Freitag, Oktober 31, 2025

Bei wem zu wenig Salz das Risiko für Herz und Kreislauf erhöht

Eine aktuelle Studie stellt eine gängiges Ernährungs-Dogma infrage: Zu wenig Salz scheint das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erhöhen.

Die Menge des Salzkonsums ist einer der beeinflussenden Faktoren für den Blutdruck. Bekannt ist: Hochdruckpatienten können ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv beeinflussen, wenn sie sich beim Salzverzehr zurückhalten. Für Menschen ohne Bluthochdruck gilt das jedoch nicht. Ihr Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigt nicht mit hohem Salzkonsum. Hingegen erhöht sich ihr Risiko für Herz und Gefäße eher bei zu wenig Salz pro Tag.

 

Gefahr zu wenig Salz

Täglich höchstens sechs Gramm Kochsalz zu sich nehmen, so empfiehlt es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Erwachsenen. Die Realität sieht anders aus: Männer mögen es dabei noch salziger als Frauen, sie nehmen durchschnittlich 10,0 Gramm Salz am Tag zu sich, Frauen 8,4 Gramm. Das bedeutet, viele Menschen werden also wesentlich mehr Salz zuführen als diese Mittelwerte anzeigen.

Unter dem Strich erhöht viel Kochsalz den Blutdruck und schädigt damit Organe und Gefäße. Hierzu konnten das in der Vergangenheit zahlreiche Untersuchungen belegen. Denn das im Kochsalz enthaltene Natrium bindet Wasser und erhöht damit das Blutvolumen. Der Druck in den Gefäßen wird dann höher und damit auch der Blutdruck. Dementsprechend lautet die vereinfachte Erklärung eines komplexen Vorgangs. Die Folge einer Hypertonie können lebensbedrohliche Krankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall sein.

Allerdings weiß man auch, dass Bluthochdruck viele Ursachen hat. Bluthochdruck einfach mit viel Natrium gleichzusetzen, trifft nicht zu. Lange Zeit galt in Bezug auf Salz die Devise »je weniger, desto besser«. Das muss man nach den Ergebnissen wie jener in der Lancet-Studie nun differenzierter betrachten.

 

Zu wenig Salz bei Hochdruckpatienten

Die Forscher um Andrew Mente von der McMaster University in Hamilton, Kanada, verglichen in einer Metaanalyse von vier großen prospektiven Studien mit insgesamt 135.000 Menschen aus 49 Ländern die tägliche Urinausscheidung von Natrium und Herz-Kreislauf-Ereignisse sowie Gesamttodesfälle.

An der Ausscheidung von Natrium im Harn kann man die Aufnahme von Kochsalz beurteilen; dieses besteht nämlich aus Natrium und Chlor (NaCl), wobei fünf Gramm Kochsalz etwa 2,3 Gramm Natrium entsprechen.

Andrew Mente und seine Mitarbeiter unterschieden in ihrer Metaanalyse zwischen Menschen mit und ohne Bluthochdruck. Bei Hochdruckpatienten stieg die Ereignisrate erwartungsgemäß bei einer Aufnahme von Natrium, die über vier bis fünf Gramm pro Tag hinausging. Dies war bei Menschen mit normalem Blutdruck jedoch nicht der Fall.

Bei einer Zufuhr von Natrium unter drei Gramm pro Tag wurden Herz-Kreislauf-Ereignisse und Gesamttodesfälle hingegen sowohl bei Menschen mit als auch ohne Bluthochdruck erhöht.

 

Zu wenig Salz sollte man auch nicht zu sich nehmen

Es ist nicht die erste Arbeit, die das Dogma zu Salz infrage stellt. Bereits 2011 zeigte eine europäische Populationsstudie, dass bei niedrigem Salzkonsum eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität besteht, allerdings war es ein relativ kleine Studie mit nur etwa 3700 Teilnehmern.

Für Experten haben diese Erkenntnisse durchaus einen gesundheitspolitischen Einfluss. Die Lancet-Arbeit zeigt jedenfalls, dass man zu wenig Salz – unabhängig davon ob der Mensch einen erhöhten oder einen normalen Blutdruck hat – ebenfalls vermeiden sollte. Aber das Problem stellt sich angesichts der Produktionsbedingungen und Ernährungsgewohnheiten in unseren Breiten nicht.

Denn Fertiggerichte, Brot, Wurst, Käse und Milchprodukte enthalten alle reichlich Kochsalz. Deswegen sollten Menschen mit Bluthochdruck nach wie vor Salz meiden oder nur sparsam verwenden. Dies gilt auch für Patienten mit Herzinsuffizienz. Hingegen müssen Menschen mit normalem Blutdruck weniger auf Ihren Salzkonsum achten.


Literatur:

Mente A et al.: Associations of urinary sodium excretion with cardiovascular events in individuals with and without hypertension. A pooled analysis of data from four studies. Lancet 2016. 388:465 ff.

Stolarz-Skrzypek K et al.: European project on genes in hypertension (EPOGH). Fatal and nonfatal outcomes, incidence of hypertension, and blood pressure changes in relation to urinary sodium excretion. J. Amer. Med. Assoc. 2011. 305:1777 ff.


Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

Latest Articles

Folgt uns auf Facebook!

Fokus Kinder

Behandlung mittels Psychotherapie bei jungen Menschen mit Depression

Psychotherapie wie die kognitive Verhaltenstherapie sollte die erste Behandlung bei jungen Menschen mit Depression sein. Und erst später Medikamente. Laut einer rezenten australischen Studie sollte...
- Advertisement -

Related Articles

Depressionen bei Kindern und im Jugendalter erkennen

Traurigkeit ist häufig ein Anzeichen für Depressionen bei Kindern: Bis zu 2,5 Prozent der Kinder und bis zu 8,3 Prozent im Jugendalter leiden daran,...

Fieber bei Kindern muss man erst senken, wenn das Kind dadurch leidet

Wenn die Temperatur stark steigt, dann hilft das oft gegen Krankheitserreger. Wobei man Fieber bei Kindern nicht senken muss, solange das Kind nicht darunter...

Enuresis – beim Einnässen von Kindern an alles denken

Prinzipiell muss man zwischen der klassischen Enuresis und der nicht organischen und organischen Harninkontinenz unterscheiden. Beim Einnässen von Kindern muss man zwischen erstens der klassischen Enuresis,...