Freitag, April 19, 2024

Insulintherapie bei geriatrischen Patienten

Grundsätzlich ergibt sich die Indikation zur Insulintherapie bei geriatrischen Patienten mit Diabetes aus der klinischen Symptomatik – der symptomatischen Hyperglykämie.

Zweifelsohne kann man heute bereits von einer Diabetes-Epidemie sprechen. Denn die Stoffwechselerkrankung, von der 1980 weltweit 5% der Erwachsenen betroffen waren, betrifft gegenwärtig 9% aller Erwachsenen weltweit. Dabei bestehenmit überproportional höhere Zahlen in den Entwicklungsländern. Diese hohe Prävalenz sowie die erhöhten Raten Begleiterkrankungen, die durch Diabetes verursacht werden, verursachen weltweit rund 700 Milliarden US-Dollar an Gesundheitskosten. Zu diesen zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Blindheit, Nierenversagen, neuropathischen Schmerzen, Leberzirrhose, Krebserkrankungen sowie anderen chronischen Probleme

 

Diabetes bei Älteren

Die akute diabetische Entgleisung – die symptomatische Hyperglykämie als Stoffwechselentgleisung – kann bei geriatrischen Patienten massive zerebrale Funktionsstörungen wie Verwirrtheit, Unkonzentriertheit oder Schläfrigkeit mit daran nachfolgender bewegungseinschränkung, Immobilisierung und Bettlägrigkeit hervorrufen, die oft durch Muskelschwäche oder Schwindel entstehen.

 

Hyperglykämie bei geriatrischen Patienten

Die mit der Hyperglykämie verbundene Polyurie verursacht nicht nur Inkontinenz und ein quälendes Durstgefühl, sondern auch Hypotonie und Kreislaufdysregulation aufgrund von Dehydratation. Zu erwähnen ist weiters die erhöhte Infektanfälligkeit der betroffenen geriatrischen Patienten mit Diabetes – zum Beispiel verstärktes Auftreten von Pilzinfektionen, Abszessen, Phlegmonen und Harnwegsinfektionen.

 

Insulintherapie bei geriatrischen Patienten mit Diabetes

Die Indikation zur intermediärenden Insulintherapie kann auch aufgrund akuter Komplikationen (Infekt, Myokardinfarkt, Insult) gegeben sein. Generell kann bei geriatrischen Patienten davon ausgegangen werden, dass chronisch erhöhte Nüchternblutzuckerwerte über 150 mg/dl – etwa in einem HbA1c von über 8% entsprechend – bei ausgeschöpfter oraler Therapie eine individuell zu erwägende Indikation zur Insulintherapie darstellen.

Nüchternblutzuckerwerte über 200mg/dl (etwa in einem HbA1c von über 10% entsprechend) bedeuten auch bei bettlägerigen pflegebedürftigen Patienten eine dringliche Indikation zur Insulintherapie, während Nüchternblut­zuckerwerte über 250mg/dl (etwa einem HbA1c von über 12% entsprechend) eine absolute und zwingende Indikation zur Verabreichung von Insulin bedeuten. Generell gibt es keine ideale Standardtherapie für die Insulinisierung des betagten Patienten.

 

Lang wirksame Insulinanaloga

Vielversprechende Ergebnisse bieten lang wirksame Insulinanaloga, die über 24 Stunden stabile Basalinsulinspiegel aufrecht erhalten und sich somit als Basalinsulin sowohl für die Basis-Bolus-Therapie als auch zur »Komaprophylaxe« des geriatrischen Patienten eignen.

Insulinpens können in jedem Fall die Anwendung der des Insulintherapie erleichtern. Unter laufender Insulintherapie sollte die Blutglukose regelmäßig, zumindest 1 x pro Woche kontrolliert werden. Entsprechend den erhobenen Werten ist die Insulindosis nach Rücksprache mit dem betreuenden Arzt zu adaptieren.

Grundsätzlich gilt die Umstellung auf Insulin bei geriatrischen Patienten als sehr unerwünscht. Daher empfiehlt es sich, dass der behandelnde Arzt ein schrittweises Vorgehen wählt. Das bedeutet konkret das völlige oder teilweise Belassen bzw. eine Optimierung / Reduzierung der bestehenden oralen Therapie und eine zusätzliche unterstützende Gabe von Insulin.

Literatur:

Gerstein HC. Insulin use for type 2 diabetes: the challenges of predicting trends and modelling care. Lancet Diabetes Endocrinol. 2019 Jan;7(1):4-5. doi: 10.1016/S2213-8587(18)30312-7. Epub 2018 Nov 21.

Ober et al. Insulin use in elderly diabetic patients. Clin Interv Aging. 2006;1(2):107-13.

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