Montag, März 18, 2024

Schluckstörungen werden noch immer unterschätzt

Schluckstörungen, Dysphagie, betrifft am häufigsten Menschen nach Schlaganfall, die hervorgerufenen Symptome beeinträchtigen sehr die Lebensqualität.

Im Grunde genommen wirken sich Schluckstörungen, Dysphagie, drastisch auf das Leben der Betroffenen aus. Denn die Patienten können oft nur noch mit Beschwerden oder nicht mehr Essen und Trinken zu können. Die Oropharyngeale Dysphagie (OD) ist jedenfalls eine weit verbreitete und wachsende Erkrankung in der älteren Bevölkerung. Obwohl Schluckstörungen sehr schwere Symptome und Komplikationen verursachen können, werden sie oft nicht entdeckt und behandelt. Denn viele ältere Patienten sind sich auch der Symptome nicht bewusst, was einer der Gründe dafür ist, dass die Folgen von Schluckstörungen – Aspiration, Dehydration und Mangelernährung – falsch zugeordnet werden. Ärztinnen und Ärzte, die ältere Patienten betreuen, sollten sich bewusst sein, dass Mangelernährung, Dehydration und Lungenentzündung häufig durch eine (unerkannte) Dysphagie verursacht werden. Besonders schwierig ist die Diagnose bei stiller Aspiration.

Unter dem Strich schluckt der Mensch bis zu 2.000-mal am Tag, ohne darüber nachdenken zu müssen. Doch das, was für jeden von uns so selbstverständlich erscheint, ist für viele, oft ältere Menschen eben nicht mehr möglich. Tatsächlich sind Millionen von Menschen nur in unseren Breiten von Dysphagie betroffen. Zudem ist die Tendenz weiter steigend. Wobei die Inzidenz je nach Altersgruppe bei 1,7 % bis 11,3 % liegt. Gründe sind die zunehmende Altersstruktur unserer Gesellschaft und eine verbesserte medizinische Akutversorgung.

 

Schluckstörungen – Dysphagie: Symptome mindern die Lebensqualität erheblich

Für einen Betroffenen bedeutet Dysphagie mit Beeinträchtigung des Schluckens eine erhebliche Minderung der Lebensqualität, die eine psychische, soziale und gegebenenfalls berufliche Reintegration erschweren. Auch die soziökonomischen Auswirkungen sind enorm. Denn nicht rechtzeitig erkannt, sind für den Patienten eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit und Sterblichkeit die Folge. Für die Gesellschaft verursachen Schluckstörungen eine drastische Erhöhung der allgemeinen Behandlungskosten durch den prolongierten stationären Aufenthalt, erhöhte Aspirationspneumonie- und Malnutritionsrate.

In den USA wird der ökonomische Einfluss einer Dysphagie auf etwa 550 Millionen US-Dollar pro Jahr geschätzt. Und zwar sind das vor allem Kosten infolge eines Missmanagements der Symptome von Schluckstörungen.

Weltweit gerät damit die Versorgung von Dysphagie-Patienten zunehmend in den Fokus des Interesses. Denn kaum eine Störung bindet und fordert so viele sowie unterschiedliche medizinische wie therapeutische Fachdisziplinen. Denn die Ursachen dafür, nicht mehr schlucken zu können, sind mannigfaltig. Am häufigsten sind Schlaganfall-Patienten betroffen. Wobei Versorgungsstrukturen für Schlaganfall gut etabliert und evidenzbasiert sind.

Das Erkennen von Schluckstörungen beinhaltet die wesentlichen drei Säulen Früherkennung, Diagnostik und Therapie. Die Versorgungskonzepte für Schluckstörungen infolge einer Kopf-Hals-Tumor-Erkrankung sind im Aufbau begriffen und auch das Schlucken des alternden multimorbiden Menschen ist zunehmend Gegenstand der klinischen Versorgung und Forschung zur Dysphagie.

 

Fazit

Trotz vieler bekannter wissenschaftlicher Ergebnisse ist im Grunde genommen vieles über die Symptome, die Ursachen sowie das effektive Management von Schluckstörungen noch nicht bekannt. Beispielsweise für Dysphagie infolge einer Langzeitbeatmung oder Schluckstörungen im Kindesalter.

Jedenfalls stellen Schluckstörungen auch in Zukunft ein zentrales Kerngebiet der HNO-Heilkunde dar. Wobei die Etablierung Evidenz basierter und flächendeckender Versorgung ein wichtiges Ziel für Millionen Betroffenen ist.


Literatur:

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Quelle:

Schluckstörungen, Dysphagie: eine häufige Erkrankung, noch unterschätzt. Prof. Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Christiane Hey, Chefärztin der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie, Universitätsklinikum Marburg. 87. Jahresversammlung der DGHNO-KHC.

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