Samstag, April 20, 2024

Kurze Therapie mit Antibiotika bei Neuroborreliose ausreichend

Eine längere, intensivere Therapie mit Antibiotika bringt bei Neuroborreliose keinen Zusatznutzen, sondern belastet die Patienten unnötig aufgrund der Nebenwirkungen.

Mehrere Studien zur Neuroborreliose zeigen, dass Patienten mit liquordiagnostisch gesicherter Neuroborreliose überwiegend gutartige Krankheitsverläufe aufweisen. Sie bestätigen auch, dass die empfohlene Therapie mit Antibiotika von zwei bis drei Wochen bei Neuroborreliose ausreichend ist. Eine längere oder intensivere Therapie mit Antibiotika bringt keinen Zusatznutzen, sondern belastet die Neuroborreliose-Patienten aufgrund der Nebenwirkungen nur unnötig.

 

Die Neuroborreliose hat meist einen gutartigen Verlauf

Seit Jahren führen viele Ärzte chronische Beschwerden wie Fatigue, Neurasthenie, Konzentrationsstörungen, Fibromyalgie sowie weitere unspezifische Symptome auf eine vermeintliche chronische Borrelien-Infektion zurück. Oft wird dann eine nicht indizierte Therapie mit Antibiotika für Wochen oder sogar Monate – teilweise in Kombination mit mehreren Substanzen – gegen eine Neuroborreliose angewendet.

Vor diesem Hintergrund haben unlängst Forscher die Prognose der Neuroborreliose durch eine umfangreiche systematische Auswertung vorhandener Therapie‐ und Verlaufsstudien mit insgesamt 1311 eingeschlossenen Patienten untersucht.

Dabei zeigte sich, dass Patienten mit einer liquordiagnostisch gesicherten Neuroborreliose überwiegend gutartige Krankheitsverläufe aufwiesen. Dagegen fanden sich deutlich häufiger ungünstige Verläufe mit unspezifischen Beschwerden bei Patienten, bei denen die Diagnose einer Neuroborreliose lediglich vermutet und nicht durch eine Liquoruntersuchung bestätigt wurde.

Dementsprechend kann man davon ausgehen, dass bei letzteren Patienten oftmals keine Neuroborreliose, sondern eine andere Erkrankung, die nicht auf Antibiotika anspricht, zugrunde liegt. Der gutartige Langzeitverlauf der Neuroborreliose wurde außerdem durch eine monozentrische klinische Verlaufsstudie aktuell bestätigt.

 

Doxycyclin: orale Antibiotika bei früher Neuroborreliose

Des Weiteren zeigt die Analyse der vorliegenden Studien zur Antibiotika-Therapie, dass eine Therapiedauer von zwei bis drei Wochen bei Neuroborreliose ausreichend ist. Eine Langzeittherapie oder die Kombination von Antibiotika bringt den Patienten keinen Vorteil. Es konnte auch gezeigt werden, dass zur Antibiotika-Behandlung der frühen Neuroborreliose das oral eingenommenes Doxycyclin gleichermaßen wirksam und verträglich ist wie intravenös zu verabreichende Betalaktam‐Antibiotika.

Ob Doxycyclin als Antibiotika-Behandlung auch wirksam genug ist bei der seltenen späten Neuroborreliose, die in weniger als 2 % aller Neuroborreliose‐Fälle manifestiert ist, lässt sich nicht abschließend klären. Hinweise für eine unzureichende Wirkung ergaben sich allerdings hierzu nicht.


Literatur:

Dersch R, Freitag MH, Schmidt S, Sommer H, Rauer S, Meerpohl JJ. Efficacy and safety of pharmacological treatments for acute Lyme neuroborreliosis. A systematic review. Eur J Neurol. 2015 Sep;22(9):1249-59. doi: 10.1111/ene.12744. Epub 2015 Jun 8. PMID: 26058321.

Dersch, R., Freitag, M. H., Schmidt, S., Sommer, H., Rucker, G., Rauer, S. & Meerpohl, J. J. (2014) Efficacy and safety of pharmacological treatments for neuroborreliosis. Protocol for a systematic review. Syst. Rev., 3, 117.

Dersch R, Sarnes AA, Maul M, Hottenrott T, Baumgartner A, Rauer S, Stich O. Quality of life, fatigue, depression and cognitive impairment in Lyme neuroborreliosis. J Neurol. 2015 Nov;262(11):2572-7. doi: 10.1007/s00415-015-7891-4. Epub 2015 Sep 26. PMID: 26410742.

Dersch R, Sommer H, Rauer S, Meerpohl JJ. Prevalence and spectrum of residual symptoms in Lyme neuroborreliosis after pharmacological treatment. A systematic review. J Neurol. 2016 Jan;263(1):17-24. doi: 10.1007/s00415-015-7923-0. Epub 2015 Oct 12. PMID: 26459093.

Rauer, S., Kaiser, R., Kölmel, H. W., Pfister, H. W., Schmutzhard, E., Sturzenegger, M. & Wilske, B. (2012) Neuroborreliose. In Diener, H. C. & Weimar, C. (eds), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, pp. 513–522.


Quelle: „Neuroborreliose – was ist gesichert, was nicht?“ – Vortrag von Prof. Dr. med. Sebastian Rauer, Freiburg. Jahrestagung der DGN, Mannheim.

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