Die Opioide entfalten ihre schmerzreduzierende Wirkung nicht nur über die Opioid-Rezeptoren im Gehirn. Sie nutzen dazu auch Rezeptoren von Immunzellen.
Unter dem Strich gelten unter allen bekannten Mitteln gegen Schmerzen gelten die Opioide als die wirksamsten Analgetika. Dazu konnten Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin unlängst zeigen, dass Opioide ihre schmerzreduzierende Wirkung nicht nur über den Weg der Opioid-Rezeptoren von Neuronen im Gehirn entfalten. Stattdessen können sie auch an den Rezeptoren von Immunzellen aktiv werden.
Dementsprechend linderte im Mausmodell die Aktivierung von Opioid-Rezeptoren die Schmerzen der Tiere. Die Forscher sind davon überzeugt, dass diese Erkenntnis zu einem gänzlich neuen Verständnis der Wirkweise von Schmerzmitteln beiträgt.
Opioide sind Standard in der Schmerztherapie.
Der Begriff Opioide bezeichnet eine Gruppe schmerzlindernder Substanzen. Die Analgetika wie beispielsweise Morphin sind heutzutage Standardmittel in der Behandlung von stärkeren Schmerzen. Bislang ging man davon aus, dass die Opioide die Schmerzen verringern, indem sie die Aktivität der dafür verantwortlichen Neuronen im Gehirn hemmen.
Gegen Schmerzen und Entzündungen
Im Grunde genommen sind häufig Entzündungen für das Entstehen von Schmerzen verantwortlich. Dabei dringen in Folge auch Abwehrzellen, Immunzellen, in das betroffene, entzündete Gewebe ein. Deswegen vermuteten die Forscher, dass die Opioide möglicherweise auch an Immunzellen andocken, um gegen Schmerzen ihre Wirkung zu entfalten. Und wirklich zeigte sich, dass Opioide, die an Immunzellen andocken, auf körpereigene Schmerzhemmer wie Endorphin, Enkephalin und Dynorphin wirken. Denn diese aktivieren Opioid-Rezeptoren an Neuronen und lindern so die Schmerzen.
Anzahl der Immunzellen beeinflusste die Wirkung gegen Schmerzen
Im Mausmodell brachten jedenfalls drei unterschiedliche Opioid-Rezeptoragonisten eine Linderung der Beschwerden bei neuropathischen Schmerzen. Dabei zeigten die Forscher auch, dass bei Versuchstieren, bei denen die Anzahl von Abwehrzellen verringert wurde, die Schmerzreduktion schwächer war. Sobald die Anzahl der Immunzellen erhöht wurde, entfalteten die Opioid-Rezeptoragonisten wieder ihre volle Wirkung.
Dieser Effekt trat aber ausschließlich bei Immunzellen ein, die über Opioid-Rezeptoren verfügen. Denn nach deren Aktivierung durch die Opioide schütteten die Immunzellen körpereigene Schmerzhemmer aus. Dadurch verringerten sich die neuropathischen Schmerzen bei den betroffenen Mäusen.
Die Forscher glauben auch, dass Opioide direkt im schmerzenden, entzündeten Gewebe mit Immunzellen stärker wirken. Unter dem Strich ist diese Erkenntnis für die Linderung von Schmerzen von großer Bedeutung, wenn die Ursachen von Schmerzen mit einer Immunreaktion zusammenhängen. Dies ist beispielsweise bei Arthritis, Schmerzen nach Operationen, Nervenverletzungen sowie auch bei Krebs der Fall.
Außerdem könnte man durch die lokale Wirkung unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit, Atemstörungen sowie Opioid-Abhängigkeit vermeiden. Denn die Schmerzmittel müssten nicht über den Umweg der Neurone im Gehirn wirken. Dementsprechend könnten neue Substanzen zukünftig ihre Wirkung gegen Schmerzen ausschließlich im verletzten beziehungsweise entzündeten Gewebe entfalten.
Literatur:
Melih Ö. Celik, Dominika Labuz, Karen Henning, Melanie Busch-Dienstfertig, Claire Gaveriaux-Ruff, Brigitte L. Kieffer, Andreas Zimmer, Halina Machelska. Leukocyte opioid receptors mediate analgesia via Ca2+-regulated release of opioid peptides. Brain Behav Immun. 2016 Oct. doi: 10.1016/j.bbi.2016.04.018. Epub 2016 Apr 30.