Mittwoch, April 17, 2024

Mangel an Bewegung im Corona-Lockdown kann Kniearthrose begünstigen

Schwache Muskeln und Übergewicht schaden den Gelenken, deswegen ist in der Corona-Pandemie Training, Bewegung und Gewichtskontrolle sehr wichtig.

Es ist bekannt, dass langjährige starke körperliche Beanspruchung – wie etwa bei Profifußballspielern – zu vermehrter Arthrose von Kniegelenken führen kann. Was viele nicht wissen: Auch zu wenig Sport und Bewegung können vorzeitigen Gelenkverschleiß begünstigen. Denn Studien zeigen, dass eine schwache Muskulatur rund um das Knie kann Gelenkbelastungen wie Treppensteigen weniger gut abfangen und dämpfen. Deswegen kann eine Mangel an Bewegung vor allem auch in den Lockdowns der Corona-Pandemie eine Kniearthrose begünstigen.

 

Gewichtskontrolle und tägliche moderate Bewegung in der Corona-Pandemie

Durch die ungeschützt einwirkenden Kräfte wird der Gelenkknorpel überbeansprucht und beginnt dadurch im wahrsten Sinne des Wortes „Schritt für Schritt“ zu verschleißen. Durch einen untrainierten Muskelapparat erhöht sich zudem die Sturzgefahr. Brüche können den Knorpel weiter schädigen. Darauf weist die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e.V. angesichts des fortdauernden Corona-Lockdowns und des Mangels an Bewegung in der Pandemie hin. Die Experten raten deshalb zur Prävention in der Corona-Pandemie, die Gewichtskontrolle und tägliche moderate Bewegung des ganzen Körpers beinhaltet. Und zwar gehört dazu die gezielte Kräftigung und Dehnung der Gelenkmuskulatur sowie Schulung der Balance.

Homeoffice, geschlossene Fitnessstudios, Stress – Viele bewegen sich seit dem Corona-Pandemiebeginn weniger und verbringen ihren Alltag überwiegend im Sitzen. Hinzu kommt bei vielen eine Gewichtszunahme: Laut einer im Dezember 2020 veröffentlichten Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) haben die Deutschen zwischen April 2019 und September 2020 durchschnittlich je ein Kilo zugelegt.

„Muskulatur baut sich ab, wenn sie nicht laufend trainiert wird“, sagt Professor Dr. med. Karl-Dieter Heller, AE-Präsident und Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig. Diese Erkenntnis belegt unter anderem eine dänische Studie. So hatte sich bei 32 männlichen Probanden schon nach zwei Wochen vollkommener Inaktivität bereits bis zu einem Drittel der Muskelmasse zurückgebildet.

 

Kniegelenk stabilisieren

Dabei braucht es kräftige Muskeln, um das größte und komplizierteste Gelenk in unserem Körper, das Knie, zu schützen. Denn die das Kniegelenk stabilisierende Muskulatur fängt große Gewichtseinwirkungen ab. Diese entstehen auch schon bei alltäglicher Belastung: „Beim Treppenabsteigen etwa wird das Kniegelenk mit dem Vielfachen des Körpergewichts belastet“, erläutert Heller. Außerdem hält und stabilisiert die Muskulatur das Gelenk und sorgt für saubere Bewegungsabläufe. Schädliche Fehl- und Überbelastungen werden so abgemildert und manche Stürze vermieden. Bewegung wiederum ist für die Ernährung des Knorpels wesentlich.

„Die eingeschränkte muskuläre Kontrolle des Kniegelenkes gilt als vergleichbarer Risikofaktor für Arthrose wie ein durch eine Verletzung instabil gewordenes Gelenk – etwa als Folge von einem Riss des Kapsel-Band-Apparats oder einem Meniskusschaden“, so Heller.

„Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass bei Patienten mit Arthrose des Kniegelenks der große vierköpfige Oberschenkelmuskel, der sogenannte Quadrizeps, geschwächt ist“, sagt Professor Dr. med. Carsten Perka, Generalsekretär der AE. „Tatsächlich steht der muskuläre Abbau des Quadrizeps oft am Beginn einer Arthrose – und ist nicht, wie zu vermuten wäre, seine Folge.“

 

Inaktivität begünstigt Arthrose

Wenn zur Muskelschwäche noch Übergewicht dazu kommt, verstärken sich die schädlichen Effekte. „Inaktivität kann deshalb Arthrose begünstigen“, fasst Perka zusammen, der der Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin ist. Bereits bestehende Risikofaktoren wie starke X- und O-Beine oder vorangegangene Verletzungen des Kniegelenks verstärken diese Vorgänge noch“, so der Orthopäde und Unfallchirurg.

„Es existiert bislang kein therapeutisches Verfahren, das Kniegelenkarthrose dauerhaft aufhalten oder gar umkehren kann“, sagt Perka. Wenn sie stark fortgeschritten ist, kann am Ende der Behandlungskette der operative Einsatz eines Ersatzgelenks stehen. Die AE rät deshalb zu Prävention mit täglichem moderaten Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining. Für jedermann.


Literatur:

Vigelsø A, Gram M, Wiuff C, Andersen JL, Helge JW, Dela F. Six weeks‘ aerobic retraining after two weeks‘ immobilization restores leg lean mass and aerobic capacity but does not fully rehabilitate leg strength in young and older men. J Rehabil Med. 2015 Jun;47(6):552-60. doi: 10.2340/16501977-1961. PMID: 25898161.


Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik: www.ae-germany.com

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