An körpereigene weiße Blutkörperchen gebundene Allergene sollen bei einem zukünftigen, möglichen Kontakt mit dem betreffenden Allergen eine Toleranzreaktion auslösen.
Wissenschaftler der MedUni Wien ist es gelungen, Allergene an körpereigene weiße Blutkörperchen zu binden, um bei einem zukünftigen, möglichen Kontakt mit dem betreffenden Allergen eine Toleranzreaktion auszulösen. Dazu kam eine sonst in der Transplantationsmedizin eingesetzte Methode zur Anwendung: das Auslösen einer immunologischen Toleranzreaktion für das Spenderorgan.
Die Ergebnisse im Tiermodell sind vielversprechend und geben Anlass zur Hoffnung, dass es künftig möglich sein könnte, Allergien noch vor dem Auftreten zu verhindern – sei es durch eine „Impfung“ mit körpereigenen Zellen oder mittels anderer Impfstrategien. Die Studie wurde in EBioMedicine (zu den renommierten „Lancet“-Journals gehörend) – in Kooperation der Universitätsklinik für Chirurgie (Thomas Wekerle, Ulrike Baranyi) mit dem Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien (Rudolf Valenta) durchgeführt.
Allergene als „trojanisches Pferd“
In der Studie blieben Mäuse, deren weiße Blutkörperchen mit jeweilige Allergene – das sind Proteine, auf die das Immunsystem bei einer Allergie verstärkt reagiert – verbunden wurden, nachhaltig gegenüber der Allergie resistent.
Zu Beginn des Verfahrens werden Zellen – weiße Blutkörperchen – entnommen, mit Allergene „versetzt“ und anschließend gemeinsam mit dem aus der Rheumatologie bekannten Biologikum Abatacept und in der Onkologie bekannten Immunsuppressiva Sirolimus wieder in den Organismus injiziert. Das derart eingeschleuste Allergen schlummert praktisch wie ein „trojanisches Pferd“ auf der Zelle – kommt es dann zu einem Kontakt mit dem Allergen, etwa mit Gräserpollen, ist der Körper immun gegen diesen „Angriff“ von außen.
Eine einzige Impfung gegen Allergien
„Die nachhaltige Wirkung erweckt Hoffnung auf unsere Vision eines lebenslangen Schutzes vor Allergien mit nur einer einzigen Impfung. Für einen Einsatz in der Klinik ist es aber noch viel zu früh“, meint Thomas Wekerle, Experte für Transplantationsimmunologie an der MedUni Wien. Hierzu sind allerdings weitere, jahrelange Studien notwendig.
Generell sollten zunächst Risikogruppen geimpft werden – wie Kinder, deren Eltern an Allergien leiden. So soll die Allergie überhaupt nie ausbrechen, schwere Folgen wie etwa Asthma könnten vermieden werden.
Landkarte der Allergene
Etwa jeder Fünfte leidet an einer Allergie, Tendenz steigend. „Es beginnt oft mit einem Heuschnupfen, führt aber sehr oft zu Asthma und kann bis hin zu lebensbedrohlichen Symptomen führen“, erklärt der Allergieforscher Rudolf Valenta. Umso wichtiger ist die Früherkennung und entsprechende Behandlung. Mit den neuen Erkenntnissen könnte ein wichtiger Schritt in diese Richtung getan sein.
Das Praktische ist, dass es sozusagen eine Landkarte der Allergene gibt, so Valenta. „Man weiß ganz genau, welche Allergene bei einer Allergie wirken, daher könnte man das nützen, um die Zellen ganz gezielt zu immunisieren und tolerant zu machen.“
Quelle: „Cell Therapy for Prophylactic Tolerance in Immunoglobulin E-mediated Allergy“. U. Baranyi, A. Farkas, K. Hock, B. Mahr, B. Linhart, M. Gattringer, M. Focke-Tejkl, A. Petersen, F. Wrba, T. Rülicke, R. Valenta, T. Wekerle. EBioMedicine, March 2016. doi:10.1016/j.ebiom.2016.03.028