Donnerstag, April 18, 2024

Siegeszug der Hörimplantate

Hörimplantate – ursprünglich für völlig taube Patienten entwickelt – können heutzutage auch für mittelgradig-hörgeschädigte Patienten eingesetzt werden.

Viele moderne Errungenschaften der Medizin kommen aus der HNO. Die minimal invasive Chirurgie mit Endoskopen wurde in der HNO entwickelt, ebenso das Operationsmikroskop und Operationen mit dem CO2-Laser. Und es gelang der HNO als erster Disziplin ein menschliches Sinnesorgan zu ersetzen: Das Gehör ist das derzeit einzige Sinnesorgan, das durch ein medizinisches elektronisches Implantat vollständig ersetzt werden kann. Dieser medizinische Fortschritt ist bereits standardisiert und tausende Menschen profitieren bereits davon. Durch die laufende Weiterentwicklung stehen nun auch für spezielle und besonders herausfordernde Hör-Beeinträchtigungen Implantat- und Operationsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Forschung der Universitäts-HNO-Klinik in Wien ist schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet, die Hörrehabilitation – mit und ohne Hörimplantate – laufend zu verbessern. Dies ist auch dringend notwendig, da 1,6 Mio. Österreicher von leichten bis schweren Hörschäden betroffen sind (ca. 22 Prozent der Erwachsenen) und ca. ein Prozent der Bevölkerung leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit.

 

Hörimplantate bieten sehr gute Chancen für taub geborene Kinder

Ein bis zwei von 1.000 Kindern werden in Österreich mit einer Hörschädigung geboren. Die Gehörschädigung ist daher die häufigste Beeinträchtigung von Neugeborenen. Für Österreich bedeutet das, dass bei ca. 76.000 Geburten pro Jahr ca. 230 Kinder hörbeeinträchtigt sind (Neugeborenen Hörscreening). Dank einer konsequenten Weiterentwicklung der medizinischen Implantat-Technik, werden heute taub geborene Kinder im 1. Lebensjahr implantiert und entwickeln nach der Implantation ein Hörvermögen, das hörgesunden Kindern sehr ähnlich ist.

 

Auch mittelgradig Hörgeschädigte profitieren von der Implantat-Technik

Hörimplantate wurden ursprünglich für völlig taube Patienten entwickelt. In den letzten Jahren stehen aber auch implantierbare Hörsysteme für mittelgradig-hörgeschädigte Patienten zur Verfügung. Das ist dann von besonderer Bedeutung, wenn ein konventionelles Hörgerät nicht angewendet werden kann.

 

Wie funktionieren diese Hörimplantate?

Hörimplantate haben einen getrennten Sprachprozessor mit Mikrofon. Ein winziger Computer bereitet die durch das Mikrofon am Ohr empfangenen Tonsignale auf. Als elektrische Impulse werden sie an den Hörnerv übermittelt. Das Gerät wird unter die Haut gesetzt, die damit verbundenen Elektroden werden im Innenohr befestigt. So wird das Hören fast aller Frequenzen ermöglicht.

 

Hörimplantate können am Hirnstamm angekoppelt werden

Sogar bei Erkrankungen des Hörnervs, wie zum Beispiel bei der Neurofibromatose, kann nun das Implantat auch direkt am Hirnstamm angekoppelt werden, um das Hören wieder zu ermöglichen.

Quelle:

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Gstöttner © fotoweinwurm
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Gstöttner © fotoweinwurm

Statement Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Gstöttner Vorstand der Univ.-HNO-Klinik, Medizinische Universität Wien

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