Donnerstag, April 18, 2024

Lamotrigin – Wirkung bei therapieresistenter unipolarer Depression

Die Wirkung von Lamotrigin kann bei therapieresistenter unipolarer Depression die Antidepressiva-Therapie verbessern. Wobei Fragen zu Dosierung und Sicherheit offen bleiben.

Das Antiepileptikum Lamotrigin ist für eine Vielzahl von Indikationen und Anwendungen in der Neurologie und in der Psychiatrie beispielsweise für die bipolare Prophylaxe zugelassen. Abgesehen von dieser Indikation nimmt der Trend in der Psychiatrie zu, die Wirkung von Lamotrigin bei einer Vielzahl von Störungen wie auch bei therapieresistenter unipolarer Depression einzuesetzen.

 

Wirkung noch zu wenig erforscht

Denn Ärzte setzen bei unipolarer Depression häufig sogenannte Augmentationsstrategien (Erweiterungen der bestehenden Therapie) ein. Und zwar, wenn eine depressive Person nicht auf die antidepressive Monotherapie anspricht. Im Grunde genommen gilt Lamotrigin derzeit hierzu als Zweitlinien-Behandlung bei therapieresistenter unipolarer Depression, wobei die mögliche Wirkung unklar ist. Auch die Sicherheitsprofile sind noch nicht ausreichend erforscht.

Unter dem Strich müssen weitere Untersuchungen zur therapeutischen Wirkung, zu den optimalen Dosierungen sowie zu den Sicherheitsprofilen der Lamotrigin-Augmentation erfolgen. Allerdings scheint das Lamotrigin bei Patienten mit therapieresistenter unipolarer Depression helfen zu können, auch über einen längeren Behandlungszeitraum.



 

Lamotrigin-Augmentation bei therapieresistenter unipolarer Depression

Eine umfassende Metaanalyse zu Wirksamkeit und Sicherheit hat nun die Wirkung einer Lamotrigin-Augmentation bei therapieresistenter unipolarer Depression untersucht. Dazu durchsuchten die Wissenschaftler die Datenbanken MEDLINE, Embase, EBSCO, Cochrane, Web of Science, Scopus, Wanfang und Ariniti.

Schließlich konnten die Forscher acht doppelblinde randomisierte kontrollierte Studien mit 677 Patienten in die Analyse einschließen. Dabei zeigten sich signifikante Verbesserungen der Hamilton-Bewertungsskala für Depressionen und der Ansprechraten in Lamotrigin-Augmentationsgruppen im Vergleich zu Kontrollgruppen. Patienten mit schwererer Erkrankung und längerer Krankheitsdauer wurden wirksamer mit Lamotrigin-Augmentation behandelt.

 

Gut verträglich

Bei Patienten, die mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern behandelt wurden, war die Wirkung der Lamotrigin-Augmentation höher als bei Patienten, die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern erhielten. Im Grunde genommen war die Lamotrigin-Augmentation gut verträglich.

 

Die Wirkung von Lamotrigin im Vergleich zu Placebo und anderen antidepressiven Wirkstoffen bei Patienten mit unipolarer und bipolarer Depression

Eine ältere Metaanalyse verglich bei Patienten mit bipolarer und unipolarer Depression die Wirkung von Lamotrigin mit anderen antidepressiven Substanzen. Dabei zeigte sich, dass das Lamotrigin dem Placebo bei der Besserung von unipolaren und bipolaren depressiven Symptomen überlegen war. Und zwar ohne häufigere Nebenwirkungen oder Abbrüche der Behandlung zu verursachen. Außerdem unterschied sich das Lamotrigin nicht von Lithium, Olanzapin + Fluoxetin, Citalopram sowie Inosit.

Eine aktuelle Metaanalyse mit 69 Studien bestätigte die bessere Wirksamkeit von Lamotrigin im Vergleich zu Placebo bei akuter bipolarer Depression. Und zwar in ähnlichem Außmaß wie intravenöses Ketamin, Coenzym Q10, Pramipexol und Fluoxetin, wobei letzterer Wirkstoff die beständigste Evidenzbasis für Wirksamkeit und Verträglichkeit hat.

 

Pharmakologie

Strukturformel von Lamotrigin
Strukturformel von Lamotrigin

Die Wirkung von Lamotrigin führt zu einer Blockade der Natrium- und spannungsabhängigen Calciumkanäle der Nervenzellen. Der Wirkstoff verhindert die Freisetzung der erregenden Neurotransmitter Aspartat und Glutamat, was die Ausbreitung von Reizen von einer Nervenzelle zu einer anderen hemmt. Die Hemmung neuronaler α4β2-nACh-Rezeptoren kann für die antiepileptische Wirkung verantwortlich sein. Bei Depression beeinflusst der Wirkstoff die  Werte von BDNF und VEGF günstig.




Literatur:

Bahji A, Ermacora D, Stephenson C, Hawken ER, Vazquez G. Comparative Efficacy and Tolerability of Adjunctive Pharmacotherapies for Acute Bipolar Depression: A Systematic Review and Network Meta-analysis. Efficacité Et Tolérabilité Comparatives Des Pharmacothérapies D’appoint Pour La Dépression Bipolaire Aiguë: Une Revue Systématique Et Une Méta-Analyse De Réseau. Can J Psychiatry. 2020 Nov 11:706743720970857. doi: 10.1177/0706743720970857. Epub ahead of print. PMID: 33174452.

Ruberto VL, Jha MK, Murrough JW. Pharmacological Treatments for Patients with Treatment-Resistant Depression. Pharmaceuticals (Basel). 2020;13(6):116. Published 2020 Jun 4. doi:10.3390/ph13060116

Naguy A, Al-Enezi N. Lamotrigine Uses in Psychiatric Practice. Am J Ther. 2019;26(1):e96-e102. doi:10.1097/MJT.0000000000000535

Goh KK, Chen CH, Chiu YH, Lu ML. Lamotrigine augmentation in treatment-resistant unipolar depression. A comprehensive meta-analysis of efficacy and safety. J Psychopharmacol. 2019 Jun;33(6):700-713. doi: 10.1177/0269881119844199. Epub 2019 May 13.

Solmi M, Veronese N, Zaninotto L, van der Loos ML, Gao K, Schaffer A, Reis C, Normann C, Anghelescu IG, Correll CU. Lamotrigine compared to placebo and other agents with antidepressant activity in patients with unipolar and bipolar depression. A comprehensive meta-analysis of efficacy and safety outcomes in short-term trials. CNS Spectr. 2016 Oct;21(5):403-418.

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...