Freitag, April 19, 2024

Phytotherapie und Nahrungsergänzungsmittel alternativ bei Diabetes mellitus

Neben Ernährung, Bewegung und schulmedizinische Behandlung spielen alternativ Phytotherapie und Nahrungsergänzungsmittel bei Diabetes mellitus eine wichtige Rolle.

Eine Blutzucker senkende und regulierende Phytotherapie mit Phytopharmaka (Phytos) sowie alternativ auch Nahrungsergänzungsmittel bieten Patienten und Ärzten komplementärmedizinisch interessante Möglichkeiten, die Behandlung bei Diabetes mellitus zu optimieren beziehungsweise zu ergänzen. Die nachfolgenden komplementärmedizinisch bei Diabetes eingesetzten Beispiele stellen keineswegs einen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern zeigen nur einige bekannte und bewährte Möglichkeiten auf.

 

Ernährung, Phytotherapie, Nahrungsergänzungsmittel: Zimt auch bei Diabetes effektiv

Zimt ist eine Heilpflanze, deren Anwendung bei Diabetes seit langer Zeit Tradition hat, wobei Ceylon-Zimt aufgrund seines niedrigen Cumarin-Gehaltes dem chinesischen Zimt vorzuziehen ist.

Mittlerweile belegen zahlreiche Daten den positiven Einfluss des Wirkstoffes MHCP (Methylhydroxy-Chalzone-Polymer) auf insulinreagierende Zellen. Die verloren gegangene Sensibilität für das blutzuckersenkende Hormon wird durch Verabreichung eines standardisierten, wässrigen Zimtextrakts reaktiviert.

Zimt ist in der Lage, die Insulinaktivität bei entsprechender Dosierung auf das Dreifache zu steigern. Das geschieht durch Phosphorylierung der Beta-Untereinheit des Insulinrezeptors, durch Phosphorylierung des Insulinrezeptorsubstrates-1, durch Erhöhung der Aktivität der Phosphatidylinositol – (PI)-3-Kinase und durch Steigerung der NO-Synthese.

Die Wirkstoffe, Polyphenole, werden etwa zehnfach angereichert, gleichzeitig kommt es zu einer Abreicherung der toxischen Cumarine und des Zimtaldehyds, der bekannt dafür ist, dass er häufig Allergien hervorruft. Bei höheren Blutzuckerspiegeln werden dabei drastischere Senkungen derselben bewirkt als bei niedrigen, d.h. Hypoglykämien durch Einnahme von Zimtpräparaten können de facto ausgeschlossen werden.

 

Die Alpha-Liponsäure

Aus der Therapie für Diabetiker nicht wegzudenken ist die Alpha-Liponsäure, die als begleitende Behandlung von diabetesinduzierten Polyneuropathien zugelassen ist.

Alpha-Liponsäure gehört zu den stärksten Antioxidantien, wirkt durch Chelatbildung mit Schwermetallen ausleitend für dieselben, verbessert deutlich die Immunkompetenz. Auch die Leberwerte werden bei Einnahme derselben deutlich besser.

Alpha-Liponsäure kann als amphiphile Substanz sowohl das wasserlösliche Vitamin C als auch das lipidlösliche Vitamin E, ferner Co-Enzym Q10 und L-Glutathion regenerieren und greift auch regulierend in Entzündungsprozesse ein, wobei wiederum die amphiphile Struktur bei Entzündungsprozessen der Adipozyten von Vorteil ist, die ja – wie eingangs erwähnt – Diabetes mit verursachen können. Weniger bekannt ist, dass Alpha-Liponsäure zudem direkt blutzuckersenkend wirkt. Dabei steigert Alpha-Liponsäure die zelluläre Glukoseaufnahme und deren Oxidation.

 

Die Bittermelone komplementärmedizinisch mit verschiedenen Wirkungen

Die hypoglykämische Wirkung der Frucht der Bittermelone – Momordica charantia – und ihrer polaren Extrakte werden bereits seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts erfolgreich an verschiedenen Tiermodellen untersucht. Die Wirkung am Menschen wird in Beobachtungen und kleineren Untersuchungen mit geringen Teilnehmerzahlen zwar immer wieder bestätigt, detaillierte klinische Studien fehlen aber bis heute.

Die Bittermelone – mit dem zur Steigerung der Insulinsensibilität bekannten Charantin (einem Gemisch von b-Sitosterol-b-D-glucosid und a-5,25-Stigmastadien-3-O-β-D-glucosid im Verhältnis 1:1 mit vermuteter hypoglykämischer Wirkung), Phenolen, Polyphenolen und Triterpenen – bewirkt mit seinen Extrakten eine vermehrte Glukoseaufnahme in die Zelle, hat keine negativen Auswirkungen auf die Leber und ist mit Insulin oder auch Rosiglitazon vergleichbar.

