Zur Diagnostik von Kopf-Hals-Tumoren gehören eine internistische sowie eine klinische HNO-Untersuchung, Panendoskopie sowie bildgebende Verfahren.
Die Diagnostik von bösartigen Kopf-Hals-Tumoren sollten von einem Spezialisten durchgeführt werden. Und zwar ist das je nach Lokalisation des Tumors der HNO-Arzt oder der Kieferchirurg, dem für die Diagnose verschiedener diagnostische Verfahren zur Verfügung stehen.
Unter dem Sammelbegriff Kopf-Hals-Tumoren versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch Tumoren des oberen Aero-Digestivtraktes. Der Terminus Kopf-Hals-Tumoren wird auch mit Plattenepithelkarzinomen gleichgesetzt, da sie mit über 90% aller Karzinome dieser Region das weitaus häufigste Malignom der oberen Atem- und Schluckwege darstellen. Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich daher auf Plattenepithelkarzinome der Mundhöhle, des Oro- und Hypopharynx sowie des Larynx.
Risikofaktoren
Als Risikofaktoren für die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen des oberen Atem- und Schlucktraktes sind hoher Tabak- und Alkoholkonsum zu nennen. Gerade die Kombination beider Faktoren potenziert deren Einzelwirkung.
Einen weiteren Risikofaktor stellt die ungenügende oder fehlende Mundpflege, ebenfalls in Kombination mit übermäßigem Alkohol- und Zigarettenkonsum, dar. Mechanische Irritationen der Schleimhaut durch einen schlechten und nicht sanierten Zahnstatus oder durch Zahnprothesen können im Einzelfall zu Schleimhautveränderungen führen, die das Risiko einer Karzinomentstehung erhöhen. Betrachtet man die letzten 20 Jahre, so kann man eine Veränderung in der Inzidenz von Krebsfällen verschiedener Sublokalisationen erkennen.
Am deutlichsten ist daraus das Ansteigen der Oro- und Hypopharynxkarzinome zu ersehen, wohingegen die Kehlkopfkarzinome leicht rückläufig sind. Die relativ gesehen stärkere Zunahme des Zigarettenkonsums bei Frauen erklärt auch das schnellere Ansteigen der Inzidenz beim weiblichen Geschlecht in nationalen und internationalen Statistiken.
Diagnostik von Kopf-Hals-Tumoren
Die Untersuchungen im Rahmen einer Abklärung eines Kopf-Halstumors sollten einem gewissen Schema folgen. Im Wesentlichen stützt sich die prätherapeutische Diagnostik auf vier Säulen:
Klinische HNO-Untersuchung
Die Erhebung des genauen HNO-Status hat vor allem den Sinn, einen Eindruck über die Größe des Tumors am wachen Patienten und über eventuelle tumorbedingte Funktionseinschränkungen (z.B. Stimmbandbeweglichkeitsstörungen bei Larynx- oder Hypopharynxkarzinomen) zu bekommen. Ist der Tumor gut zugänglich, kann zur gleichen Zeit eine Probebiopsie entnommen werden.
Endoskopie (Panendoskopie) der oberen Schluck und Atemwege in Allgemeinnarkose
Die Panendoskopie dient einerseits der exakten Lokalisation und Größenbestimmung des Tumors und andererseits dem Ausschluss von Zweitkarzinomen, die immerhin in bis zu 15% der Fälle vorkommen können. Die Panendoskopie sollte eine Pharyngo-, Laryngo-, Tracheo- Broncho-, sowie eine Ösophagoskopie umfassen. Die Randbereiche des Tumors müssen biopsiert werden, um die Tumorgrenzen auch histologisch absichern zu können. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte das prätherapeutische T-Stadium festgelegt werden.
Bildgebende Verfahren
Als bildgebende Diagnostik für die Darstellung des Primärherdes ist eine CT oder eine MRT zu fordern. Für die Beurteilung der Lymphknotenpathologie kann eine zusätzliche Sonographie hilfreiche Zusatzinformationen liefern. Prinzipiell wird man in den meisten Fällen mit einer CT auskommen.
