Donnerstag, März 28, 2024

Isomaltulose versus Haushaltszucker

Der natürliche Zweifachzucker Isomaltulose ist für Menschen mit Typ-2-Diabetes hinsichtlich der Regulation des Blutzuckerspiegels besser geeignet als Haushaltszucker.

Isomaltulose ist für Menschen mit Typ-2-Diabetes besser geeignet als Haushaltszucker. Der natürliche Zweifachzucker Isomaltulose (PalatinoseTM) besteht wie Haushaltszucker aus Trauben- und Fruchtzucker, ist aber hinsichtlich der Regulation des Blutzuckerspiegels für Menschen mit Typ-2-Diabetes anscheinend besser geeignet. Dies bestätigt auch eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE). Wie diese Untersuchung an Menschen mit Typ-2-Diabetes zeigt, ist der günstige Stoffwechseleffekt der Isomaltulose auf eine veränderte Freisetzung der Darmhormone GLP-1 und GIP* zurückzuführen.

Nach dem Verzehr von Isomaltulose steigt der Blutzuckerspiegel weniger stark an als nach dem Verzehr von Haushaltszucker, obwohl beide Zuckerarten aus denselben Einfachzuckern aufgebaut sind und im Dünndarm komplett verdaut und aufgenommen werden. Dies ist durch verschiedene Untersuchungen belegt. Welche Stoffwechselmechanismen dieser Beobachtung zu Grunde liegen, ist jedoch noch wenig erforscht. Daher untersuchten die DIfE-Wissenschaftler die Stoffwechselwirkung von 50 g Isomaltulose bzw. 50 g Haushaltszucker im Rahmen einer Crossover-Studie an 10 Erwachsenen, die von Typ-2-Diabetes betroffen sind.

 

Vergleich von Isomaltulose und Haushaltszucker

So ließ Isomaltulose im Vergleich zum Haushaltszucker die Blutzuckerwerte der Probanden durchschnittlich um 20 Prozent weniger ansteigen. Die freigesetzten Insulinmengen verringerten sich sogar um 55 Prozent. Ebenso stiegen die GIP-Spiegel im Blut nur sehr wenig an und erreichten erst nach 60 Minuten einen Maximalwert. Nach Aufnahme des Haushaltszuckers erhöhten sich dagegen die GIP-Spiegel bereits nach 15 Minuten um mehr als das Doppelte und fielen dafür aber auch schon nach etwa 60 Minuten sehr stark ab. Auch hinsichtlich der GLP-1-Freisetzung beobachteten die Wissenschaftler Unterschiede in der Wirkung der beiden Zucker. Nach dem Verzehr der Isomaltulose stieg der GLP-1-Spiegel bei den Probanden stärker und länger anhaltend an als nach der Aufnahme des gebräuchlichen Zuckers. Hinsichtlich der Glucagonfreisetzung stellten die Wissenschaftler keine signifikanten Unterschiede fest.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die unterschiedlichen Stoffwechseleffekte der beiden Zweifachzucker, die aus je einem Molekül Trauben- und Fruchtzucker zusammengesetzt sind, auf die chemisch unterschiedliche Bindung zwischen den beiden Einfachzuckern zurückzuführen ist. Während die Verdauungsenzyme Haushaltszucker recht rasch in Trauben- und Fruchtzucker spalten, dauert dieser Vorgang bei Isomaltulose länger. Hierdurch passiert ein großer Teil der Isomaltulose ungespalten die oberen Abschnitte des Dünndarms, in dem sich die GIP-produzierenden K-Zellen befinden, und kann so die GIP-Freisetzung nicht wesentlich stimulieren.

Die GLP-1-produzierenden L-Zellen befinden sich dagegen in den unteren Darmabschnitten und setzen aufgrund der erst jetzt vermehrt vorliegenden Einfachzucker verstärkt das Darmhormon frei. Wie frühere Studien der Wissenschaftler zudem zeigen, kann GIP ungünstig auf den Stoffwechsel wirken und eine Fettleber sowie entzündliche Prozesse im Fettgewebe auslösen. Dies lässt annehmen, dass die ungünstigen Effekte von Haushaltszucker vor allem durch die Hormonantwort, das heißt, die vermehrte GIP-Freisetzung bedingt sind.