Die Triterpene der Bittermelone scheinen nicht nur lipidsenkend zu wirken, sondern hemmen auch die Neubildung von Adipozyten, die an den entzündlichen Prozessen zur Entwicklung von Diabetes beteiligt sind. Der Bittermeloine werden neben der hypoglykämischen Wirkung weiters antiulceröse und antivirale Effekte zugeschrieben.

Die Blutzucker senkende Wirkung der Bittermelone kann als alternative Phytotherapie eine interessante Unterstützung bei der Behandlung von Menschen mit Typ II-Diabetes mellitus unter der Aufsicht des behandelnden Arztes darstellen, wobei dazu auch Nahrungsergänzungsmittel erhältlich sind.

Hier scheint der zusätzliche Verzehr solcher Extrakten der Bittermelone vor zwei größeren Mahlzeiten Insulinpflichtigen Patienten mit entsprechender Compliance die Möglichkeit zu bieten, wieder in die Gruppe der „impaired glucose tolerance“ (bis 126mg/dl Nüchternglucose) eingeordnet zu werden. Das gilt als Erfolg einer einfach zu handhabenden, zusätzlichen diätetischen Maßnahme zu werten ist.

 

Bei Diabetes Kalmuswurzel einsetzen

Die Kalmuswurzel – die Wurzel von Acorus calamus – wird in der traditionellen amerikanischen und indonesischen Volksmedizin schon sehr lange alternativ zur unterstützenden Behandlung von Diabetes eingesetzt. Kalmuswurzel-Extrakt erhöht nicht nur die Insulinsensitivität, sondern führt auch zur Insulin-Freisetzung und Hemmung der Alpha-Glucosidase.

 

Der Bockshornklee komplementärmedizinisch zur Blutzucker-Senkung

Der Bockshornklee – Trigonella foenum-graecum – hat eine lange Tradition als Blutzuckersenkendes Mittel der Volksmedizin Klein­asiens. Bockshornklee zeigt dabei in neuen Untersuchungen klare therapeutische Erfolg bei diabetesinduziertem Katarakt, wobei neben der blutzuckersenkenden Wirkung zusätzliche positive Effekte vermutet werden. Ein weiterer Zusatznutzen ist, dass mittels Beeinflussung des spinalen serotonergen Effektes es zu einer analgesierenden Wirkung durch Bockshornklee-Extrakten kommt; dieser Effekt könnte bei der Behandlung von Diabetes induzierten neuropathischen Schmerzen eine Rolle spielen.


Literatur:

Deyno S, Eneyew K, Seyfe S, et al. Efficacy and safety of cinnamon in type 2 diabetes mellitus and pre-diabetes patients. A meta-analysis and meta-regression. Diabetes Res Clin Pract. 2019;156:107815. doi:10.1016/j.diabres.2019.107815

Jamali N, Jalali M, Saffari-Chaleshtori J, Samare-Najaf M, Samareh A. Effect of cinnamon supplementation on blood pressure and anthropometric parameters in patients with type 2 diabetes. A systematic review and meta-analysis of clinical trials. Diabetes Metab Syndr. 2020;14(2):119‐125. doi:10.1016/j.dsx.2020.01.009

Geberemeskel GA, Debebe YG, Nguse NA. Antidiabetic Effect of Fenugreek Seed Powder Solution (Trigonella foenum-graecum L.) on Hyperlipidemia in Diabetic Patients. J Diabetes Res. 2019;2019:8507453. Published 2019 Sep 5. doi:10.1155/2019/8507453

Thent ZC, Das S, Zaidun NH. Emerging Trends On Drug Delivery Strategy of Momordica charantia against Diabetes and its Complications. Curr Drug Deliv. 2018;15(4):453‐460. doi:10.2174/1567201814666170525122224

Rochette L, Ghibu S, Muresan A, Vergely C. Alpha-lipoic acid: molecular mechanisms and therapeutic potential in diabetes. Can J Physiol Pharmacol. 2015;93(12):1021‐1027. doi:10.1139/cjpp-2014-0353

Liu YX, Si MM, Lu W, et al. Effects and molecular mechanisms of the antidiabetic fraction of Acorus calamus L. on GLP-1 expression and secretion in vivo and in vitro. J Ethnopharmacol. 2015;166:168‐175. doi:10.1016/j.jep.2015.03.014

 

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...