Polysorbat 80 – ein als sicher geltender Zusatzstoff, der vielerorts von Eis bis zu Kosmetika zu finden ist, hilft gegen E.coli-Bakterien.
Wäre die Entdeckung der Eigenschaften von Polysorbat vor dem tödlichen Jahr 2011 bekannt gewesen, in dem ein dramatischer Ausbruch von Infektionen mit den E.coli-Bakterien Deutschland heimsuchte – mit fast 4.000 – teilweise sehr schwer – erkrankten Menschen und 53 Todesopfern, hätten die Ärzte möglicherweise ein wirksames Mittel in der Hand gehabt, um einige der Opfer zu retten.
Aktuelle Ergebnisse, die jetzt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Biofouling publiziert wurden, zeigen, dass Polysorbat 80 den schützenden Biofilm angreifen, in denen die E.coli-Bakterien leben. Dadurch werden die teils tödlichen Bakterien harmloser, erklärte der Professor Chris Waters von der Michigan State University für Mikrobiologie und Molekulargenetik.
E.coli-Bakterien mit blutigen Durchfällen
Escherichia coli ist ein sich ausbreitendes krankheitserregendes Bakterium, von dem zunehmend mehr verschiedene Stämme bekannt werden und problematisch sind. Der Erreger verursacht blutigen Durchfall sowie auch potenziell tödliche Nierenschäden wie das selten auftrtende hämolytisch-urämisches Syndrom. Zu einer Infektion mit E.coli-Bakterien kommt es in der Regel durch eine unbeabsichtigte Einnahme von kontaminierten und unvollständig gekochten Lebensmitteln oder auch zum Beispiel durch Tierkot. 40 Prozent der Durchfälle auf Reisen werden dem so genannten enterotoxischen Escherichia coli (ETEC – Darminfektion durch Colibakterien) zugeschrieben.
Polysorbat 80 löscht Biofilm aus
Ein Biofilm stellt eine vielzellige Gemeinschaft von Bakterien dar, der wie ein Schutzschirm für die Erreger wirkt. „Wir fanden heraus, dass Polysorbat 80 den Biofilm auslöschen kann. Damit nimmt er den E.coli-Bakterien die Fähigkeit, den menschlichen Organismus während der Infektion zu schädigen. Wir glauben, dass dies den Erregern die Fähigkeit nimmt, Toxine zu produzieren.“
Während der ersten Untersuchungen im Tiermodell zeigte sich, dass Polysorbat 80 keinen Einfluss auf die Anzahl der krankheitserregenden E.coli-Bakterien hatte. Das war ein wenig frustrierend, vor allem weil es vielversprechenden früheren Tests widersprach. Doch bei genauerer Überprüfung entdeckten die Wissenschaftler, dass Polysorbat 80 im wesentlichen die E.coli-Bakterien-Produktion der Toxine blockierte, wenngleich die Anzahl der Bakterien nicht reduziert werden konnte.
Im Mausmodell wurde dann im Wesentlichen bestätigt, dass Polysorbat 80 den E.coli-Bakterien die Fähigkeit hat, krankheitsverursachende Toxine herzustellen und an den Wirtskörper abzugeben, so dass die Bakterien ohne Schaden zu verursachen den Körper bis zum Darmtrakt passieren. Dies könnte sich als sehr effektive Behandlungsstrategie gegen Escherichia coli entpuppen.
Sicherheit von Polysorbat 80
Polysorbat 80 gilt als Grenzflächen aktive Substanz, die wie eingangs erwähnt als Emulgator und Netzmittel in diversen Lebensmitteln, Kosmetika und Arzneimitteln eingesetzt wird. Beispielsweise wird Polysorbat 80 sehr oft in Eiscreme verwendet, worduch verhindert werden soll, dass Milchproteine die Fetttröpfchen vollständig umschließen. Stattdessen bilden sie Ketten und Netzstrukturen, die Luft in der Mischung halten, wodurch eine festere Struktur gebildet wird, die für ein Beibehalten der Form beim Schmelzen der Eiscreme sorgt.
Polysorbat 80 wird allgemein als sicher angesehen – es gilt chemisch als inert sprich untätig und träge, da es mit potentiellen Reaktionspartnern wie z.B. Luft und Wasser nicht oder nur mimimal reagiert. Daher erfordert die Anwendung gegen E.coli-Bakterien keine Zulassung durch die jeweiligen Arzneimittelbehören wie FDA und EMA. So könnte Polysorbat 80 möglicherweise sehr bald auch gegen Reisedurchfall zum Einsatz kommen.