Samstag, April 20, 2024

Impfen und Multiple Sklerose stehen nicht im Zusammenhang

Eine aktuelle Datenanalyse zeigt, Impfen und Multiple Sklerose nicht zusammenhängen. Dementsprechend sind Impfungen auch kein Risikofaktor für MS.

Eine rezente Big Data Auswertung zeigt keinen Zusammenhang von Impfen und Multiple Sklerose (MS). Dabei analysierten die Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) die Daten von über 12.000 Patienten mit Multipler Sklerose (MS). Dabei wollten sie das Verhalten der Bevölkerung im Zusammenhang mit Impfen und Multiple Sklerose untersuchen.

 

Geringere Impfraten bei MS-Erkrankten

Die Studie zeigte auch, dass sich MS-Erkrankte fünf Jahre vor der Diagnose statistisch sogar seltener impfen ließen als Vergleichsgruppen. Ein Zusammenhang zwischen Impfen und Multiple Sklerose scheint somit noch unwahrscheinlich.

Jedenfalls geht die Forschung heute davon aus, dass bei Multiple Sklerose das Immunsystem das Gehirn und Rückenmark angreift. Die neurologische Autoimmunerkrankung tritt weiter vermehrt bei jungen Menschen bis zum 40. Lebensjahr auf.

Als Risikofaktoren werden schon länger auch Impfungen diskutiert. Jedoch zeigte sich, dass Personen fünf Jahre vor einer MS-Diagnose weniger Impfungen bekommen hatten. Und zwar verglichen mit Patienten, die keine MS entwickelten. Dies galt für die untersuchten Impfungen gegen Pneumokokken, Meningokokken, Mumps, Masern, Röteln sowie Windpocken. Weiter gegen das Humane Papilloma Virus (HPV), Hepatitis A und B, FSME und Grippe. Bei den drei letztgenannten Impfungen fiel der Effekt besonders deutlich aus. Denn hier ließ sich die Kontrollgruppe ohne MS deutlich häufiger impfen als die späteren MS-Patienten.

„Die Ursachen kennen wir noch nicht. Vielleicht nehmen Menschen lange vor ihrer Diagnose die Krankheit wahr und verzichten deshalb auf zusätzliche Belastungen für das Immunsystem. Solche Effekte zeigen sich auch in unseren Daten. Oder die Impfung hat einen protektiven Effekt und hält das Immunsystem von Attacken gegen das Nervensystem ab. Letztlich können wir aufgrund der großen Datenmenge klar sagen, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass sich die Wahrscheinlichkeit für eine MS-Erkrankung oder das Auftreten eines ersten MS-Schubs durch Impfungen unmittelbar erhöht“; erklärt Alexander Hapfelmeier, Erstautor der Studie.

 

Kein Effekt bei Morbus Crohn und Schuppenflechte

Um ähnliche Ergebnisse bei anderen chronischen Krankheiten ausschließen zu können, erweiterten die Forscher die Analyse. Dazu fokussierten sie die Daten von zwei weiteren Patientengruppen. Und zwar von Menschen mit der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn und mit der chronischen Hautkrankheit Schuppenflechte. Dabei zeigte sich, dass sich diese Patienten sich aber ähnlich oft impfen ließen wie die gesunde Kontrollgruppe.

Literatur:

Alexander Hapfelmeier, Christiane Gasperi, Ewan Donnachie and Bernhard Hemmer. A large case-control study on vaccination as risk factor of multiple sclerosis. Neurology, July 30, 2019, DOI:10.1212/WNL.0000000000008012.


Quelle: Neurologischen Klinik und Poliklinik; Technische Universität München, Klinikum rechts der Isar

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