Die MRT bietet dann Vorteile, wenn eine genaue Abgrenzung im Weichteilgewebe notwendig ist (beispielsweise bei Zungengrundtumoren oder bei unklarem Wachstumsverhalten des Tumors in Bezug auf die tiefe Halsfaszie oder aber auch in der Rezidivdiagnostik) oder wenn durch Zahnplomben eine Beurteilung der Mundhöhle durch Artefaktbildungen nicht möglich ist.
Weiter obligat ist ein Lungenröntgen. Besteht auch nur der geringste Zweifel an der Metastasenfreiheit der Lunge, ist eine CT der Lunge zu veranlassen. Weiter hat es sich bewährt vor ausgedehnten Eingriffen im Rezidivfall (»salvage surgery«), eine genaue Abklärung der Lunge auf Metastasen durchzuführen.
Der Begriff Kopf-Hals-Tumoren fasst diverse Krebserkrankungen des Kopfes und des Halsbereiches zusammen.
Die weitere radiologische Diagnostik richtet sich nach Ausdehnung und Sitz des Primärherdes. So sind beispielsweise bei Tumoren der Mundhöhle, die einen engen Kontakt zur Mandibula haben, Zielaufnahmen zur Beurteilung der Kortikalis oder auch ein Knochenscan sinnvoll.
Bei Eingriffen, die einen mikrovaskulären Gewebstransfer zur Defektdeckung benötigen ist prätherapeutisch eine Duplex-Sonographie der Halsgefäße angezeigt.
Eine weitere Methode in der Diagnostik von Tumoren stellt die Positronen-Emmissionstomographie (PET) dar. Aufgrund der fehlenden Detailauflösung kann sie nur in Verbindung mit anderen bildgebenden Verfahren (CT oder MRT) eingesetzt werden.
Das Haupteinsatzgebiet liegt momentan noch in der Rezidiv-Diagnostik oder bei Halslymphknoten-Metastasen bei fehlendem Primärherd (CUP). Unterschiedliche Ergebnisse in der Literatur bei einer noch zu geringen Patientenanzahl im Rahmen der Primärtumordiagnostik sowie die noch hohen Kosten lassen derzeit eine Anwendung der PET in der Routinediagnostik als nicht sinnvoll erscheinen.
Ein weiteres diagnostisches Verfahren bei Kopf-Hals-Tumoren stellt die Suche nach einem Sentinel-Lymphknoten dar. So wie dies aus der Dermatologie (Melanom) oder der Gynäkologie (Mammakarzinom) bekannt ist.
Gesamt-Diagnostik von Kopf-Hals-Tumoren
Eine internistische Durchuntersuchung sollte immer Teil der Gesamt-Diagnostik von Kopf-Hals-Tumoren sein. Einerseits sollten andere Tumoren ausgeschlossen werden. Anderseits sollte bei einer Therapieplanung auf den Allgemeinzustand des Patienten Rücksicht genommen werden.
Literatur:
Chow LQM. Head and Neck Cancer. N Engl J Med. 2020;382(1):60‐72. doi:10.1056/NEJMra1715715
Zhuang RY, Xu HG. Head and Neck Cancer. N Engl J Med. 2020;382(20):e57. doi:10.1056/NEJMc2001370
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N Stasche, A Schmieder. Kopf-Hals-Karzinome, in: W. Dornoff, F.-G. Hagemann, J. Preiß, A. Schmieder (Hrsg.): Taschenbuch Onkologie 2010: Interdisziplinäre Empfehlungen zur Therapie 2010/2011, Zuckschwerdt Verlag 2010, S. 137-144
Quelle:
Diagnostik und Therapie von Kopf-Hals-Tumoren. von Univ.-Prof. Dr. Martin Burian. MEDMIX 1/2006.