Essstörung, Betroffene – meist junge Frauen – leiden nicht nur psychisch extrem, sondern auch physisch – wie gefährliche Auswirkungen auf Blutgefäße.

Neben einer verzerrten Selbstwahrnehmung verursacht die Essstörung Anorexia nervosa durch ihre ständige Unterernährung auch schwere Schäden in verschiedensten Bereichen des Körpers. Das können bereits in jungen Jahren Herzrhythmusstörungen, Störungen des Elektrolyt- und Hormonhaushalts sowie Osteoporose sein. Zudem kann eine Magersucht aber auch viele weitere Probleme verursachen. Das sind beispielsweise signifikante Veränderungen des Cholesterinhaushalts ls Folge der Anorexia nervosa in den Fokus genommen. Julia Stadler vom Lehrstuhl für Pharmakologie der Meduni Graz berichtet dazu über die negativen Auswirkungen der Essstörung Anorexia nervosa auf das System der Blutgefäße.



 

Lipoproteine als Transportpartikel für Cholesterin

Verstopfte Gefäße aufgrund von Ablagerungen von Blutfetten und anderen Stoffen sind eine Folge einer Vielzahl von Störungen und Krankheiten. Eine wichtige Rolle spielen hierzu die sogenannten Lipoproteine. Laien sind meist zwei dieser Lipoproteine bekannt. Und zwar das „gute“ HDL (High-density-Lipoprotein) und das „böse“ LDL (Low-density-Lipoprotein). Beide erfüllen wichtige Aufgaben: LDL transportiert Cholesterin von der Leber in die verschiedenen Gewebe des Körpers, HDL bringt nicht benötigtes Cholesterin wieder zurück in die Leber.

„Darüber hinaus wurde in den letzten Jahren gezeigt, dass HDL-Partikel auch weitere schützende Funktionen wie anti-oxidative oder anti-entzündliche Aktivitäten haben“, erläutert Julia Stadler die günstigen Eigenschaften der HDL-Partikel. Die beiden Lipoproteine sind praktische körpereigene Transportpartikel für wasserunlösliche Stoffe wie Cholesterin, Fettsäuren oder verschiedene Vitamine.

Eine hohe Konzentration von LDL im Blut führt allerdings oft zu Fetteinlagerungen in den Wänden von Blutgefäßen und so schlussendlich zu Arteriosklerose.



 

Gefährliche Zunahme von LDL-Partikeln bei der Essstörung Anorexia nervosa

Oft wird die Arteriosklerose aufgrund von Cholesterin mit Übergewicht in Verbindung gebracht. Die neue Studie zeigt, dass es auch bei Menschen mit der Essstörung Anorexia nervosa zu Veränderungen im Lipoproteinhaushalt kommt. Diese können dann eine Arteriosklerose begünstigen. Während die Untersuchungen keine signifikanten Veränderungen beim HDL-Cholesterin finden konnten, gibt es bei den untersuchten Patienten eine negative Auswirkung auf die LDL-Partikel im Blut.

Wobei nicht jedes LDL gleich ist. Es gibt Untergruppen, die ein höheres bzw. niedrigeres Risiko für atherogene – also Arteriosklerose hervorrufende – Veränderungen der Blutgefäße aufweisen.

„Lipoproteine sind äußerst komplexe Partikel, die sich in Größe und Dichte unterscheiden. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die kleineren LDL-Untergruppen wesentlich atherogener sind und sich eher in der Blutgefäßwand einlagern als die größeren Partikel“, erklärt Julia Stadler die Gefahren dieser Lipoproteine. Bei Patient*innen mit Anorexia nervosa nehmen die gefährlicheren LDL-Partikel zu, was sich negativ auf die Blutgefäße auswirken kann.

 

Erhöhter VLDL-Wert begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Eine weitere negative Veränderung im Blut von Anorexia-nervosa-Patient*innen ist das erhöhte Niveau von VLDL. VLDL (Very-low-density-Lipoprotein) ist – ähnlich wie LDL – mit einem erhöhten Risiko für Arteriosklerose bzw. Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert. Inwieweit diese Lipoproteinmarker tatsächlich mit dem Risiko einer solchen Erkrankung bei Anorexie-Patienten zusammenhängen, muss jedoch noch in größeren Studien nachgewiesen werden.




Literatur:

Stadler JT, Lackner S, Mörkl S, Meier-Allard N, Scharnagl H, Rani A, Mangge H, Zelzer S, Holasek SJ, Marsche G. Anorexia Nervosa is associated with a Shift to Pro-Atherogenic Low-Density Lipoprotein Subclasses. Biomedicines. 2022 Apr 13;10(4):895. doi: 10.3390/biomedicines10040895. PMID: 35453644; PMCID: PMC9030549.


Quelle:

Medizinische Universität Graz

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