Sonntag, April 2, 2023

Kardiale Kachexie bei Herzinsuffizienz

Etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz entwickeln eine kardiale Kachexie mit starkem Gewichtsverlust.

Die kardiale Kachexie ist eine Komorbidität der Herzinsuffizienz. Sie betrifft etwa 10–39 % der Patienten mit Herzinsuffizienz und tritt typischerweise in fortgeschrittenen Stadien der Herzinsuffizienz auf. Eine kardiale Kachexie liegt definitionsgemäß dann vor, wenn Patienten mit Herzinsuffizienz, die nicht an stauungsbedingten Ödemen leiden, ungewollt mindestens 6 Prozent vom Gewicht verlieren. Diese komplizierte, exakte Diagnose der Kachexie mit ungewollten Gewichtsverlust durch Abbau von Muskelmasse ist vom gewollten Gewichtsverlust durch erfolgreiche Diurese abzugrenzen, da Gewichtsverlust auch Zeichen einer erfolgreichen Herzinsuffizienztherapie sein kann.



Bei starkem Gewichtsverlust entwickelt sich nicht nur die Muskulatur des Bewegungsapparates zurück, sondern auch die des Herzens. Die Mortalität von Herzinsuffizienz-Patienten mit Kachexie ist nach zwei Jahren doppelt so hoch ist wie bei gut ernährten Patienten. Während grundsätzlich adipöse Patienten gegenüber der normalgewichtigen Bevölkerung eine höhere Mortalität haben, ist dies bei Herzinsuffizienz-Patienten umgekehrt. Mit steigendem Body-Mass-Index nimmt bei ihnen die Sterblichkeit ab. 

 

Was kardiale Kachexie verursachen kann

Ursache einer kardialen Kachexie ist das Ungleichgewicht zwischen anabolen und katabolen Faktoren zugunsten einer katabolen Stoffwechsellage. Eine Kachexie liegt dann vor, wenn es bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz – im Vergleich zum Normalgewicht vor Auftreten der Erkrankung – zu einem Gewichtsverlust (in Abwesenheit von stauungsbedingten Ödemen) von über sechs Prozent kommt. Das absolute Gewicht ist dabei in Relation zur prozentuellen Gewichtsabnahme weniger entscheidend.

Es kommt zum Verlust von Fett-, Muskel-, und Knochenmasse, während Malabsorption, Anorexie, renale und gastrointestinale Verluste von Nährstoffen oder körperliche Inaktivität für diese Entwicklung sekundär sind. Verantwortlich für den Katabolismus sind vielmehr das im Übermaß aktivierte neurohumorale System und generalisierte Entzündungsprozesse. Hierbei führen TNF-α und diverse andere Zytokine zur körperlichen Auszehrung. Außerdem kommt es zu einer Resistenz gegenüber Steroid- und Wachstumshormonen.

Zu einer Kachexie kommt es in etwa bei 10 bis 15 Prozent der Patienten mit chronischer Herz­insuffizienz. Die Letalität in dieser Gruppe ist etwa zwei- bis dreimal höher als bei CHI-Patienten ohne Gewichtsverlust. Eine präventive Wirkung wird der neurohumoralen Blockade durch ACE-Hemmer und Beta-Blocker zugeschrieben, eine ­präventive Ernährungstherapie scheint laut verfügbaren Studien keinen relevanten Effekt hervorzubringen.



 


Literatur:

Valentova M, Anker SD, von Haehling S. Cardiac Cachexia Revisited: The Role of Wasting in Heart Failure. Heart Fail Clin. 2020 Jan;16(1):61-69. doi: 10.1016/j.hfc.2019.08.006. PMID: 31735316.


Quelle: Kardiale Kachexie. Univ.-Doz. Dr. Gerhard Pölzl. MEDMIX 1-2/2008

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