Mittwoch, November 29, 2023

Risikofaktor Luftverschmutzung für Diabetes

Die Luftverschmutzung am eigenen Wohnort – z.B. durch Verkehrsabgase – kann das Risiko erhöhen, eine Insulinresistenz als Vorstufe von Typ-2-Diabetes zu entwickeln.

Ist der eigene Wohnort durch Luftverschmutzung belastet, steigt auch das Risiko, eine Insulinresistenz als Vorstufe von Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München in der Fachzeitschrift ‚Diabetes‘ gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). „Ob und wann die Krankheit ausbricht, hängt nicht nur vom Lebenswandel oder den Genen ab, sondern kann auch Verkehrsabgase als Ursache haben“, so Prof. Annette Peters, Direktorin des Instituts für Epidemiologie II am Helmholtz Zentrum München und Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie des DZD.

Sie und ihre Kollegen haben in Kooperation mit dem Deutschen Diabetes-Zentrum, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem Deutschen Herzzentrum München für die aktuelle Studie die Daten von knapp 3.000 Teilnehmern der in Augsburg durchgeführten KORA-Studie ausgewertet. Alle Probanden wurden befragt und körperlich untersucht. Außerdem nahmen die Forscher jeweils eine Nüchtern-Blutprobe ab, in der sie sowohl verschiedene Marker für die Insulinresistenz und Entzündungen als auch weitere aus dem Fettgewebe stammende Botenstoffe bestimmten. Nicht-Diabetiker unterzogen sich zudem einem oralen Glukosetoleranztest zum Nachweis eines gestörten Glukosestoffwechsels.

Diese Daten glichen die Forschenden mit dem Grad an Luftverschmutzung – den Luftschadstoffkonzentrationen – am Wohnort der Probanden ab, die sie mittels Vorhersagemodellen basierend auf wiederholten Messungen an 20 (Partikelmessungen) bzw. 40 (Stickoxidmessungen) Standorten in der Stadt und im ländlichen Raum geschätzt hatten.

„Dabei zeigte sich, dass Menschen, die bereits einen gestörten Glukosestoffwechsel aufweisen, so genannte Prädiabetiker, besonders anfällig für die Einflüsse der Luftverschmutzung sind“, so die Erstautorin der Studie, Dr. Kathrin Wolf. „Die Marker in ihrem Blut waren in Assoziation mit den Schadstoffen in der Luft besonders signifikant verändert! Luftverschmutzung ist daher gerade für Menschen mit gestörtem Glukosestoffwechsel langfristig ein Risikofaktor für Typ-2-Diabetes.“

 

Luftverschmutzung stärker als die WHO erlaubt

Was die Autoren zudem beschäftigt, ist die Tatsache, dass die Luftschadstoffkonzentrationen zwar unterhalb der EU-Grenzwerte lagen, aber über den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagenen Richtlinien. Hier fordern sie nun Konsequenzen aus der Politik: „Eine Senkung der Luftschadstoffgrenzen wäre der richtige Schritt“, so die ebenfalls an der Studie beteiligte Dr. Alexandra Schneider. „Denn wir alle sind der Luftverschmutzung ausgesetzt. Eine individuelle Minderung durch Wegzug aus hoch belasteten Regionen ist selten eine Option.“ Zudem sei der Zusammenhang zwischen erhöhter Luftschadstoffbelastung und Erkrankungen der Atemwege sowie des Herzkreislaufsystems mittlerweile klar erwiesen.

Künftig wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch den Einfluss besonders kleiner Partikel untersuchen – den Ultrafeinstaub. „Auch in diesem Zusammenhang wird das Thema Diabetes unsere Forschung weiter prägen. Nur wenn wir die Risikofaktoren genau kennen, ist es möglich, der wachsenden Zahl betroffener Menschen mit Diabetes entgegen zu wirken“, so Studienleiterin Peters mit Blick auf die Zukunft.

 

Weitere Informationen

Hintergrund:
Eine frühere Studie des Helmholtz Zentrums München aus dem Jahr 2013 konnte belegen, dass Feinstaubbelastung das Risiko für Insulinresistenz im Kindesalter erhöht. Im Rahmen eine Metanalyse aus dem Jahr 2015 kam die selben Autoren zu dem Schluss, dass eine Langzeit-Exposition gegenüber Luftschadstoffen und die Entwicklung von Typ-2-Diabetes mit einander assoziiert sind.

Original-Publikation:
Wolf, K. et al. (2016). Association between long-term exposure to air pollution and biomarkers related to insulin resistance, subclinical inflammation and adipokines. Diabetes, doi: 10.2337/db15-1567
http://diabetes.diabetesjournals.org/content/early/2016/08/16/db15-1567

Helmholtz Zentrum München http://www.helmholtz-muenchen.de

Das Institut für Epidemiologie II (EPI II) http://www.helmholtz-muenchen.de/epi2

Die Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) http://www.helmholtz-muenchen.de/kora

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung e.V. http://www.dzd-ev.de

 

Related Articles

Aktuell

Mediterrane Küche verringert das Risiko eines weiteren Herzinfarkts

Erstmals konnten Forscher zeigen, dass die mediterrane Küche dabei hilft, die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Herzinfarkts zu verringern. Herzerkrankungen sind die Haupttodesursache in Industrieländern. Es gibt...
- Advertisement -

Latest Articles

Zusammenhang Thrombose und Krebs

Thrombose und Krebs: Thrombose-Patienten haben ein stark erhöhtes Risiko für Krebs sowie Krebs-Patienten für eine Thrombose. Im Krankenhaus wegen einer Venenthrombose behandelte Patienten haben ein vierfach...

Moderner Wundheilung: Extrakorporale Stoßwellentherapie gegen Wunden

Die Extrakorporale Stoßwellentherapie gehören bei verschiedenen chronischen Wunden zum Armamentarium einer modernen, effektiven Wundheilung. Bei manchen chronischen Wunden ist eine effektive Wundheilung schwer zu erreichen. Dabei leiden die...

Wann ungeklärtes Fieber bei Kindern mit Rheuma zusammenhängt

Ungeklärtes Fieber bei Kindern ist für den Behandler eine besondere Herausforderung, wobei man immer auch an Rheuma als Ursache denken sollte. Unter dem Strich ist...