Manche Patienten geben Schokolade als Migräne-Auslöser an. Doch meistens hängt der Verzehr von Schokolade mit Heißhunger-Attacken zusammen.
Migräne ist eine chronische Erkrankung mit episodischen Anfällen. Patienten mit Migräne berichten häufig, dass bestimmte Trigger ihre Kopfschmerzen auslösen können. Wobei Schokolade der häufigste Lebensmittel basierte Migräne-Auslöser ist. Zudem haben viele Studien einen Zusammenhang zwischen Schokolade und Kopfschmerzen entdeckt. Die zugrunde liegenden physiologischen Mechanismen sind jedoch unklar. Es stellt sich die Frage, ob der Verzehr von Schokolade vor den Kopfschmerzen nicht eine Folge von Heißhunger-Attacken sind, die oft mit Kopfschmerzen und Migräne einhergehen. Oder ob Schokolade tatsächlich ein echter Auslöser für Migräneattacken ist.
Eine rezente Metaanalyse zur Beziehung zwischen Schokolade und Migräne hat etwa 50 Studien zum Thema eingeschlossen. Insgesamt zeigten sich nach der Überprüfung der aktuellen Literatur keine ausreichenden Beweise dafür, dass Schokolade ein Migräne-Auslöser ist. Daher sollten Ärzte Migränepatienten keine impliziten Empfehlungen geben, um dies zu vermeiden.
Schokolade und Gesundheit
Im Grunde genommen besteht Schokolade aus Kakaopulver, Kakaobutter, Zucker und Milchpulver (bei Milchschokolade). Vor allem der Kakao hat mehrere effektive gesundheitliche Wirkungen. Das sind hauptsächlich antioxidative, kardiovaskuläre, entzündungshemmende und metabolische Wirkungen. Die meisten dieser gesundheitlichen Vorteile, die man Schokolade zuschreiben kann, hängen mit dem Konsum von dunkler Schokolade zusammen.
Warum sollte Schokolade ein Migräne-Auslöser sein?
Migränepatienten beschreiben häufig, dass bestimmte Lebensmittel mit dem Auftreten eines schweren Kopfschmerzanfalls zusammenhängen beziehungsweise die Beschwerden verstärken können. Die Schokolade ist jenes Lebensmittel, das am häufigsten als Migräne-Auslöser vermutet wird. Der klassische Ratschlag von Ärzten an Patienten mit Migräne lautet deswegen, Schokolade zu meiden.
Jedoch stellt sich die Frage: Warum soll Schokolade einen Migräne-Anfall auslösen? Eine mögliche Erklärung ist, dass Flavanole die eNOS-Aktivität stimulieren, was zu einer erhöhten NO-Erzeugung führt, die zu einer Vasodilatation führen kann. Die Rolle der Vasodilatation bei Migräne ist jedoch unklar, und neuere Erkenntnisse bezweifeln ihre Bedeutung.
Einerseits weisen zahlreiche Studien darauf hin, dass Kakao-Flavanole den NO-Spiegel erhöhen. Andererseits haben andere Studien überraschenderweise herausgefunden, dass Kakao die NO-Produktion durch Hemmung der Expression der NO-Synthase reduziert.
Ein weiterer möglicher Zusammenhang zwischen Schokolade und Migräneanfall ist Serotonin. Die Konzentrationen dieses Neurotransmitters steigen während eines Migräneanfalls an. Es wird auch vorgeschlagen, dass Kakao eine Rolle bei der Freisetzung von Serotonin spielt, das an der Krankheitsentstehung von Migräne beteiligt sein soll. Serotonin und sein Vorläufer Tryptophan wurden in Schokolade gefunden, wobei der höchste Serotoninspiegel in Schokolade mit einem Kakaogehalt von 85% gefunden wurde. Theoretisch könnte es möglich sein, dass der Schokoladenkonsum durch Erhöhen des Serotoninspiegels einen Migräneanfall auslöst. Bisherige Studien haben diese Theorie jedoch nicht bestätigt.
Im Grunde genommen vermutet man bei manchen Lebensmitteln, dass die biogenen Amine wie Histamin Kopfschmerzen begünstigen können. Diese sind neben Schokolade beispielsweise in Fleisch, Käse und Alkohol sowie Erdnüssen in größeren Mengen vorhanden.
Positive Wirkungen von Schokolade auf Migränepatienten
Unter dem Strich treten häufig gleichzeitig mit Migräne auch Depressionen und andere Stimmungskrankheiten auf, die den Verlauf verschlechtern können. Schokolade hat bekanntermaßen stimmungsfördernde Eigenschaften, hauptsächlich aufgrund ihrer orosensorischen Eigenschaften, psychoaktiven Inhaltsstoffe und der Aktivierung neuronaler Belohnungswege. Der Konsum von Schokolade kann mit einer Verbesserung des Stimmungszustands, der Abschwächung negativer Stimmungen oder einer verringerten Wahrscheinlichkeit klinisch relevanter depressiver Symptome verbunden sein.
Ein weiterer Mechanismus, durch den Schokolade die Migräne positiv beeinflussen könnte, ist der Einfluss auf die mikrobielle Population des menschlichen Darms. Martami et al. zeigten, dass eine probiotische Mischung eine wirksame und vorteilhafte Ergänzung zur Behandlung von Migränekopfschmerzen sowohl bei chronischen als auch bei episodischen Migränepatienten sein könnte. Da Kakaopolyphenole die mikrobielle Population des menschlichen Darms modulieren können, können sie die Behandlung von Migräne positiv beeinflussen.
All diese Beweise zeigen, dass Schokolade nicht nur als Migräne-Auslöser, sondern auch als Schutzfaktor wirken kann und möglicherweise die Wahrscheinlichkeit eines Anfalls über einen bestimmten Zeitraum verringert.
Fazit
Wie eingangs bereits angemerkt, gibt es keine aussagekräftigen, wissenschaftlichen Beweise, dass der Verzehr von Schokolade für Migränepatienten schlecht sei. Wenngleich eben ein gewisser Prozentsatz der Migränepatienten Schokolade als Migräne-Auslöser angibt.
Hierzu ist es jedoch schwierig, zwischen Migräne-Auslösern und vorzeitigen Symptomen zu unterscheiden, da der Verzehr von Schokolade vor Migräneanfällen auf Heißhunger-Attacken zurückzuführen sein könnte.
Es gibt viele mögliche Mechanismen, durch die Schokolade eine Migräne beeinflussen könnte. Jedoch sind die meisten davon eher vorteilhaft. Obwohl ein Zusammenhang zwischen Schokolade und Migräne besteht, sollte eine größere Studie auf der Grundlage elektronischer Tagebücher durchgeführt werden, um den Zusammenhang neu zu bewerten. Basierend auf die Überprüfung der aktuellen Literatur gibt es jedenfalls derzeit keine ausreichenden Beweise dafür, dass Schokolade ein Migräneauslöser ist.
Ärzten sei daher geraten, dass sie ihren Migräne-Patienten keine Empfehlungen geben, auf den Konsum von Schokolade zu verzichten.
Literatur:
Nowaczewska M, Wiciński M, Kaźmierczak W, Kaźmierczak H. To Eat or Not to Eat: A Review of the Relationship between Chocolate and Migraines. Nutrients. 2020;12(3):608. Published 2020 Feb 26. doi:10.3390/nu12030608