Samstag, März 30, 2024

Kinasehemmer bei rheumatoider Arthritis

Kinasehemmer sind die neuen Hoffnungsträger in der Rheumatologie – insbesondere für Rheumapatienten, bei denen auch Biologika keine Wirkung zeigen.

Viele Rheuma-Medikamente wirken nur temporär oder schlagen beim Patienten gar nicht erst an. Die in der Europäischen Union neu zugelassenen Kinasehemmer versprechen hier neue Hoffnung. Die Wirkung dieser neuen Medikamentengruppe besteht in der Hemmung spezieller Enzyme, der Janus-Kinasen 1 und 3, deren Überaktivierung dazu führt, dass Zellen ein abweichendes immunologisches Verhalten zeigen und dadurch Erkrankungen wie die rheumatische Arthritis entstehen. Mit Kinasehemmer gelingt es, Entzündungsprozesse, die die Arthritis hervorrufen, auf zellulärer Ebene zu unterbinden.

 

Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis ist neben der Schuppenflechte-Arthritis die häufigste chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung des Menschen. Sie betrifft bis zu 1 Prozent der Bevölkerung und führt unbehandelt zu einer Entzündung der Gelenke, die die Gelenkstrukturen tumorähnlich zerstören kann. Dieser aggressive chronisch entzündliche Prozess führt ohne Therapie zur Schwerbehinderung, zu Berufsunfähigkeit und Frühberentung.

Fortschritte in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis gab es erstmals in den 50er-Jahren durch die Einführung des Cortisons. Der nächste große Durchbruch war das Methotrexat, dessen Wertigkeit in der Behandlung dieser chronischen Entzündung in den 80er-Jahren entdeckt wurde. Methotrexat ist das meistverschriebene Basistherapeutikum. Ziel dieser Basistherapie ist es, die benötigte Kortisonmenge zu reduzieren und die chronische Entzündung so gut zu blockieren, dass der Patient bei normaler Belastbarkeit in Alltag und Freizeit und normaler Lebenserwartung keinerlei Entzündungszeichen mehr aufweist. Trotz dieser Fortschritte kam es weiterhin nach einer 5-jährigen Krankheitsdauer der rheumatoiden Arthritis bei etwa der Hälfte der Patienten zur Berufsunfähigkeit. Dies machte klar, dass innovative Therapiestrategien zur Beeinflussung der rheumatoiden Arthritis notwendig waren.

 

Kinasehemmer – Signaltransduktionsinhibitoren der sogenannten Janus-Kinasen

Basierend auf Forschungsergebnissen zur Entstehung dieser chronischen Entzündung konnten zu Beginn der 90er-Jahre monoklonale Antikörper in die Therapie der rheumatoiden Arthritis und später auch anderer chronisch entzündlich-rheumatischer Erkrankungen eingeführt werden. Diese monoklonalen Antikörper hatten den Vorteil, dass sie ganz punktuell bestimmte entzündungsvermittelnde Hormone (Zytokine) oder Zellen (T- Lymphozyten, B-Lymphozyten) entweder zerstörten oder blockierten und damit die schädigende entzündliche Kaskade entscheidend hemmten. Mit dieser Therapie (meist in Kombination mit Kortison und Methotrexat) gelang es schließlich, auch den Patienten ohne Ansprechen der bisherigen Therapie entscheidend zu helfen. Allerdings sprechen auch hier einige Patienten nicht an, bei anderen Patienten verliert sich die Wirkung der Biologika über die Zeit, sodass klar war, dass neue Therapieformen eingeführt werden mussten. Alle diese verwendeten therapeutischen Antikörper sind Eiweißmoleküle, die parenteral, d. h. als Infusion oder als subkutane Spritze, gegeben werden müssen, da sie sonst der Magensaft wie jedes andere Eiweiß zerstören und verdauen würde.

Die Erkenntnis, dass das Entzündungssignal eines Zytokins nach Bindung an seinen Rezeptor in der Zellmembran oft redundante intrazelluläre Signale wie Kinasen stimuliert und damit die Genaktivierung im Zellkern bedingt, führte zu der logischen Hypothese, dass eine Hemmung dieser entzündungsvermittelnden Kinasen vielleicht die Entzündungskaskade breiter und entscheidender beeinflussen kann, da gleichzeitig mehrere Zytokineffekte blockiert werden könnten. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen gelang es schließlich, Signaltransduktionsinhibitoren der sogenannten Janus-Kinasen (JAK-Kinasen) zu entwickeln und in die Therapie einzuführen. Kürzlich wurden in der EU die Kinasehemmer Tofacitinib (Xeljanz) und Baricitinib (Olumiant) zur Therapie der rheumatoiden Arthritis zugelassen. Die Wirkung besteht in der Hemmung der Janus-Kinasen 1 und 3 und somit einer Reihe von Zytokinsignalkaskaden. Klinische Studien belegen, dass diese Kinasehemmer recht gut vertragen werden. Einzig eine Infektion mit Herpes Zoster (Gürtelrose) tritt in geringem Maße häufiger auf.

 

Sicherheit der Kinasehemmer

Die Verträglichkeit ist in der Regel sehr gut und die Wirkung selbst bei den Patienten nach einer der oben skizzierten Biologika-Therapien vielversprechend: Somit besteht Hoffnung, dass auch bei bisher nicht gut zu therapierenden Patienten eine neue Klasse von Medikamenten entdeckt und in die Klinik eingeführt wurde, die bei diesen Patienten die bisher nicht therapierbare chronische Entzündung bessern können. Für das Tofacitinib existieren bereits große Datenbanken aus den USA, der Schweiz und Russland, wo das Medikament bereits länger zugelassen ist, die ein recht gutes Sicherheitsprofil andeuten. Ein möglicher Vorteil dieser Medikamente ist die chemische Struktur, sodass beide Medikamente als Tabletten eingenommen werden können.

Der Stellenwert dieser neuen Therapieformen ist angesichts der Neuigkeit dieser Medikamente noch nicht abzuschätzen, insbesondere ob diese Medikamente bei Nichtansprechen der konventionellen Basistherapeutika wie Methotrexat noch vor den Biologika eingesetzt werden sollten. Wenige direkte Vergleichsstudien mit Biologika versprechen eine zumindest gleichwertige Wirkstärke. Weitere ähnlich strukturierte Kinasehemmer sind in Entwicklung.


Quelle:

Universitätsklinikum Heidelberg: www.klinikum.uni-heidelberg.de

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