Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener guter Ernährung sowie ausreichend körperliche Aktivität gilt als wichtigste Maßnahme zur Prävention vieler Erkrankungen.
Im Grunde genommen stehen sehr viele Erkrankungen letztendlich in Zusammenhang mit der Ernährung und dem Lebensstil. Nach unserem heutigen Wissensstand etwa 70 Prozent aller in den westlichen Industriestaaten behandelten Erkrankungen. Vor dem Hintergrund der Entwicklung unserer Bevölkerung zeigt sich, weshalb diese Entwicklung nicht nur medizinisch sowie gesundheitsökonomisch relevant ist. In Anbetracht der jetzt schon leeren Kassen kann das zu gravierenden Änderungen für jeden Einzelnen von uns sowie für die Gesellschaft insgesamt führen wird. Die Folgen unserer dramatisch veränderten Ernährungs- und Lebensgewohnheiten sind also schon lange nicht mehr rein medizinscher Natur. Sondern sie haben auch gravierende ökonomische und soziale Konsequenzen. Unter dem Strich könnte jedenfalls ein gesunder Lebensstil mit vernünftiger Ernährung sowie viel Bewegung und Sport dieser Entwicklung entgegenwirken.
Adipositas, Diabetes, Herz- und Krebserkrankungen
Jedenfalls ist in den westlichen Industriestaaten das dramatisch zunehmende Auftreten von Adipositas mit all ihren belegten Folgeerkrankungen eine zentrale Herausforderung. Und zwar mittlerweile allgemein bekannt sowohl unsere Gesundheitssystem, als auch für das Sozialsystem. Laut WHO ist Adipositas sogar weltweit das am schnellsten wachsende Gesundheitsrisiko.
In der Liste der primär Lebensstil bedingten Volkserkrankungen führen einerseits – wie seit Langem jedem bekannt – der Diabetes mellitus Typ 2. Andererseits die komplexen Folgen des metabolischen Syndroms wie KHK und Apoplex. Allerdings tauchen dann bereits die Karzinome auf, die mit Gewicht in Zusammenhang stehen. Und zwar wie Dickdarm-, Prostata- und Brustkrebs.
Unter dem Strich ist der Dickdarmkrebs eine typische Wohlstandserkrankung. Den im Grunde genommen könnte man gut 70 Prozent aller auftretenden Karzinome des Dickdarms vermeiden. Und zwar durch eine ausgewogene gesunde Ernährung und einen aktiven körperlichen Lebensstil. Dementsprechend die heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Auch in der Tertiärprävention vieler Krebserkrankungen spielt der Lebensstil eine wesentliche Rolle: Dies gilt insbesondere für ausreichende regelmäßige körperliche Aktivität, von der große Beobachtungsstudien überzeugend zeigen konnten, dass zum Beispiel das Wiederauftreten von Dickdarmkrebs und Brustkrebs sehr deutlich reduziert werden kann. Damit wäre in diesen Fällen körperliche Aktivität und Sport nach unseren heutigen Erkenntnissen so wichtig wie ein Krebsmedikament.
Gesunder Lebensstil: Herausforderung Ernährung
Zu einem gesunden Lebensstil gehören jedenfalls eine ausgewogene, gesunde Ernährung sowie ausreichende körperliche Aktivität. Die Nationale Verzehrstudie in Deutschland belegt, dass bereits jetzt fast 70 Prozent der deutschen Männer übergewichtig sind. Hierzu gehen weiter aktuelle Hochrechnungen der WHO davon aus, dass 2040 mehr als 50 Prozent aller Bundesbürger adipös sein werden. Das heißt fettsüchtig. Laut Statistischem Bundesamt (2010) liegt die durchschnittliche tägliche Gehstrecke des Deutschen nur noch bei 400 Meter pro Tag.
Und was geschieht hierzu? Unser Gesundheitssystem hat jedenfalls bis heute Adipositas nicht als eigenständige, relevante Erkrankung anerkannt. Deswegen sind auch nachhaltige konservativeKonzepte zur Behandlung immer noch nicht etabliert. Schließlich hat man mit der Prävention eigentlich noch nicht einmal richtig angefangen.
Die hierzu skizzierten und seit Jahren wissenschaftlich gut belegten Entwicklungen zum Lebensstil lassen eines sehr plausibel erscheinen. Dass gesunde Ernährung die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist. So sehen das große internationale Institute und Organisationen wie die WHO unmissverständlich.
Im Grunde genommen ist dieses Phänomen jedenfalls nach den heutigen Erkenntnissen global gültig. Somit kein spezielles Problem der industrialisierten Staaten mehr. Zudem belegen die vorliegenden Daten auch, dass Ernährung schon lange kein medizinisches oder gesundheitspolitisches Problem mehr ist. Den es bestehen auch gravierende ökonomische und soziologische Implikationen. Übrigens verlässt sich die Lebensmittelpolitik zu Ernährung als Prävention sowie Behandlung hierzu auf Mikrosimulationsmodelle (MSMs). Damit bewertet man die jeweilige Wirksamkeit.
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Quelle:
Statement » Ernährung als Prävention – was kann ein gesunder Lebensstil leisten? «. Prof. Dr. Christian Löser, Chefarzt der Medizinischen Klinik, Rotes Kreuz Krankenhaus Kassel. MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2016, Düsseldorf.