 

Isomaltulose ohne starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Isomaltulose im Darm die GIP-Freisetzung verringert, die GLP-1-Ausschüttung erhöht, aber gleichzeitig ein gewisses Maß der Insulinfreisetzung erhält, wodurch starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels ausbleiben. „Dies ist besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes vorteilhaft, da bei ihnen die Blutzuckerspiegel leicht entgleisen. Hinsichtlich der Regulation des Zuckerstoffwechsels ist Isomaltulose also deutlich besser geeignet als der gebräuchliche Haushaltszucker“, sagt Endokrinologe Pfeiffer, der am DIfE die Abteilung Klinische Ernährung leitet.

„Dennoch sollte man wissen, dass sie genauso viele Kalorien liefert wie andere Zuckerarten auch. Zudem schmeckt sie weniger süß, so dass man leicht verführt ist, mehr zu essen als vom Haushaltszucker. Wenn man die aufgenommene Energie nicht verbraucht, zum Beispiel durch ausreichend Bewegung, macht sie sich schnell in Form überflüssiger Pfunde bemerkbar“, gibt der Mediziner zu bedenken. Übergewicht mache empfänglicher für Herz-Kreislauf- und bestimmte Krebserkrankungen und fördere nicht zuletzt das Typ-2-Diabetes-Risiko. Dies sei durch zahlreiche Studien belegt, so Pfeiffer weiter. Daher gelte auch für Isomaltulose: Die Dosis macht das Gift.

Hintergrundinformationen

*GLP-1 und GIP:
Glucagon-like peptide-1 (GLP-1): Im Darm setzen sogenannte L-Zellen GLP-1 frei, nachdem sie durch Kohlenhydrate (z. B. Zucker), Eiweiße oder Fette stimuliert wurden. Das Peptidhormon hat eine Halbwertszeit von weniger als zwei Minuten, stimuliert die Insulinfreisetzung und hemmt gleichzeitig die Ausschüttung des hormonellen Insulingegenspielers Glucagon. Beides führt dazu, dass der Blutzuckerspiegel sinkt. Zudem weisen Untersuchungen darauf hin, dass es die Insulinempfindlichkeit der Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse wiederherstellt und gleichzeitig ihrem Absterben entgegenwirkt. Darüber hinaus verzögert es die Aufnahme von Kohlenhydraten aus dem Darm und wirkt sättigend (Quelle: Wikipedia).

Gastric inhibitory polypeptide (GIP): Nach der Nahrungsaufnahme setzen sogenannte K-Zellen im Dünndarm GIP frei. Heute gilt als belegt, dass es hauptsächlich die Insulinausschüttung durch die Beta-Zellen stimuliert.

Hemmt man bei einer fettreichen Diät die Wirkung von GIP, wirkt dies einer entstehenden Fettsucht und Insulinresistenz entgegen. Zudem vermuten Wissenschaftler, dass GIP bei nachlassender Insulinwirkung eine entscheidende Rolle für den Wechsel von Fettoxidation zu Fettspeicherung spielt. So könnte es für die Sekundärprävention der Insulinresistenz eine wichtige Rolle spielen (Quelle: Wikipedia).

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Mehr unter www.dife.de. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Weitere Informationen zum DZD finden Sie unter http://www.dzd-ev.de.

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 88 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,6 Milliarden Euro. Mehr unterhttp://www.leibniz-gemeinschaft.de.

Das Wissenschaftlerteam um Farnaz Keyhani-Nejad und Andreas F. H. Pfeiffer vom DIfE publizierte seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Diabetes Care (Keyhani-Nejad et al. 2016; 39:e1-e2; DOI: 10.2337/dc15-1891). http://care.diabetesjournals.org/content/early/2015/12/17/dc15-1891.extract

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