Neuer 3D-Test zur Unterstützung der Strahlentherapie bei Krebs soll die Wirkung von Brustkrebsmedikamente evaluieren helfen.
Die Strahlentherapie ist ein wichtiger Teil der Brustkrebsbehandlung. Manchmal bleiben Tumorzellen zurück, denen die Strahlung weniger stark schadet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben nun ein Testsystem entwickelt, welches es erstmals erlaubt, in künstlichem, dreidimensionalem Gewebe zu untersuchen, welche Wirkstoffe Brustkrebszellen gezielt für Strahlung sensibilisieren können.
Die Forschenden um Dr. Nataša Anastasov, Leiterin der Gruppe ‚Personalisierte Strahlentherapie‘ am Institut für Strahlenbiologie (ISB), erschufen dazu winzige dreidimensionale Gewebe – eine Mischung aus Brustkrebs- und Bindegewebszellen. „Denn“, so Anastasov, „in der klassischen Zellkultur wachsen Zellen zweidimensional. Das spiegelt die Eigenschaften eines Tumors im lebenden Organismus aber nur unzureichend wider.“ In ihrem neuen Testsystem können die Wissenschaftler die Krebszellen sowohl mit verschiedenen Substanzen als auch mit Strahlung behandeln und untersuchen – und das im dreidimensionalen Raum. Während der Studie arbeiteten sie eng mit Kollegen der ‚Assay development and screening platform‘ am Helmholtz Zentrum München sowie der Münchener Sirion Biotech GmbH und der Schweizer InSphero AG zusammen.
Der Trick zur Strahlentherapie bei Krebs: Fluoreszierende Zellen in hängenden Tropfen
„Wir können bis zu 96 Kleinstgewebe gleichzeitig von einem Computer beobachten lassen“, erläutert Co-Autorin Dr. Ines Höfig das Grundprinzip. „Dazu lassen wir je ein dreidimensionales Kleinstgewebe als festen hängenden Tropfen an der Unterseite einer speziellen Lochplatte wachsen und tropfen diesen nach einigen Tagen in eine Analyseplatte.“ Und ihre Kollegin Vanja Radulović ergänzt: „Dadurch, dass die untersuchten Brusttumorzellen und die Bindegewebszellen unterschiedlich fluoreszenzmarkiert sind, leuchten sie verschiedenfarbig. Eine Software kann so genau erfassen, wie sie jeweils auf die Behandlung reagieren.“
Um ihr Verfahren zu bestätigen, erprobten die Wissenschaftlerinnen die Eigenschaften von mehreren Wirkstoffen, die bereits in der Tumortherapie eingesetzt werden. Das Medikament Vinblastin erwies sich hierbei in Kombination mit Bestrahlung als am effektivsten. Künftig plant das Team, ihr System um zusätzliche Komponenten des Tumorumfelds, wie etwa Stroma- oder Immunzellen, zu erweitern, um die Situation im Patienten optimal zu simulieren.
Prof. Dr. Michael Atkinson, Leiter des Instituts für Strahlenbiologie, stimmen die Ergebnisse seiner Mitarbeiterinnen optimistisch: „Erstmals ist damit ein komfortabler 3D-Test für Hochdurchsatzverfahren verfügbar, mit dem neue Wirkstoffe getestet werden können, die Tumorzellen für Strahlenbehandlung zugänglich machen. Das wird zum einen zukünftige Initiativen zur Wirkstoffentwicklung beschleunigen, zum anderen kann eine Kombination von bereits etablierten Wirkstoffen mit Bestrahlung getestet werden.“