Laut Experten droht durch die nie Richtlinie zur Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik großer Schaden für die psychosomatische Versorgung.
Am 15. Oktober verabschiedete der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Neufassung der „Personalausstattung Psychiatrie- und Psychosomatik-Richtlinie“ (PPP-RL), die am 1. Januar 2021 in Kraft trat. Krankenhäuser und Abteilungen für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie waren durch diesen Beschluss stark verunsichert. Sie befürchteten Sanktionen und sahen sich gezwungen, ihre differenzierten und zielgenauen Behandlungsangebote an die neu gesetzten personellen Mindestvorgaben anzupassen. Zum Nachteil der Patienten.
Die aktualisierte G-BA-Richtlinie zur Personalausstattung Psychiatrie- und Psychosomatik-Richtlinie“ (PPP-RL), legt geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen, kinder- und jugendpsychiatrischen und psychosomatischen Versorgung fest. Sie gibt verbindliche Mindestvorgaben für die personelle und strukturelle Ausstattung der stationären Einrichtungen vor.
Die DGPM kritisiert die methodische Basis der Festsetzung. In Ermangelung einer Grundlage für diese Richtlinie griff der G-BA zur Formulierung der neuen Mindestvorgaben auf die seit 1990 geltenden Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) zurück und hat diese modifiziert.
Diese Vorgaben fußen auf einem gravierenden Fehler, geben Experten zu Bedenken. Denn die Psych-PV galt nie für das erst 1992 in der ärztlichen Weiterbildungsordnung anerkannte Fachgebiet Psychosomatik, sondern ausschließlich für die Psychiatrie.
Da sich die beiden Fachgebiete in ihrem Behandlungsspektrum jedoch erheblich voneinander unterscheiden, könne die Personalbemessung für das Fach Psychiatrie nicht einfach auf die Psychosomatische Medizin übertragen werden. Daher habe die Psychosomatik auch einen eigenen Abschnitt im Abrechnungssystem (PEPP-System) erhalten.
Ein weiterer, wichtiger Punkt sind die 27 Jahre alten und damit veralteten Daten zur notwendigen Personalausstattung, die der G-BA als Richtwert anführt. Sie spiegeln den heutigen Bedarf keineswegs wider: Die Psychosomatische Medizin hat sich vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten besonders dynamisch entwickelt. So stieg die Bettenanzahl im Krankenhausplan von 2004 bis 2018 von 4.400 auf über 12.000.
Richtlinie anpassen
Zwar signalisieren alle Akteure im G-BA, das Problem erkannt zu haben. Noch ist jedoch kein sinnvolles Vorgehen erkennbar, wie die Richtlinie angepasst werden sollte. Experten fordern eine wissenschaftlich fundierte Erarbeitung der Vorgaben für die Psychosomatik. Dazu benötigt es Zeit, wissenschaftliche Evidenz, valide Daten und Bereitschaft in der Gesundheitspolitik. So ist es auch in der Psychiatrie mit der Psych-PV damals geschehen. Doch dieser Prozess dauert rund 20 Jahre und sei unter den derzeitigen Bedingungen kaum vorstell- und leistbar. Laut G-BA-Beschluss sollen die Einrichtungen über die vorgegebenen Behandlungsbereiche berichten. Bei Nichteinhaltung der PPP-RL-Vorgaben drohen Sanktionen.
Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM): www.dgpm.de


