Freitag, September 6, 2024

Thrombektomie nach schwerem Schlaganfall

Kürzlich wurden auf dem europäischen Schlaganfall-Kongress in Glasgow neue Studien zur mechanischen Entfernung von Blutgerinnseln mit Hilfe von Stent-Retrievern, der Thrombektomie, vorgestellt. Experten sehen darin bei großen Thromben eine neue Standardtherapie.

Wenn große Blutgefäße im Gehirn durch Gerinnsel blockiert sind, stößt die sogenannte Thrombolyse häufig an ihre Grenzen. Dazu Professor Dr. med. Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie an der Berliner Charité und 2. Vorsitzender der DSG: „Die aktuellen Studien zeigen, dass in diesen Fällen der Eingriff mit einem Stent-Retriever die richtige Therapie ist. Bei allen Studien wurden solche modernen Mikrokatheter verwendet. Die Auswahl der Patienten wurde verbessert und die Behandlungszeit verkürzt.“ Denn ähnlich wie bei der Lysetherapie, bei der Blutgerinnsel in der Hirnarterie durch Infusion mit dem Enzym Alteplase aufgelöst werden, spielt auch bei der sogenannten Thrombektomie oder Katheterintervention der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle.

Die Aussicht für Patienten, einen Schlaganfall ohne bleibende Schäden zu überstehen, ist mit der interventionellen Therapie mit Stent-Retriever sehr gut. Dies zeigten bereits Anfang des Jahres die Ergebnisse von drei Studien, die auf der International Stroke Conference in Nashville, USA, vorgestellt wurden. In allen drei Studien (EXTEND-IA, ESCAPE und SWIFT-PRIME) erhielten die Patienten die medikamentöse Standardtherapie, die Thrombolyse. Bei der Hälfte der Patienten kam zusätzlich der Stent-Retriever zum Einsatz. „In allen drei Studien wurden große Erfolge erzielt“, fasst Professor Endres die spektakulären Ergebnisse zusammen. „Die Chance der Patienten auf ein günstiges Behandlungsergebnis wurde um 20 bis 30 Prozent gesteigert.“

Thrombektomie bedeutet Wendepunkt in der Schlaganfall-Therapie

Auf der europäischen Schlaganfall-Konferenz Mitte April in Glasgow wurden zwei weitere Studien vorgestellt, die auch im New England Journal of Medicine (NEJM) veröffentlicht wurden – REVASCAT und THERAPY. Professor Dr. med. Bernd Eckert, Leiter der Neuroradiologischen Abteilung an der Asklepios Klinik Altona: „Diese Studien bestätigen die Ergebnisse von EXTEND-IA, ESCAPE und MR CLEAN und bringen nun die endgültige Gewissheit, dass die Thrombektomie effektiv ist. Es ist ein Wendepunkt für die Therapie bei schweren Schlaganfällen.“ Komplikationen gab es im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie nur sehr wenige. Die Methode ist sicher und gut verträglich, so die beiden Experten.

Die überzeugende Datenlage der Therapie mit Stent-Retrievern wurde sofort in die neuen europäischen Leitlinien zur Schlaganfall-Therapie eingearbeitet. „Die Thrombektomie erfordert viel Erfahrung, gehört in die Hand eines Neuroradiologen und kann nur in spezialisierten Zentren mit Stroke Unit und Neuroradiologie durchgeführt werden“, gibt Professor Eckert zu bedenken.

Die Thrombektomie erfordert große Expertise

Die bestehenden Versorgungsstrukturen der akuten Schlaganfall-Therapie müssten nun angepasst werden, damit möglichst viele Betroffene mit der mechanischen Rekanalisation behandelt werden können. Denn die Thrombektomie stellt an die Ausstattung und die Ausbildung des ärztlichen Personals besondere Anforderungen. Der Katheter-basierte Eingriff muss von sogenannten Neuro-Interventionalisten durchgeführt werden. „Wir stellen bereits seit 2012 sicher, dass jede zertifizierte überregionale Stroke Unit mindestens zwei Neuro-Interventionalisten am Standort verfügbar hat“, sagt Professor Darius Nabavi, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Vivantes Klinikum in Berlin-Neukölln.

Viele überregionale Stroke Units hätten in den vergangenen Jahren durch Kooperationen in Netzwerken die Katheterbehandlung für möglichst viele Patienten sichergestellt. In Ballungsgebieten würden geeignete Patienten schon jetzt häufig in ein spezialisiertes Neurozentrum mit überregionaler Stroke Unit transportiert. „Die Personalstruktur der überregionalen Stroke Units und neurointerventionellen Teams muss noch weiter gestärkt werden“, so Professor Nabavi. Den die Thombektomie erfordert große Expertise.

Literatur:
Bruce C.V. Campbell, M.D., Peter J. Mitchell, M.D., Timothy J. Kleinig et al.: Endovascular Therapy for Ischemic Stroke with Perfusion-Imaging Selection. N Engl J Med 2015; 372:1009-1018, published on March 12, 2015, at NEJM.org.
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1414792#t=article

M. Goyal, A.M. Demchuk, B.K. Menon et al.: Randomized Assessment of Rapid Endovascular Treatment of Ischemic Stroke, The New England Journal of Medicine, published on February 11, 2015, at NEJM.org.
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1414905#t=article

B.C.V. Campbell, P.J. Mitchell, T.J. Kleinig et al.: Endovascular Therapy for Ischemic Stroke with Perfusion-Imaging Selection, The New England Journal of Medicine, published on February 11, 2015, at NEJM.org. Artikel
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1414792#t=article

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