Voraussetzung für die frühe Therapie von Rheuma bei Kindern ist, dass ein Rheumaspezialist die ersten Anzeichen und Symptome rechtzeitig erkennt.
Im Grunde genommen befindet sich die Behandlung der sogenannten juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA – Gelenkrheuma) bei Kindern und Jugendlichen im Umbruch. Dies ist deswegen der Fall, da es hierzu immer mehr Hinweise gibt, dass die frühe, intensive medikamentöse Therapie die Langzeitprognose beträchtlich verbessert. Allerdings muss man dazu frühzeitig die Symptome von Rheuma bei Kindern beziehungsweise die ersten Anzeichen erkennen. Hierzu sind Kinder- und Jugendrheumatologen die größten Spezialisten.
Langzeitbeobachtung zu Biologika
So zeigen Daten der am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin geführten Langzeitbeobachtung JuMBO, dass es Betroffenen mit schwerer juveniler idiopathischen Arthritis im Erwachsenenalter umso besser ging, je früher sie mit Biologika behandelt wurden. Diese Medikamente können durch das Abfangen von Entzündungsbotenstoffen oder das Abbremsen aktivierter Immunzellen die rheumatische Entzündung kontrollieren.
Wenn betroffene Kinder bereits in den ersten zwei Krankheitsjahren Biologika bekamen, dann traten im Erwachsenenalter seltener Gelenkschädigungen und Begleiterkrankungen auf. Zum Beispiel einen Bluthochdruck, eine Osteoporose oder einen Kleinwuchs – und zwar im Vergleich mit als später Behandelte. Außerdem hatten Früherbehandelte häufiger eine therapiefreie Remission.
Erkennen der Symptome entscheiden für den frühen Therapiebeginn von Rheuma-Erkrankungen bei Kindern
Auch andere Untersuchungen zeigten, dass der Zeitpunkt des Therapiebeginns den Verlauf der Erkrankung entscheidend beeinflusst. Man nimmt an, dass ein frühes Krankheitsstadium mit Medikamenten besser beinflussbar ist als ein spätes und frühe Entzündungsprozesse komplett rückbildungsfähig sind.
Deshalb empfahl ein internationales Expertengremium jetzt auch für Kinder und Jugendliche mit Gelenkrheuma eine frühe und konsequente Therapie. Und zwar mit dem Ziel, innerhalb der ersten sechs Behandlungsmonate eine inaktive Erkrankung zu erreichen.
Dass dieses anspruchsvolle Therapieziel realistisch ist, führen Ergebnisse aus aktuellen Beobachtungsstudien von neu an JIA Erkrankten vor Augen. Danach erreichen mit den heutigen Therapiemöglichkeiten etwa 95 Prozent der rheumakranken Kinder in den ersten fünf Erkrankungsjahren zumindest vorübergehend eine inaktive Erkrankung. Die Wege zum Erreichen einer inaktiven Erkrankung sind allerdings noch nicht ausreichend standardisiert.
Die Expertise von Kinder- und Jugendrheumatologen
Voraussetzung für eine frühe Therapie der Kinder mit Gelenkrheuma ist, dass diese rechtzeitig einem Kinder- und Jugendrheumatologen vorgestellt werden. Nach aktuellen Daten der Kinderkerndokumentation vergehen heute im Durchschnitt vier Monate vom Symptombeginn bis zur ersten Vorstellung beim Rheumatologen. Damit diese Zeitspanne kürzer wird, ist es wichtig, dass nicht nur Kinderärzte, sondern vor allem auch Eltern mögliche Symptome von Gelenkrheuma erkennen. Dazu gehören Schwellungen der Gelenke, vor allem des Kniegelenkes, und Bewegungsauffälligkeiten, zum Beispiel ein humpelnder Gang.
Schonhaltungen sind erste Anzeichen
Wichtig zu wissen ist, dass kleine Kinder in der Regel keine Schmerzen angeben, sondern die Schmerzen indirekt durch Schonhaltungen oder das Vermeiden von bestimmten Bewegungen zum Ausdruck bringen. Sollte der Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung bestehen, stehen mittlerweile über 180 Kinder und Jugendrheumatologen bundesweit für die Erkennung und Behandlung von Rheuma bei Kindern und Jugendlichen bereit.
Literatur:
Minden K, Horneff G, Niewerth M, et al. Time of Disease-Modifying Antirheumatic drug (DMARD) start in Juvenile Idiopathic Arthritis and the Likelihood of a Drug-Free Remission in Young Adulthood. Arthritis Care Res (Hoboken). 2019 Apr;71(4):471-481.
Listing M, Mönkemöller K, Liedmann I, et al. The majority of patients with newly diagnosed juvenile idiopathic arthritis achieve a health-related quality of life that is similar to that of healthy peers. Results of the German multicenter inception cohort (ICON). Arthritis Res Ther. 2018;20(1):106.
Guzman J, Henrey A, Loughin T, et al. ReACCh-Out Investigators. Predicting Which Children with Juvenile Idiopathic Arthritis Will Not Attain Early Remission with Conventional Treatment. Results from the ReACCh-Out Cohort. J Rheumatol. 2019 Jun;46(6):628-635.
Ravelli A, Consolaro A, Horneff G, et al. Treating juvenile idiopathic arthritis to target: recommendations of an international task force. Ann Rheum Dis. 2018 Jun;77(6):819-828.
Quelle:
Schonhaltung, Schmerz, Gelenkschwellungen – erste Anzeichen und Symptome von Rheuma bei Kindern rechtzeitig erkennen. Professor Dr. med. Kirsten Minden. Kinderrheumatologin an der Universitäts-Kinderklinik, Charité, Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ), 47. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), August 2019, Berlin.