Freitag, April 19, 2024

Zusatznutzen für Dabrafenib-Trametinib bei Melanom mit BRAF-V600-Mutation

Bei Frauen zeigt die Kombination von Dabrafenib und Trametinib bei Melanom mit BRAF-V600-Mutation einen erheblichen Zusatznutzen aufgrund längerem Überlebens.

Dabrafenib ist ein Kinasehemmer, den man zur Behandlung von Patienten mit nicht operierbarem, resezierbarem oder metastasiertem Melanom mit spezifischen BRAF- Varianten anwendet. Dabei kann Dabrafenib kann als Einzelwirkstoff zur Behandlung von Melanomen mit der BRAF V600E-Variante oder in Kombination mit dem MEK-Inhibitor Trametinib zur Behandlung von Melanomen mit BRAF V600E- oder V600K-Varianten verwendet werden.

 

Dabrafenib bei Vorhandensein einer BRAF-Mutation

Unter dedm Strich ist Dabrafenib – mit Handelsnamen Tafinlar – seit 2013 zur Behandlung von fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs zugelassen. Und zwar genauer bei Erwachsenen mit metastasiertem oder nicht mehr operablem Melanom mit einer BRAF-V600-Mutation.

BRAF ist eine intrazelluläre Kinase im Weg der mitogenaktivierten Proteinkinasen (MAPK). BRAF ist an der Regulierung wichtiger Zellfunktionen wie Zellwachstum, Zellteilung, Differenzierung und Apoptose beteiligt. Weiter ist BRAF auch ein Protoonkogen. Das heisst, durch Mutation kann es normale Zellen in Krebszellen umwandeln.

Variationen in der Kinasedomäne von BRAF wurden mit verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht. Die häufigste BRAF-Variante, V600E, aktiviert die Kinase konstitutiv und bewirkt eine Zellproliferation ohne Wachstumsfaktoren, die normalerweise erforderlich wären. Die V600E-Variante wird in etwa 50% der Melanome nachgewiesen.

Vor Beginn der Behandlung mit Dabrafenib muss jedenfalls mithilfe von zugelassenen Tests bestätigt werden, dass in Tumorproben (V600E für Dabrafenib-Monotherapie; V600E oder V600K für Dabrafenib plus Trametinib) eine BRAF- Mutation vorhanden ist. Zudem sollte man Patienten mit einem Mangel an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) während der Einnahme von Dabrafenib auf Anzeichen einer hämolytischen Anämie überwachen.

 

Dabrafenib und Trametinib hemmen Enzyme des MAP-Kinase-Signalwegs

Seit September 2015 ist Dabrafenib für Erwachsenen mit metastasiertem oder nicht mehr operablem Melanom auch in Kombination mit Trametinib (Handelsname Mekinist) zugelassen.

Bei ungefähr der Hälfte aller Melanome ist das Gen für das Enzym BRAF mutiert, das zum MAP-Kinase-Signalweg gehört und in seiner veränderten Form zu einer übermäßigen Zellvermehrung beiträgt.

Neue Wirkstoffe wie Dabrafenib oder Vemurafenib hemmen die Aktivität der mutierten Kinase BRAF. Allerdings bilden viele Melanome nach einiger Zeit Resistenzen aus. Sie umgehen die Bremse im MAP-Kinase-Weg.

Dieses Risiko soll durch den Einsatz eines zweiten Inhibitors verringert werden, der an einer anderen Stelle ansetzt. Denn Trametinib hemmt das Enzym MEK, das BRAF im Signalweg nachgeschaltet ist.

 

Zusatznutzen für Dabrafenib plus Trametinib bei Melanom

Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in den letzten Jahren einige Überprüfungen durchgeführt, die einen möglichen Zusatznutzen von Dabrafenib plus Trametinib oder auch Trametinib allein gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Vemurafenib ergeben sollten. Demnach war für die Trametinib-Monotherapie mangels geeigneter Studiendaten kein Zusatznutzen belegt.

Bei der Kombinationstherapie gab es vorweg Hinweise auf einen erheblichen Zusatznutzen für Frauen und auf einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen für Männer.

