Freitag, Juni 20, 2025

Diagnose und Behandlung von Hirntumoren optimieren

Scheinbar gleichartige Hirntumoren können molekularbiologisch vielfältig sein, was sehr wichtig für die Diagnose und die Behandlung ist.

Unlängst konnten Wissenschaftler zeigen, wie wichtig es für die Diagnose-Stellung sowie die Wahl der richtigen Strategie zur Behandlung ist, die molekularen Eigenschaften bestimmter scheinbar gleichartigen embryonalen Hirntumoren zu kennen.

Oft unterscheiden sich mikroskopisch ähnliche Hirntumoren auf molekularer Ebene stark voneinander, was man bei der Wahl der Behandlung berücksichtigen muss. Kinder, die an embryonalen Hirntumoren erkrankt sind, müssen meist besonders intensive, beschwerliche Behandlung durchlaufen. Sie haben – abhängig von ihrer Tumoruntergruppe – oft dennoch nur geringe Heilungschancen. Das trifft auch für die sogenannten „supratentoriellen primitiven neuroektodermalen Tumoren“ (sPNETs) zu: Diese Krebsformen gehen aus unreifen Zellen des Zentralnervensystems (ZNS) hervor und wachsen daher besonders schnell und aggressiv.

Das Team um Professor Stefan Pfister, KiTZ Direktor, Abteilungsleiter „Pädiatrische Neuroonkologie“ am DKFZ und Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg untersuchte zusammen mit Kollegen des Fred Hutchinson Cancer Research Center (Seattle, USA) und des Children’s National (Washington DC, USA) sPNET mit modernen Datenanalysemethoden. Dazu nahmen die Wissenschaftler im Tumorgewebe von Patienten, die an einer Phase-III-Studie für mikroskopisch diagnostizierte sPNETs teilnahmen, bestimmte chemische Markierungen des Erbguts, sogenannte DNA-Methylierungen unter die Lupe. Mit diesem Verfahren konnten sie Tumoruntergruppen unterscheiden, die sich durch eine reine mikroskopische Analyse nicht voneinander trennen ließen.

Würde diese molekular-diagnostische Klassifizierung routinemäßig vor der Behandlung eingesetzt, könnte vielen Kindern eine belastende Behandlung erspart werden. Davon ist Pfister, einer der Hauptautoren der Studie, überzeugt. “Bei den meisten Kindern mit ZNS-Tumoren ist eine genaue Diagnose und damit auch Abschätzung der Prognose möglich, wenn neben den histologischen Untersuchungen eine Methylierungsanalyse des Tumor-Erbguts durchgeführt wird“, erklärt er. „Wir können so besser beurteilen, wem eine intensive Bestrahlungs- und Chemotherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit nutzen kann, und wenn ja welche. Dadurch können wir so manchem Kind unnötige Therapieelemente ersparen.“

Im speziellen Fall der vorliegenden Studie stellte sich durch die Methylierungsuntersuchung heraus, dass nur wenige Patienten tatsächlich ein sPNET hatten und ein erheblicher Teil stattdessen biologisch eindeutig ein sogenanntes kleinzelliges Glioblastom. Auch Ependymome und andere seltenere Tumorarten verbargen sich im Sammelsurium von mikroskopisch als sPNET diagnostizierten Tumoren. Wenn man diese „Falschklassifizierten“ herausrechnet, ist bei sPNET die Prognose deutlich besser als seit Jahrzehnten angenommen und die Patienten sprechen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf die Chemotherapie an.

Da die molekulare Charakterisierung embryonaler kindlicher Krebserkrankungen des zentralen Nervensystems zu Beginn einer Behandlung entscheidenden Einfluss auf die Art und den Erfolg der Therapie nehmen kann, empfehlen die Wissenschaftler, sie als Standardverfahren in die Diagnosestellung einzubeziehen.


Literatur:

Hwang EI, Kool M, Burger PC, Capper D, Chavez L, Brabetz S, Williams-Hughes C, Billups C, Heier L, Jaju A, Michalski J, Li Y, Leary S, Zhou T, von Deimling A, Jones DTW, Fouladi M, Pollack IF, Gajjar A, Packer RJ, Pfister SM, Olson JM. Extensive Molecular and Clinical Heterogeneity in Patients With Histologically Diagnosed CNS-PNET Treated as a Single Entity. A Report From the Children’s Oncology Group Randomized ACNS0332 Trial. J Clin Oncol. 2018 Oct 17:JCO2017764720. doi: 10.1200/JCO.2017.76.4720. Epub ahead of print. PMID: 30332335.


Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

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