Donnerstag, März 28, 2024

Pollenallergiker rechtzeitig erkennen und behandeln

Eine Pollenallergie betrifft den gesamten Körper, Pollenallergiker leiden nicht nur an typischen sichtbaren Symptome, auch ihr Blutbild verändert sich.

Pollenallergien wirken sich auf den gesamten Organismus aus. Die häufig sichtbaren Symptome sind dabei nur ein Teil des Gesamtbildes. Wenn Pollenallergiker mit Pollen in Kontakt kommen, zeigt sich dies auch in Veränderungen des Blutbildes. Eine frühzeitige und genaue Diagnose ist entscheidend für den Verlauf der Allergie. Dabei spielen moderne, auf molekularer Ebene arbeitende Verfahren eine immer wichtigere Rolle. Sie ermöglichen es, schnell und mit geringer Belastung eine Sensibilisierung, besonders bei Kindern und älteren Menschen, frühzeitig zu erkennen und liefern wichtige Hinweise für eine gezielte Behandlung.

 

Pollenallergiker: Heuschnupfen, allergische Rhinitis

Heuschnupfen ist der umgangssprachliche Ausdruck für die allergische Rhinitis, eine allergische Reaktion, die durch Pollenkontakt ausgelöst wird. Zu den Symptomen zählen eine laufende oder ständig verstopfte Nase, Juckreiz in den Augen und Niesen, mit denen Pollenallergiker während der Pollensaison kämpfen müssen.

Obwohl der Pollenflug zeitlich begrenzt ist, kann eine unbehandelte allergische Rhinitis weitreichende Folgen haben und die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Pollenallergiker berichten von Einschränkungen in ihrem Alltag. Alltägliche Aufgaben, die für gesunde Menschen problemlos sind, werden für Pollenallergiker zur Herausforderung.

Zusätzlich verschlechtert die behinderte Atmung die Schlafqualität, was sich negativ auf die Tagesleistungsfähigkeit auswirkt und somit beruflichen und schulischen Erfolg beeinträchtigen kann.

Langfristig können die Beschwerden zu chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen und Stirnhöhlen führen, sich auf die Lunge ausdehnen und Asthma verursachen. Etwa ein Viertel aller unbehandelten Pollenallergiker entwickelt mit der Zeit Asthma bronchiale.

 

Verändertes Blutbild

Rhinitis und Asthma sind die sichtbaren Symptome. Allerdings sind sie „nur“ die Spitze des Eisbergs. Laut zwei Wiener Studien kommt es zusätzlich zu einer Veränderung des Blutbildes, wenn Pollenallergiker ihren Beschwerde-Auslösern ausgesetzt sind. Die Zahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die den Sauerstoff aus der Lunge durch den Körper transportieren, sinkt im peripheren Blut während der Allergenexposition signifikant ab, auf ein Ausmaß einer leichten Anämie.

Zu wenige rote Blutkörperchen führen zu einer Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff. Typische Symptome sind Blässe, Müdigkeit, Atemnot, Schwäche, Schwindel oder Kopfschmerz. Das Krankheitsgefühl bei Allergie-Symptomen verstärkt sich.

Auf der anderen Seite kommt es, ähnlich wie bei einer Infektion, gleichzeitig zu einem deutlichen Anstieg an Leukozyten (weiße Blutkörperchen), die sonst für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig und die „Wächter“ unseres Körpers sind. Sie sollen offenbar die Allergene als vermeintliche Angreifer unschädlich machen.

 

Pollenallergiker – Abklärung und fachärztliche Diagnostik beim Fachmann

Im Durchschnitt dauert es sechs bis neun Jahre, bis eine Person mit einer Pollenallergie oder Heuschnupfen eine fachgerechte Diagnose und Behandlung erhält. Diese Wartezeit muss unbedingt verkürzt werden! Wenn die Symptome über mehrere Wochen anhalten und jährlich zur gleichen Zeit oder bei Aktivitäten wie Gartenarbeit oder Sport im Freien auftreten, ist es ratsam, sie von einem allergologisch erfahrenen Facharzt für Haut-, HNO-, Lungen- oder Kinderheilkunde untersuchen zu lassen.

Die Diagnose einer Pollenallergie stützt sich auf drei wesentliche Elemente: die Anamnese, den Hauttest und das Blutscreening. Zunächst führt der Arzt ein ausführliches Gespräch mit dem Pollenallergiker, um die Beschwerden mit potenziellen Allergieauslösern in Verbindung zu setzen. Dies ist ein sehr wichtiger Schritt. Anschließend folgen in der Regel Hauttests mit Allergenextrakten. Diese dienen dazu, die Vermutungen aus dem Arzt-Patienten-Gespräch zu überprüfen, indem getestet wird, ob der Körper bei Kontakt mit dem Allergen tatsächlich mit Hautreaktionen reagiert.

Dem Pollenallergiker werden dabei kleine Mengen eines Allergen-Konzentrats auf die Haut getropft und leicht in die oberste Hautschicht eingeritzt. Eine allergische Reaktion zeigt sich meist innerhalb weniger Minuten durch eine juckende Quaddel, ähnlich einem Insektenstich. Üblicherweise werden in unseren Breiten 10 bis 20 Allergene im Hauttest geprüft. Für Kleinkinder, ältere Menschen oder Patienten mit atopischen Ekzemen (Neurodermitis) kann der Hauttest allerdings weniger geeignet sein.

