Fettleber: Gesundheitsrisiko Zucker – Kostengünstiger Gentest als lebensrettende Präventionsmaßnahme an der Med Uni Graz identifiziert.
Übergewicht und Fettsucht sind die neuen Geißeln unserer Wohlstandsgesellschaft. Neben dem kausalen Zusammenhang mit Krebs und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems kann Übergewicht auch zu schweren Lebererkrankungen führen, wie der gefährlichen chronischen Fettleber. Eine frühzeitige Diagnose ist daher essentiell. WissenschafterInnen am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik identifizierten nun einen kostengünstigen und effizienten Gentest, der die Gefahr einer chronischen Fettlebererkrankung prognostiziert und somit langfristige Spätfolgen verhindern kann.
Fettleber: Schleichender Krankheitsverlauf mit fatalen Folgen
Dass Übergewicht eine große Gesundheitsgefahr darstellt ist bekannt, wenngleich es oftmals als rein kosmetisches Problem abgetan wird. Neben einem übermäßigen Alkoholkonsum ist vor allem das Übergewicht ein ernstzunehmender Faktor an einer gefährlichen Lebererkrankung zu leiden. „Mittlerweile ist es wahrscheinlicher geworden auf Grund von Übergewicht an einer chronischen Fettleber zu erkranken als an Alkoholismus, wobei übergewichtige Menschen interessanterweise in unterschiedlichem Ausmaß davon betroffen sind“, klärt Univ.-Prof. Dr. Harald Mangge, Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Med Uni Graz, auf. Einerseits erkranken Menschen mit geringem Übergewicht frühzeitig und massiv an Leberveränderungen, während andere beträchtliches Übergewicht und massive Gewichtsschwankungen ohne schwere Leberschäden überstehen.
Die Fettlebererkrankung ist durch Fetteinlagerungen – überwiegend Triglyceride – in die Leberzellen charakterisiert. „Ein Kalorienüberschuss führt dabei zur Störung des Fettsäure- und Triglyceridstoffwechsels in der Leberzelle und somit zur Fetteinlagerung. Anfangs noch reversibel, führt die Fetteinlagerung mit der Zeit zu irreparablen Schäden, die schlimmstenfalls sogar in Leberkrebs enden können“, beschreibt Harald Mangge den Krankheitsverlauf. Neben dem Leberstoffwechsel spielt eine chronische Entzündungsreaktion eine zentrale Rolle – Non-Alcoholic-Steato-Hepatitis NASH. „Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die nichtalkoholische Fettlebererkrankung bereits jetzt zu den häufigsten kindlichen Lebererkrankungen zählt“, so Harald Mangge. Besonderes Augenmerk wird am von Harald Mangge supplierend geleiteten Institut auf die Erforschung sowie Verbesserung personalisierter Diagnostik mit optimiertem Kosten/Nutzen Verhältnis gelegt. Fettlebererkrankungen belasten das Gesundheitssystem zunehmend und die Früherkennung ist essentiell, um einen fatalen Krankheitsverlauf zu verhindern.
PNPLA3 Gen steuert das Krankheitsrisiko
Rund 25% der erwachsenen westlichen Bevölkerung leidet an einer Fettleber, wobei immer häufiger Kinder und Jugendliche betroffen sind – Tendenz stark steigend. Der durch mangelnde Bewegung und hochkalorische Ernährung geprägte westliche Lebensstil trägt wesentlich zu dieser Entwicklung bei. Individuelle Unterschiede im Zusammenhang von Übergewicht und einer Fettlebererkrankung deuten auf bestimmte genetische Veranlagungen hin, die den Verlauf begünstigen oder bremsen können. In diesem Zusammenhang wurde eine mitteleuropäische Kohorte von normalgewichtigen und adipösen Menschen verschiedenen Lebensalters untersucht, wobei sich die Kohorte durch einen einzigartig hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen am Kollektiv auszeichnet. Besonderes Augenmerk wurde auf den Patatin-like phospholipase 3 (PNPLA3) Gen Polymorphismus gelegt.
Unter der Vielzahl an Genen die mit der Fettleber in Verbindung gebracht werden, ist PNPLA3 derzeit das Wichtigste. Ein Zusammenhang zwischen dem G-Allel dieses Gens und Lebererkrankungen wird schon länger vermutet. Fettreiche Kost führt zu einer Überaktivität, während ein günstiges mehrfach ungesättigtes Fettsäuren Verhältnis in der Nahrung die Genaktivität unterdrückt. „Wir konnten in einem Kollektiv von rund 500 ProbandInnen zeigen, dass sowohl mischerbige (heterozygote) als auch reinerbige (homozygote) Personen mit dem G-Allel von PNPLA3 signifikant erhöhte Leberwerte zeigen. „Die zentrale Beobachtung ist, dass wir erstmals nachweisen konnten, dass bereits Jugendliche signifikant erhöhte Leberwerte haben, wenn sie TrägerInnen des G-Allels waren“, sagt Harald Mangge.
Zucker als Risikofaktor: Kostengünstiger Gentest schafft Klarheit
Vor allem Fruchtzucker und Haushaltszucker fördern die Fettansammlung in der Leber. Beide sind beispielsweise in teilweise aberwitzig großen Mengen in Limonaden enthalten. „Einen besonderen Risikofaktor stellt in diesem Zusammenhang Maissirup dar, der aktuell vor einem massenhaften Einsatz als billiges Süßungsmittel in der EU steht“, warnt Harald Mangge. Eine frühzeitige konsequente Lebensstilintervention – regelmäßige Bewegung, kalorienreduzierte fettarme Ernährung, Verzicht auf Fruchtzucker bzw. rigorose Reduktion von „normalem“ Zucker etc. – kann bei GenträgerInnen Leberveränderungen verhindern, bzw. diese sogar wieder rückgängig machen. „Dieses Faktum macht eine Bestimmung der PNPLA Konstellation äußerst sinnvoll“, rät Harald Mangge. Ein Gentest kann RisikokandidatInnen frühzeitig identifizieren und mittels konsequenter Lebensstilintervention aus der Einbahnstraße Fettleber führen. „Der PNPLA-Gentest ist eine nachhaltige und kostengünstige Methode, die langfristige negative Gesundheitsfolgen vermeiden kann und dadurch auch Krankheitskosten senkt“, resümiert Harald Mangge.