Freitag, April 19, 2024

Die Influenza-Saison 2019/20 in Österreich

Die Influenza-Saison 2019/2020 in Österreich war im Vergleich zur Vorsaison stärker, zudem traten gegen Ende gleichzeitig SARS-CoV-2 Infektionen auf.

Die diesjährige Influenza-Saison 2019/2020 in Österreich war insgesamt betrachtet in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes. Einerseits wies der starke Anstieg der Anzahl an Influenza-Erkrankungen zu Beginn der Influenza-Saison darauf hin, dass die Saison 2019/2020 im Vergleich zur Vorsaison in Österreich stärker ausfallen wird. Andererseits traten Ende Februar (Kalenderwoche KW 09/20) erstmals SARS-CoV-2 Infektionen in Österreich auf, zu einem Zeitpunkt als das Maximum der Grippewelle gerade überwunden war. Aufgrund der Hygienemaßnahmen die zur Eindämmung von SARS-CoV-2 gesetzt wurden, ging die heurige Grippewelle nach 11 Wochen Dauer, dann relativ rasch zu Ende.

 

Daten und Fakten zur Influenza-Saison 2019 / 2020

Im Folgenden, findet man eine Übersicht zu den wichtigsten Daten und Fakten der vergangenen Influenza-Saison 2019/2020. Die heurige Grippeepidemie begann im übertragenen Sinne mit einem Knall. Manche Regionen Österreichs sind touristisch sehr stark frequentierte Gebiete, die durch ihre geographische Lage teilweise auch isoliert liegen. So können wir alljährlich noch vor Beginn der eigentlichen Influenza-Epidemie kleinräumige regionale Ausbrüche in touristisch frequentierten Tälern beobachten. Eine ähnliche Situation zeigte sich – jedoch in einem wesentlich größeren Ausmaß – zu Beginn der heurigen Influenza-Saison.

 

Grippeepidemie anfangs nur in Tirol

Bereits in der KW 50/2019 konnte in Telfs in Tirol eine regionale Aktivität von Influenza A Viren beobachtet werden. Noch in der gleichen Woche konnten in einer Schule in Innsbruck erste Fälle von Influenza nachgewiesen werden. Innerhalb von 2 Tagen erkrankten 150 von 252 Kindern der Schule. Weshalb diese und auch eine zweite Schule, die ebenfalls betroffen war, gesperrt und desinfiziert wurden.

In weiterer Folge breitete sich diese regionale Epidemie so weit aus, dass erstmals in Österreich regional nur für ein Bundesland (in diesem Fall Tirol) die Grippeepidemie ausgerufen wurde, obwohl im restlichen Bundesgebiet erst sporadisch Influenzaviren nachgewiesen werden konnten.

Die Zunahme der Influenzavirus-Aktivität konnte dann in ganz Österreich beobachtet werden. Und letztendlich wurde in der KW 03/20 der Beginn der epidemischen Influenzavirus-Aktivität auch für das restliche Österreich bestätigt (Abbildung 1).

Abbildung 1: Anzahl der Influenzavirus-Nachweise (Daten Zentrum für Virologie) und Anzahl der Neuerkrankungen an Grippe/grippalem Infekt in Wien (* Daten: MA15, Wiener Influenza Überwachungssystem) während der Influenza-Saison 2019/20
Abbildung 1: Anzahl der Influenzavirus-Nachweise (Daten Zentrum für Virologie) und Anzahl der Neuerkrankungen an Grippe/grippalem Infekt in Wien (* Daten: MA15, Wiener Influenza Überwachungssystem) während der Influenza-Saison 2019/20

Der Höhepunkt der Grippewelle wurde während der KW 04/20 bis 06/20 beobachtet, danach wurde initial ein Rückgang der Anzahl an Influenzavirus-Nachweisen in den KW 07/20 und 08/20 verzeichnet. In den darauffolgenden 3 Wochen (KW 09-11/20) kam es jedoch wieder zu einer leichten Zunahme an Influenzavirus-Infektionen, die durch eine nachfolgende Influenza B Virusaktivität verursacht wurde (Abbildung 2).

 

Influenza-Saison 2019/2020 in Österreich überschnitt sich mit dem Beginn der Corona-Pandemie

In KW 09/20 wurden in Österreich die ersten Fälle von SARS-CoV-2 Infektionen gemeldet und mit KW 11/20 kam es zum Lockdown um mit den eingeführten Hygienemaßnahmen die weitere Ausbreitung der Pandemie zu stoppen. Dies hatte die positive Nebenwirkung, dass letztendlich auch die epidemische Influenzavirus-Aktivität in KW 13/20 sehr rasch zu Ende ging.

