Musik kann soziales Verhalten fördern: wenn sich Menschen gegenseitig im Takt bewegen, entstehen intensive soziale Verbindungen.
In vielen Bereichen im Alltag müssen wir binnen Millisekunden unsere Bewegungen auf die anderer Personen abstimmen. Das gilt für das Tanzparkett, für den Fußballplatz, oder für dicht bevölkerte Einkaufsstraßen. Psychologen der Uni Graz haben in einer rezenten Studie gezeigt, dass Musik soziales Verhalten fördert und den Zusammenhalt verstärkt. Die Untersuchungsergebnisse werden in der September-Ausgabe des Journal of Experimental Social Psychology veröffentlicht.
Wenn Personen ihre Bewegungen zur Musik synchronisieren, fördert das ihr soziales Verhalten
„Wenn mehrere Personen ihre Bewegungen synchronisieren, wirkt sich das positiv auf die Kooperation und das Zusammengehörigkeitsgefühl aus“, erklärt Dipl.-Psych. Jan Stupacher vom Institut für Psychologie der Uni Graz. In der Studie untersuchte er, ob Musik oder der Schlag eines Metronoms diese sogenannten prosozialen Effekte verstärken können. Das Ergebnis: „Die Musik kann diese Wirkung tatsächlich erreichen. Wenn sich die Menschen in deren Takt bewegen, entstehen die intensivsten sozialen Verbindungen“, fasst der Autor zusammen. Anwendbar sind die Erkenntnisse in allen Bereichen, wo Zusammenhalt entstehen soll – von der Kinderkrippe bis ins Seniorenheim.
„Speziell für Menschen mit Problemen im sozialen Umgang oder für Gruppen mit starkem Konfliktpotenzial kann die zusammenschweißende Funktion gemeinsamer Bewegung zur Musik genutzt werden. Da die Kommunikation auf nonverbalem Weg stattfindet, gibt es zudem keine sprachlichen Grenzen“, führt Stupacher aus.
Aus dem Takt geringere Sympathiewerte
Für die Untersuchungen sahen ProbandInnen zwei Strichfiguren nebeneinander gehen und mussten sich vorstellen, selbst eine davon zu sein, während die andere eine unbekannte Person repräsentierte. Diese Videos waren mit Musik, Metronom-Schlägen oder Stille hinterlegt, wobei sich die Figuren entweder synchron bewegten oder eine aus dem Takt war. Die ProbandInnen bewerteten die Nähe und die Sympathie des Gegenübers sowie das eigene Wohlbefinden. „Alle drei Werte waren bei Musik im Hintergrund höher als mit Metronom-Begleitung“, so Stupacher. War die andere Figur aus dem Takt, senkte das bei musikalischer Untermalung deren Sympathiewerte. Das Metronom hatte keinen derartigen Einfluss.
„Synchrone Bewegungen mehrerer Menschen erhöhen deren Vertrauen und Zusammenhalt. Sowohl Musik als auch abgestimmte Schritte und Gesten können mit der Ausschüttung gewisser Hormone in Verbindung gebracht werden, die die Bindung untereinander fördern“, erläutert der Psychologe die Hintergründe. Im Gegenzug wird unrhythmisches Verhalten möglicherweise als Verstoß gegen soziale Regeln empfunden. Beides scheint allerdings nur dann zu funktionieren, wenn die Klänge auch gefallen.
Literatur:
Jan Stupacher, Pieter-Jan Maes, Matthias Witte, Guilherme Wood. Music strengthens prosocial effects of interpersonal synchronization – If you move in time with the beat. Journal of Experimental Social Psychology, Volume 72, September 2017, Pages 39–44 https://doi.org/10.1016/j.jesp.2017.04.007