Im Jahr 2019 ergab eine Analyse, dass die Wirkstoffkombination Dabrafenib plus Trametinib bei Melanom-Patienten ein längeres Überleben brachte. Und zwar mit weniger oder späteren Rezidiven. Genauer gesagt handelte es sich um die adjuvante Behandlung mit Dabrafenib plus Trametinib von Erwachsenen mit Melanom im Stadium III mit BRAF-V600-Mutation nach vollständiger operativen Entfernung des kranken Gewebes.

 

Kombinationstherapie Dabrafenib-Trametinib verlängert die Lebenszeit von Frauen

Die randomisierte, aktiv kontrollierte Studie COMBI-v ist vor einigen Jahren zur Beantwortung der Frage nach dem Zusatznutzen der Kombination Dabrafenib – Trametinib gegenüber Vemurafenib geeignet gewesen. Eingeschlossen waren Erwachsene mit inoperablem oder metastasiertem Melanom und nachgewiesener BRAF-V600-Mutation, die noch keine systemische Krebstherapie erhalten hatten. Der primäre Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben, das im Dabrafenib-Trametinib-Arm signifikant länger ausfiel – allerdings mit einer Effektmodifikation durch das Geschlecht der Teilnehmer: Für Frauen ergibt sich ein Hinweis auf einen Zusatznutzen, bei Männern ist ein Zusatznutzen beim Gesamtüberleben dagegen nicht belegt.

 

Vorteile bei weiteren Endpunkten

Für die Endpunkte Schmerzen, Schlaflosigkeit, Appetitverlust und Diarrhö zeigt sich für die Zeit bis zur Verschlechterung jeweils ein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen der Kombination. Auch bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und bei einer Reihe spezifischer unerwünschter Ereignisse ergibt sich jeweils ein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen. Zu diesen Endpunkten fehlen im Dossier jedoch geeignete Subgruppenanalysen, aus denen hervorgeht, ob die Ergebnisse beispielsweise je nach Geschlecht unterschiedlich ausfallen. Es bleibt damit unklar, ob womöglich auch für diese Endpunkte Vorteile nur für Frauen (oder nur für Männer) bestehen. In der Gesamtschau verbleibt für Frauen mit fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs mit BRAF-V600-Mutation ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Dabrafenib/Trametinib gegenüber Vemurafenib. Für Männer mit derselben Indikation ergibt sich ein Hinweis auf einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.

 

Dabrafenib-Trametinib wirksam bei Hypophysenmetastasen

Hypophysenmetastasen haben eine ungünstige Prognose. Die Literatur bestätigt, dass Hypophysen-Melanom-Metastasen ein sehr seltenes Ereignis darstellen, bei dem es oft zu einem Therapieversagen kommt. Ein aktueller Fallbericht legt nahe, dass bei metastasierten Melanom die neuen Wirkstoffe, die auf das BRAF-System wirken, eine wirksame Therapie und eine echte Heilungschance bei längerem krankheitsfreiem Überleben darstellen könnten. Und zwar, ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen. Dies ist insbesondere bei jungen Patienten ein wichtiges Problem. Beim aktuellen Fall mit Hypophysen-Melanom-Metastasierung mit BRAF-Mutation konnte man nach unvollständiger chirurgischer Entfernung mit der Kombination von Dabrafenib und Trametinib erfolgreich behandeln.


Literatur:

Mormando M, Puliani G, Barnabei A, et al. A Rare Case of Pituitary Melanoma Metastasis: A Dramatic and Prolonged Response to Dabrafenib-Trametinib Therapy. Front Endocrinol (Lausanne). 2020;11:471. Published 2020 Jul 23. doi:10.3389/fendo.2020.00471. PMCID: PMC7390838

Dean L. Dabrafenib Therapy and BRAF and G6PD Genotype. In: Pratt VM, McLeod HL, Rubinstein WS, et al., eds. Medical Genetics Summaries. Bethesda (MD): National Center for Biotechnology Information (US); August 15, 2017.

Abraham J, Stenger M. Dabrafenib in advanced melanoma with BRAF V600E mutation. J Community Support Oncol. 2014;12(2):48-49. doi:10.12788/jcso.0014


Quellen:

https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/tafinlar-epar-product-information_de.pdf

https://www.novartis.at/system/files/product-info/FI_Mekinist.pdf

https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebnisse/projekte/arzneimittelbewertung/a15-39-dabrafenib-neues-anwendungsgebiet-nutzenbewertung-gemass-35a-sgb-v.7043.html

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