Abbildung 2: Anzahl der nachgewiesenen Influenzavirus Typen/Subtypen pro Woche am Zentrum für Virologie, Influenza-Saison Österreich 2019/20

Eine Besonderheit dieser Grippewelle war, dass zu Beginn der Saison Influenza A Viren dominierten, wobei der Subtyp A(H3N2) (45%) etwas häufiger nachgewiesen wurde als der Subtyp A(H1N1)pdm09 (33%). Die Zirkulation der Influenza B Viren (22%) setzte zeitlich etwas verzögert ein und war vor allem gegen Ende der Grippewelle zu beobachten.

Rückblickend konnte man in Österreich somit zwei nur wenig zeitverschobene Influenza-Wellen beobachten (Abbildung 2 und 3), wobei die erste hauptsächlich von Influenza A Viren und die zweite von einer Co-Zirkulation der Influenza B mit den Influenza A Viren verursacht wurde.

 

Influenza A und B Viren

Ganz besonders interessant war heuer, dass die Dominanz der Influenzavirus Typen/Subtypen in unseren Nachbarländern sehr unterschiedlich war. Entgegen der sonst üblichen Situation, dass ein Typ/Subtyp in Europa oder zumindest in Teilen Europas dominiert, konnte heuer ein sehr buntes Bild beobachtet werden.

So waren zu Beginn der Saison beispielsweise Influenza A Viren in Italien, Österreich, Tschechien, England, Norwegen, Schweden und Polen dominant, während in Frankreich, Türkei und Russland Influenza A und B Viren zu gleichen Teilen zirkulierten. Zum Höhepunkt der Saison dominierten dann Influenza A Viren in der Schweiz, Italien, Österreich und Polen, während in Frankreich, Spanien, Norwegen und Schweden A und B Viren zu gleichen Zeilen nachweisbar waren.

Auch gegen Ende der Influenza-Saison 2019/20 änderte sich nichts an diesem variablen Bild: Influenza B zirkulierte in Spanien, Irland und Nordirland, Influenza A und B zu gleichen Teilen in Frankreich, Schweiz und Österreich, und die Influenza A Viren dominierten in Italien, Polen und Schweden.

 

Genetische Analysen

Die genetische Charakterisierung der zirkulierenden Influenzaviren in Österreich zeigte, dass die zirkulierenden A(H1N1)pdm09 Viren durch die in den Impfungen enthaltenen Impfvirusstämme abgedeckt wurden, obwohl gegen Ende der Saison Driftvarianten zu beobachten waren.

Die genaue genetische Analyse der Proben aus Innsbruck und auch aus Telfs zu Beginn der Saison zeigte, dass die dortige starke regionale Influenzaaktivität durch A(H3N2) Viren (A/Kansas/14/2017-like Viren) verursacht wurde, die durch den Influenzavirus-A(H3N2) Impfstamm gut abgedeckt waren.

Auch für das restliche Österreich zeigte sich, dass die A(H3N2) Viren gut mit dem A(H3N2) Impfvirus übereinstimmten. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, wo eine A(H3N2) Driftvariante zirkulierte, die durch die Impfung nicht optimal abgedeckt wurde.

Bei den Influenza B Viren zeigte sich, dass alle bis auf eine Probe Influenza B Viren der Victoria Linie waren. Allerdings zirkulierten hier Driftvarianten, die keine gute Übereinstimmung mit den Impfviren zeigten. Die WHO hat wie jedes Jahr die zirkulierenden Driftvarianten berücksichtigt und die Empfehlungen zur Influenza-Impfstoffzusammensetzung für die nördliche Hemisphäre der Saison 2020/21 angepasst und veröffentlicht (WHO-link: https://www.who.int/influenza/vaccines/virus/recommendations/2020-21_north/en/).

 

Gegen Neuraminidasehemmer resistent

Was die Empfindlichkeit der in Österreich zirkulierenden Influenzaviren gegenüber den spezifischen antiviralen Medikamenten betrifft, gab es keinen Hinweis auf eine epidemische Zirkulation von Influenza Viren mit einer Resistenz gegen Neuraminidasehemmer.

An Grippe und grippalen Infekten erkrankten in Österreich in der heurigen Saison 2019/2020 knapp 250.000 Menschen. Die Zahl an den daran Verstorbenen war mit knapp 650 deutlich niedriger als in den Vorjahren.

Es ist den Experten der Virologie der Meduni Wien ein Anliegen, allen Kolleginnen und Kollegen des Influenza-Sentinella-Netzwerkes zu danken. Seit vielen Jahren ist Ihre Arbeit die Grundlage für die Überwachung der Influenzaviren in Österreich. Damit ist es möglich die Grippevirus-Aktivität in Österreich zeitlich exakt zu erfassen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren.


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Quelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 23/16-8. Ass.Prof.Priv.Doz.Dr.med. Lukas Weseslindtner.

Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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