Donnerstag, April 25, 2024

Immuntherapeutikum Blinatumomab bei ALL-Rezidiv

Die Behandlung mit Blinatumomab kann in einem sehr frühen Rezidiv-Stadium das Überleben von Patienten mit Akuter Lymphatischer Leukämie deutlich verbessern.

In der Therapie von Patienten mit Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) zeigte die kombinierte Anwendung einer hochpräzisen Krebsdiagnostik auf molekularer Ebene mit dem Immuntherapeutikum Blinatumomab ein deutlich verbessertes Überleben für die Betroffenen mit minimaler ALL-Resterkrankung.

Akute Lymphatische Leukämie therapieren

Akute Lymphatische Leukämie (ALL) ist eine bösartige Blutkrebs-Erkrankung. Im blutbildenden System entartet dabei eine frühe Vorstufe der Lymphozyten und vermehrt sich unkontrolliert. Lymphozyten – die weißen Blutkörperchen und Teil des Immunsystems – unterliegen bei Vermehrung und Erneuerung im gesunden menschlichen Organismus einer klaren Regulierung, bei der ALL ist dieser Prozess außer Kontrolle.

ALL-Patienten werden bis dato nach der Erstdiagnose vorweg chemotherapeutisch behandelt, um eine Remission – eine Rückbildung – der Erkrankung einzuleiten. Mehr als die Hälfte der erkrankten Patienten sprechen auf diese Induktionstherapie gut an und können häufig nach weiterer Chemotherapie geheilt werden. Bei den restlichen Patienten besteht eine minimale Resterkrankung – eine sogenannte Minimal Residual Disease – MRD. Diese ALL-Patienten erleiden fast immer ein klinisches Rezidiv und haben dann eine sehr schlechte Überlebensprognose. Hier ist die allogene Stammzelltransplantation eine weitere Behandlungsoption, die Sterberate unter den Betroffenen ist aber sehr hoch.

Deutlich verbessertes Überleben durch Blinatumomab

Nun wurde eine Studie mit Blinatumomab veröffentlicht, die im Jahr 2010 in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Tschechien gestartet wurde. Dabei kamen modernste Methoden der molekularen Diagnostik zum Einsatz, um mit hoher Sensitivität und Spezifität ALL-Patienten mit MRD zu identifizieren. Mit 116 Teilnehmer/innen war die Grundgesamtheit an Studienpatienten, die mit Blinatumomab behandelt wurden, für eine so seltene Erkrankung – wie Akute Lymphatische Leukämie – sehr hoch.

Etwa 80 Prozent der Behandelten sprachen auf die Antikörpertherapie mit Blinatumomab sehr gut an und wurden MRD-negativ, was zu einer deutlichen Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit führte. Dabei zeigte Blinatumomab nicht nur bei voll entwickeltem Rezidiv seine Wirksamkeit, sondern auch in einem viel früheren Stadium. In Kombination mit der Anwendung moderner, hochempfindlicher molekularer Diagnostikverfahren zur frühzeitigen Rezidiv-Erkennung können die Heilungschancen für die betroffenen Patienten somit deutlich verbessert werden.

 

Bispezifischer Antikörper Blinatumomab

Blinatumomab ist ein Immuntherapeutikum, das direkt das menschliche Immunsystem gegen Tumorzellen wirken lässt. Der Wirkstoff gehört zur neuen Klasse der so genannten bispezifischen Antikörper und ist der erste zugelassene, der es körpereigenen T-Zellen, eine Form der Lymphozyten, ermöglicht, die Leukämiezellen zu erkennen und vernichten zu können. Dazu docken die Antikörper an der Krebszelle an, binden andererseits an T-Zellen und aktivieren so die Abwehrzellen, dass sie die schädlichen Zellen zerstören.

An der Erfindung, Entwicklung und klinischen Erprobung von Blinatumomab entscheidend beteiligt waren Prof. Dr. Ralf Bargou, der Direktor des am Uniklinikum Würzburg (UKW) angesiedelten Comprehensive Cancer Centers (CCC) Mainfranken, Dr. Marie-Elisabeth Goebeler, die Leiterin der Early Clinical Trial Unit am UKW, sowie Prof. Dr. Max Topp, der Leiter des Bereichs Hämatologie an der Medizinischen Klinik II des Würzburger Uniklinikums.


Literaturnachweis: Blinatumomab for minimal residual disease in adults with B-precursor acute lymphoblastic leukemia Gökbuget N., Dombret H., Bonifacio M., Reichle A., Graux C., Faul C., Diedrich H., Topp MS., Brüggemann M., Horst HA., Havelange V., Stieglmaier J., Wessels H., Haddad V., Benjamin JE., Zugmaier G., Nagorsen D., Bargou RC. Blood. 2018 Jan 22. pii: blood-2017-08-798322. doi: 10.1182/blood-2017-08-798322

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