 

Spurensuche im Blut

Aufgrund bestehender Einschränkungen bei der Verfügbarkeit von Diagnoseallergenen wird der Bluttest in der Zukunft noch wichtiger werden. Bei dieser Untersuchung wird dem Patienten eine Blutprobe entnommen, um im Labor die Konzentration von IgE-Antikörpern zu messen.

Diese Antikörper werden vom Immunsystem als Reaktion auf Überempfindlichkeiten gegenüber bestimmten Stoffen, wie beispielsweise Pflanzenpollen, gebildet. Sie gelten als „Biomarker der Allergie“.

Der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper deutet entweder auf eine manifeste Allergie hin oder auf eine Sensibilisierung, die noch symptomfrei ist. Dies kann ein Anzeichen dafür sein, dass eine klinisch relevante Allergie im Entstehen begriffen ist. Je höher die Konzentration des spezifischen IgE, desto wahrscheinlicher ist das Vorhandensein einer Allergie.

 

Molekulare Allergologie: Neues diagnostisches Rüstzeug bewährt sich

In den letzten Jahren hat sich die Blutuntersuchung zur Allergiediagnostik deutlich weiterentwickelt und verbessert. Ein besonders genaues Verfahren ist die sogenannte komponenten-basierte Diagnostik. Hierbei wird nicht nur der Allergie-Auslöser als Ganzes – bestehend aus vielen Bestandteilen eines Allergenextrakts – untersucht, sondern es kann spezifisch ermittelt werden, auf welche einzelnen Moleküle in dieser Mischung der Patient reagiert.

Diese Methode ist besonders hilfreich, um die Exposition gegenüber Umweltallergenen festzustellen und ermöglicht eine sehr gezielte und schnelle Identifikation des Allergens, das die Beschwerden verursacht.

Es gibt zwei moderne Ansätze für diese Art der Diagnostik: die Analyse einzelner Allergene und den Einsatz eines Allergen-Mikrochips. Dieser Mikrochip ermöglicht es, mit nur einem Blutstropfen gleichzeitig IgE-Reaktionen gegenüber 100 verschiedenen Allergenen zu screenen. Beide Testverfahren können Antikörper bereits nachweisen, bevor überhaupt Symptome auftreten (Sensibilisierung). Abgestimmt mit den berichteten Beschwerden kann die Therapie dann sehr gezielt eingesetzt werden. Aktuelle Studien geben Anlass zur Hoffnung, dass in Zukunft auch präventive Allergen-Immuntherapien möglich sein könnten.

 

Immer mehr Pollenallergiker

Es ist besonders wichtig, Pollenallergiker frühzeitig zu erkennen, da Sensibilisierungen gegen Pollen zunehmen. Eine schwedische Studie belegt, dass 30 Prozent aller Kinder im Alter von 7-8 Jahren in Hauttests auf Pollenallergene positiv reagieren. Im Alter von 11-12 Jahren erhöht sich dieser Anteil sogar auf 41 Prozent.

Eine österreichische Untersuchung mit dem Allergen-Chip ergab, dass mehr als ein Viertel der 12- bis 21-Jährigen allein gegen Gräserpollen sensibilisiert sind, während 16,3 Prozent gegen Birkenpollen sensibilisiert sind. Es ist daher dringend notwendig, die Zeit bis zur Diagnosestellung zu verkürzen. Neue Technologien und spezielle Angebote wie Pollenwarndienste können dabei eine wichtige Rolle spielen.


Literatur

Jordakieva G, Wallmann J, Schmutz R, Lemell P, Wegmann M, Nittke T, Mittlböck M, Fehrenbach H, Godnic-Cvar J, Zieglmayer R, Jensen-Jarolim E. Peripheral erythrocytes decrease upon specific respiratory challenge with grass pollen allergen in sensitized mice and in human subjects. PLoS One. 2014 Jan 22;9(1):e86701. doi: 10.1371/journal.pone.0086701. PMID: 24466205; PMCID: PMC3899302.

Bunne J, Moberg H, Hedman L, Andersson M, Bjerg A, Lundbäck B, Rönmark E. Increase in Allergic Sensitization in Schoolchildren. Two Cohorts Compared 10 Years Apart. J Allergy Clin Immunol Pract. 2017 Mar-Apr;5(2):457-463.e1. doi: 10.1016/j.jaip.2016.09.025. Epub 2016 Nov 9. PMID: 27838328.

Stemeseder T, Klinglmayr E, Moser S, Lueftenegger L, Lang R, Himly M, Oostingh GJ, Zumbach J, Bathke AC, Hawranek T, Gadermaier G. Cross-sectional study on allergic sensitization of Austrian adolescents using molecule-based IgE profiling. Allergy. 2017 May;72(5):754-763. doi: 10.1111/all.13071. Epub 2016 Dec 22. PMID: 27753449.


Quelle: Univ.- Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim. »Pollen machen Allergiker krank«. Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung, MedUni Wien, Interuniversitäres Messerli Forschungsinstitut

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