Dienstag, April 16, 2024

Risiko Klettersteig

Risiko Klettersteig: Mangelhafte Ausrüstung und Fehlverhalten führen zu Unfällen.

 

Klettersteige erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Mit der zunehmenden Nutzung der gesicherten Routen geht jedoch auch ein Anstieg der Unfallzahlen einher. „Viele Unfälle, die auf Klettersteigen passieren, hängen mit mangelhafter Ausrüstung oder mit Verhaltensfehlern zusammen“, sagt Dr. Martin Faulhaber vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Innsbruck. Um herauszufinden, wo die Prävention solcher Unfälle am ehesten ansetzen sollte, hat Faulhaber gemeinsam mit Kollegen eine Befragung unter Klettersteiggehern durchgeführt. Die Ergebnisse stellen sie in der Fachzeitschrift „Sportverletzung – Sportschaden“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2015) vor.

 

Der Großteil der Befragten war am Klettersteig ausreichend ausgerüstet – Frauen verzichteten jedoch häufiger auf einen Helm

Die österreichischen Wissenschaftler befragten insgesamt 332 Klettersteiggeher an sieben Klettersteigen in Tirol. Dabei erkundigten sie sich nach der benutzten Kletterausrüstung, dem klettersteigspezifischem Wissen, der allgemeinen Risikobereitschaft der Teilnehmer und der mitgeführten Notfallausrüstung. Wie sich zeigte, waren lediglich zehn Prozent der Sportler ohne oder nur mit einem behelfsmäßigen Klettersteigset unterwegs. „Der größte Teil benutzte ein adäquates Set mit Bremse oder Bandfalldämpfer, die die Folgen eines möglichen Sturzes ins Seil abmildern. Außerdem trugen insgesamt 92 Prozent der Befragten einen Helm. Überraschenderweise lag diese Quote bei den Frauen mit 86 Prozent deutlich niedriger als bei den Männern“, sagt Martin Faulhaber. Von den befragten Männern waren immerhin 96 Prozent mit einem Helm unterwegs.

Über die Gründe für die vergleichsweise niedrige Helmtragequote bei Frauen können die Forscher nur spekulieren. Faulhaber verweist auf ähnliche Studien bei Alpinskifahrern, wo Frauen hauptsächlich angaben, wegen der starken Einschränkung von Sicht und Hörvermögen auf den Helm zu verzichten. Manchmal spielten jedoch auch ästhetische Gründe eine Rolle. „Hier müsste dringend besser aufgeklärt werden“, mahnt Faulhaber.

 

Klettersteiggeher scheinen allgemein etwas weniger risikofreudig – bei Überholmanövern geht die Vernunft jedoch bei jedem Dritten über Bord

Dass Klettersteiggeher für sicherheitsrelevante Tipps durchaus empfänglich sind, lässt sich aus den Angaben zur allgemeinen Risikobereitschaft ableiten. Demnach sind Klettersteiggeher eher etwas weniger risikofreudig als zum Beispiel Alpinskifahrer, Bergsteiger oder Taucher. „Allerdings gab jeder dritte Befragte an, für einen Überholvorgang auch schon einmal die Selbstsicherung aufzugeben“, berichten die österreichischen Forscher. Angesichts der Tatsache, dass in ungesichertem Zustand schwere und tödliche Unfälle passieren können, sollten solche ungesicherten Überholmanöver unbedingt vermieden werden.
Informationsbedarf besteht offenbar auch in Bezug auf klettersteigspezifische Gefahren: Hier stufen Faulhaber und seine Kollegen den Wissensstand als eher schlecht ein. So wusste nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten über den korrekten Abstand zum Vordermann Bescheid. Dabei sollte mindestens eine Verankerung zwischen zwei Personen liegen. Und nur rund ein Drittel konnte angeben, warum auch ein gesicherter Sturz auf einem Klettersteig gefährlich sein kann – nach einer Fallstrecke von rund fünf Metern kann schon der harte Fangstoß Knochenbrüche oder innere Verletzungen mit sich bringen.

Faulhaber und seine Kollegen gehen davon aus, dass Klettersteiggeher gut über Informationskampagnen zu erreichen wären. Ein wichtiges Ziel sei es etwa, die Helmtragequote zu erhöhen. Mithilfe von Informationstafeln am Eingang zu Klettersteigen ließe sich auch über Risiken im Klettersteig und entsprechendes sicherheitsrelevantes Verhalten aufklären – und so die Unfallzahlen womöglich senken.

 

Quelle: M. Faulhaber et al.: Ausrüstung, Risikobewusstsein und sicherheitsrelevantes Verhalten von Klettersteiggehern; Sportverletzung Sportschaden 2015; Online erschienen am 28. April 2015; DOI: 10.1055/s-0034-1399234

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