Glyceroltrinitrat, Nitroglycerin, wird einerseits bei Angina pectoris, andererseits auch als Salbe zur rektalen Anwendung bei Analfissur angewendet.
Glyceroltrinitrat – GTN oder Nitroglycerin – wird zur Behandlung eines akuten Angina pectoris-Anfalls sowie zur Prophylaxe der Angina pectoris eingesetzt. Die Mundschleimhaut nimmt den Wirkstoff, der hier in Form von Sprays oder Zerbeißkapseln verfügbar ist, rasch auf. Die Wirkung entsteht innerhalb von ein bis zwei Minuten. Zudem kann Glyceroltrinitrat beziehungsweise Nitroglycerin auch als Salbe als rektale Anwendung die Möglichkeiten zur Behandlung bei Analfissur (Afterriss) erweitern. Da es allerdings keine geeigneten Fertigarzneimittel gibt, werden vom Arzt verordnete Rezepturen vom Apotheker magistraliter hergestellt und verwendet.
Stickstoffmonoxid als Wirkstoff
Die Wirksubstanz von Glyceroltrinitrat ist Stickstoffmonoxid (NO), das über mehrere Stufen Enzyme stimuliert und Botenstoffe wie cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) bilden. So kommt es zur Erschlaffung der glatten Muskulatur der Gefäße und der Sphinkteren. Diesen Wirkmechanismus macht man sich zur Lokalbehandlung von akuten und chronischen Analfissuren zunutze.
Glyceroltrinitratsenkt den Sphinktertonus, wodurch sich die Durchblutung des betroffenen Gewebes verbessert. Dadurch heilen in Folge die Symptome schneller ab. Grundsätzlich ist die Salbe über vier bis acht Wochen morgens und abends sowie nach dem Stuhlgang (Defäkation) aufgetragen.
Unter dem Strich kann Glyceroltrinitrat als 5-prozentige ölige Lösung auf Basis als Rezeptursubstanz die Behandlung einer Analfissur unterstützen.
Dabei ist die explosive und leicht flüchtige Substanz in der öligen Lösung sehr reaktionsträge. Dadurch lassen sich Rezepturen auf lipophiler Basis leicht anfertigen.
In der Praxis stellt man Glyceroltrinitrat- beziehungsweise Nitroglycerin-Zubereitungen vor allem mit Vaselin, Wollwachsalkohol-Salbe sowie halbfestem Hartfett her.
Der Sphinkter reagiert auf den äußeren Reiz der Defäkation mit einer Dauerkontraktion, sodass vor allem bei chronischen Analfissuren erst Minuten nach der Defäkation starke Schmerzen auftreten. Die Glyceroltrinitrat-Therapie wird idealerweise durch zusätzliche Einnahme von Stuhlregulantien oder Quellmitteln, um den Stuhl zu erweichen, begleitet.

Analfissur bei Kindern
Unter dem Strich ist die Analfissur ein häufiges klinisches Problem bei Kindern, die als Längsriss im Analkanal definiert wird. Die typischen Symptome sind Schmerzen beim Stuhlgang sowie Rektalblutungen. Die Ursache der Analfissur ist unbekannt, aber der Durchgang von hartem Stuhl und ein erhöhter innerer Schließmuskeldruck werden als wichtige Faktoren angesehen.
Die Behandlung ist darauf ausgerichtet, den Krampf des inneren Analsphinkters zu lindern, wodurch die Heilung der Fissur verhindert wird. Eine konservative Behandlung mit Stuhlweichmachern, topischen Analgetika und Sitzbädern wird als Therapie erster Wahl empfohlen.
Die jüngsten Studien konzentrierten sich auch bei Kindern auf die nichtoperative Behandlung mit Glyceryltrinitrat, Kalziumkanalblockern oder Botulinumtoxin-Injektionsbehandlung. Es gibt allerdings keine eindeutigen Hinweise darauf, welche die optimale nichtoperative Behandlung ist. Nach der nichtoperativen Behandlung der Analfissur treten jedenfalls signifikant Rezidive auf. Es ist übrigens sehr wichtig, eine Verstopfung zu behandeln, um wiederkehrende Risse im Analkanal zu vermeiden.
Nitroglycerin und Kopfschmerzen
Im Grunde genommen können bei Glyceryltrinitrat-Patienten als Nebenwirkung der Anwendung einer Nitroglycerin-Salbe häufig Kopfschmerzen entstehen. Dieser als systemische Nebenwirkung beschriebenen Nitratkopfschmerz tritt auch bei lokaler Anwendung von Nitroglycerin auf. Und das ist auch allgemein typisch bei Therapiebeginn mit Nitraten.
Gute Ergebnisse bei weniger Nebenwirkungen brachte übrigens topisch eingesetztes 5%-iges Minoxidil-Gel, das eine bessere und schnellere Heilung von Analfissuren brachte als eine 0,2%-ige Glyceryltrinitrat-Creme.
Literatur:
Emile SH, Abdel-Razik MA, Elshobaky A, Elbaz SA, Khafagy W, Shalaby M. Topical 5% minoxidil versus topical 0.2% glyceryl trinitrate in treatment of chronic anal fissure: A randomized clinical trial. Int J Surg. 2020 Mar;75:152-158. doi: 10.1016/j.ijsu.2020.01.143. Epub 2020 Feb 4. PMID: 32028023.
Patkova B, Wester T. Anal Fissure in Children [published online ahead of print, 2020 Sep 13]. Eur J Pediatr Surg. 2020;10.1055/s-0040-1716723. doi:10.1055/s-0040-1716723
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Quelle: Glyceroltrinitrat bei Analfissur. MEDMIX 4/2006.